Süddeutsche Zeitung

Debatte:Kretzschmar wehrt sich

Der frühere Handballprofi hat sich nun gegen die Kritik an seinen umstrittenen Äußerungen zum Thema Meinungsfreiheit bei Profisportlern gewehrt.

Der frühere Handballprofi Stefan Kretzschmar, 45, hat sich gegen die Kritik an seinen umstrittenen Äußerungen zum Thema Meinungsfreiheit bei Profisportlern gewehrt. "Wenn man meine Biografie kennt, ist die Instrumentalisierung meines Interviews von politischen Gruppierungen, die meiner eigenen politischen Einstellung nicht ferner liegen könnten, schon grotesk. Aber wenn irgendein Sportler oder eine Person des öffentlichen Lebens noch einen Beweis für meine These gebraucht hat - damit hat er ihn bekommen", sagte Kretzschmar der Bild-Zeitung.

Der Ex-Nationalspieler hatte mit Äußerungen in einem Interview bei t-online.de irritiert. "Welcher Sportler äußert sich denn heute noch politisch? Es sei denn, es ist die Mainstream-Meinung, mit der man nichts falsch machen kann. Eine gesellschafts- oder regierungskritische Meinung darf man in diesem Land nicht mehr haben", hatte Kretzschmar gesagt. Daraufhin hatte etwa die AfD Heidelberg seine Äußerungen via Twitter weiterverbreitet. Kretzschmar erntete im Internet Schmähkritik, Kritik gab es aus der Politik. Kretzschmar sieht seine Aussagen aus dem Kontext gerissen. "Mir wurde im Interview die Frage gestellt: Warum gibt es keine Typen mehr, keine Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten? Daraufhin habe ich geantwortet, dass ich jeden Menschen, der in der Öffentlichkeit steht, verstehen kann, wenn er sich heutzutage nicht mehr kritisch äußert und demzufolge auch nicht mehr aneckt." Menschen, die sich in ökonomischen Abhängigkeiten (Arbeits- und Sponsorenverträge) befänden, hätten eine eingeschränkte Meinungsfreiheit.

Kretzschmar moniert im Zeitalter der sozialen Medien "eine zunehmende Verrohung". Jeder strebe inzwischen an, der perfekte Mensch zu sein. "Aber wie ist der perfekte Mensch? Aalglatt! Menschen machen Fehler. Nicht alle Menschen haben Germanistik studiert, und deshalb drücken sich nicht alle immer perfekt aus." Weiter sagte er: "Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich mehr zutrauen, ihre Meinung häufiger zu sagen. Das macht Demokratie aus und belebt unsere Gesellschaft", betonte Kretzschmar, der in diesen Tagen als Botschafter bei der Handball-WM im Einsatz ist. "Und ich würde mir wünschen, dass dann nicht gleich wieder hundert Schlaumeier mit der Keule kommen, draufhauen und sofort wieder Meinungen per se verurteilen."

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SZ vom 15.01.2019 / dpa
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