Debatte beim DFB nach Dutt-Abschied:Suche nach der runden Sache

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Der DFB ist über Robin Dutts Abschied verärgert, eine Debatte entbrennt: Braucht der Verband noch einen Sportdirektor der jetzigen Form? Nach den Erfahrungen mit Dutt und Sammer soll das Anforderungsprofil verändert werden - es geht vor allem um einen passenden Partner an Joachim Löws Seite.

Von Johannes Aumüller

Die Telefonkonferenz, zu der sich die Präsidiumsmitglieder des Deutschen Fußball-Bundes am Montagmittag zusammenschalteten, hatte nur noch formalen Charakter. Ende der vergangenen Woche hatte ihr Sportdirektor Robin Dutt um die Freigabe aus seinem bis 2016 laufenden Vertrag gebeten, um bald das Traineramt bei Werder Bremen zu übernehmen.

Und trotz manch mürrischer und verärgerter Worte von DFB-Verantwortlichen zu dieser etwas unerwartet erfolgten Bitte war die Beschlusslage eindeutig. Das Gremium habe zur Freigabe "keine Alternative gesehen, weil Robin Dutt uns seinen Wunsch, wieder als Trainer tätig zu werden, mit Nachdruck vorgetragen hat", wie DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in einer Pressemitteilung sagte.

Schon am Montag unterzeichnete Dutt in Bremen einen Vertrag bis 2016, die Hanseaten können nun also die nächsten Schritte des notwendigen Umbaus angehen. Beim DFB hingegen beginnt nach dem zweiten Abschied eines Sportdirektors binnen kurzer Zeit eine grundlegende Debatte, die zugespitzt lautet: Braucht es überhaupt noch einen Sportdirektor? Nicht ganz so zugespitzt lautet sie: Sollten Kompetenzen und Anforderungsprofil des Jobs nicht umgeschrieben werden?

Dass es mit diesem Sportdirektoren-Posten nicht richtig rund läuft, hat beim DFB gewissermaßen Tradition. In seinen Entstehungstagen 2006 brüskierten die DFB-Granden den damaligen Nationaltrainer Jürgen Klinsmann, weil sie dessen Favoriten Bernhard Peters ablehnten - dafür wählten sie den routinierten Fußball-Ausbilder Matthias Sammer. Der schuf zwar in vielen Bereichen beachtliche Grundlagen und Konzeptionen; doch zugleich hatte er zum Nationalmannschafts-Kern um Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff die meiste Zeit ein so angespanntes Verhältnis, dass es ihn im Sommer 2012 zum FC Bayern zog.

Mit Sammers Nachfolger Robin Dutt harmonierten Löw & Co. deutlich besser. Dafür hakte es an anderer Stelle. Den akribischen Fußballlehrer Dutt ärgerte offenbar, dass er seine Vorstellungen in dem bisweilen schwerfälligen DFB-Gefüge nicht so schnell umsetzen konnte wie erhofft. Teile im Verband wiederum ärgerte manches inhaltliche Vorgehen. Nach betont leisen Anfangsmonaten präsentierte Dutt im Januar ein Leitpapier mit der Überschrift ESA, das für "Erfolg sind alle" stehen sollte, aber irgendwie nach Raumfahrt klang - und verband es mit der hochtrabend klingenden Einschätzung, mit diesem Förderansatz seien Titel "unausweichlich".

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Bezüglich seines zweiten Lieblingsprojektes, der Errichtung eines millionenschweren Leistungszentrums, wurde Dutt vorgehalten, er habe zwar viele einzelne Ideen, aber nie ein konkretes Konzept präsentiert; seit Anfang des Jahres kümmert sich nun eine Gruppe unter Leitung von DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock um die Ausgestaltung. Wahrscheinlich trifft das Wort "Missverständnis", das Nationalelf-Manager Bierhoff am Wochenende benutzte, für die Beziehung Dutt/DFB ganz gut.

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Nun sind sie beim DFB einerseits nicht allzu traurig, dass Dutt den Verband verlässt; andererseits aber durchaus verärgert, weil sein Abschied signalisiert, dass gut qualifizierte, aber ambitionierte Kräfte bei einem entsprechenden Angebot auch schnell wieder von der Fahne gehen können.

"Im Präsidium sind wir uns einig, dass diese Entwicklung nicht zum generellen Anforderungsprofil der Position des Sportdirektors passt, langfristig und kontinuierlich die sportliche Richtung vorzugeben und zu gestalten", sagte DFB-Chef Niersbach. Man wolle, so hieß es in einer Mitteilung, "das Portfolio für einen DFB-Sportdirektor nochmals sorgfältig überprüfen". Schon zuvor hatte Liga-Präsident Reinhard Rauball via Kicker gefordert: "Für diese Position muss ein neues Anforderungsprofil geschaffen werden."

Die Suche nach einer Lösung dürfte eine Weile andauern, und dabei spielen auch die Personen eine Rolle, die gerade in Miami die Nationalmannschaft bei 30 Grad Lufttemperatur und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit auf die zwei Saisonausklang-Partien gegen Ecuador und die USA einstellen.

In einem Jahr steht die Weltmeisterschaft in Brasilien an, da kann der DFB jetzt schlecht einen Sportdirektor präsentieren, der so gar nicht zu Bundestrainer Löw passt und im ungünstigsten Fall wieder zu solchen Konflikten führt wie in den Hochphasen der Sammer-Zeit. Andererseits ließe sich argumentieren, dass Löws Amtszeit nach dem Großturnier womöglich endet und es doch Sinn hätte, nun eine Person zu installieren, die Kontinuität verkörpern könnte.

Wiederum andererseits aber sind die Anzeichen, dass Brasilien die Schlussetappe von Löw als Nationaltrainer darstellen soll, längst nicht mehr so klar wie früher.

© SZ vom 28.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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