Süddeutsche Zeitung

Debakel der Kölner Haie in Berlin:Krupp demütigt seinen Heimatverein

  • Im DEL-Finale 2014 besiegte Trainer Niklas Sundblad die Kölner Haie unter Uwe Krupp. Wenige Monate später bekam der Schwede auch noch seinen Job.
  • Krupp ist nun Trainer der Eisbären Berlin. Mit Forechecking und Eishockey im nordamerikanischen Stil verpasst er seinem Ex-Klub eine bittere 1:6-Niederlage.
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Von Sebastian Fischer, Berlin

Es war spät am Dienstagabend, die Zuschauer hatten die Arena am Berliner Ostbahnhof bereits verlassen, berauscht von diesem Eishockeyspiel, das die Eisbären Berlin mit 6:1 gegen die Kölner Haie gewonnen hatten. Und nun saßen in den Katakomben auf einem Podium zwei Trainer keine zwei Meter voneinander entfernt, die ihren Sport in Deutschland zuletzt geprägt haben. Auf der einen Seite Uwe Krupp, 49. In den beiden vergangenen Spielzeiten hat er als Trainer der Kölner Haie zweimal das Finale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) verloren. Auf der anderen Seite Niklas Sundblad, 41. Er hat als Trainer des ERC Ingolstadt das vergangene DEL-Finale gewonnen.

Krupp, nun Trainer der Eisbären Berlin, Sundblad, nun Trainer der Kölner Haie: sie schauten beide stur nach vorne, sich gegenseitig nicht an. Denn diese Begegnung am Vorweihnachtsabend war keine gewöhnliche. Sie markierte den Wendepunkt einer außergewöhnlichen Geschichte, in der sich die Karrieren zweier Trainer auf fast schicksalhafte Weise kreuzen. Das Ende war an diesem Abend ein gutes für Krupp: er sah zufrieden aus. Sundblad dagegen trommelte ungeduldig auf die Tischplatte, seine Mundwinkel zeigten steil nach unten. Er wollte weg.

Ungewöhnlich wurde die Geschichte von Krupp und Sundblad Anfang Oktober: über Nacht. Davor war Krupp ein Kölner Idol, das einst als jugendlicher Eishockeyspieler von den Haien loszog, um in der NHL den Stanley Cup zu gewinnen und 2011, nach sechs Jahren als Bundestrainer, zu seinem Heimatverein zurückgekehrt war, um ihn aus der Krise zu führen. Doch Krupps vierte Saison in Köln begann schlecht, der Fehlstart war im Oktober vollkommen.

Mal schauen, was der Kollege so macht

Der Schwede Niklas Sundblad, der amtierende Meistertrainer der Liga, war zu diesem Zeitpunkt rätselhafterweise ohne Job, nach gescheiterten Verhandlungen mit dem ERC Ingolstadt, und wohnte nun wieder in Köln. Hier hatte er schon als Spieler und vier Jahre lang als Co-Trainer gearbeitet, eine Saison lang gemeinsam mit Krupp. Nun war er oft zu Gast beim Haie-Training und in Krupps Kabine: Mal schauen, was der alte Kollege so macht.

Während einer Europapokalreise in die Slowakei beschloss der Kölner Vorstand die Trennung von Krupp. Am nächsten Morgen stand der Neue bereit: Niklas Sundblad.

"Es ist schwer für mich, nein zu sagen, wenn ich die Chance habe, Trainer der Kölner Haie zu werden", sagte Sundblad damals. Die Kölner Fans hatten zunächst Vorbehalte, warfen ihm schlechten Stil vor, und dem Verein, sich mit Krupps Rauswurf ganz freiwillig einen Teil seiner Identität herausgerissen zu haben. Krupp sagte damals wenig. Und auch am Dienstag, als er Sundblad zum ersten Mal seit Oktober sah, winkte er bei Fragen ab: diese Geschichte sei nun vorüber. Krupp sprach lieber über das vorangegangene Spiel, das hatte ja auch viel über die beiden Trainer und ihre Arbeit ausgesagt. Und darüber, dass sie sich gerade in unterschiedliche Richtungen bewegen.

5:0 hatte es bereits nach zwei Dritteln gestanden. Die Eisbären führten die Haie vor, spielten druckvoller, liefen schneller, ließen die Scheibe sicherer laufen und hatten den besseren Plan. Es wirkte, als würde Berlin stets in Überzahl spielen, obwohl tatsächlich nur zwei Berliner Tore im Powerplay fielen. Die Kölner liefen nur hinterher, kamen zu spät, verloren den Puck, verloren die Zweikämpfe und fielen nur dadurch auf, dass sie ein paar Keilereien provozierten. Spätestens als Berlins Matthew Foy dem Kölner Torhüter Danny aus den Birken zu Beginn des Mitteldrittels die Scheibe frech zum 3:0 durch die Beine schob - so lässig wie ein Golfer beim Putt -, war das Spiel entschieden. "Die Eisbären haben heute gutes Eishockey gespielt", sagte Sundblad. Und schaute, als würde ihm dabei jemand auf den Fuß treten.

"Es wird immer mehr das, was Uwe möchte"

Berlin und Köln, das sind zwei der größten Namen im deutschen Eishockey. Doch in die laufende Saison starteten beide schwach, größere Namen sind in diesem Jahr: Mannheim oder München. Die Haie kamen auch unter Sundblad nur schwer in Fahrt, sind über Weihnachten nun Tabellenneunter. Die Eisbären stagnierten zuletzt in ihren Leistungen unter Trainer Jeff Tomlinson, der mit dem DEL-Rekordmeister bereits in der Vorsaison in der ersten Runde der Pre-Playoffs gescheitert war. Deshalb kam vor einer Woche Krupp, kurz nachdem er sich mit den Haien über eine Ausstiegsklausel aus seinem vor wenigen Tagen noch immer gültigen Vertrag geeinigt hatte.

Der Sieg am Dienstag war für Krupp der dritte im dritten Spiel. Er lässt mit aggressivem Forechecking spielen, was seine Teams und seine nordamerikanische Interpretation von Eishockey auszeichnet - und der Spielweise der Berliner Mannschaft ähnelt, die in den vergangenen sieben Jahren fünfmal die deutsche Meisterschaft gewann, aber zuletzt ihren Stil verloren zu haben schien. Krupp scheint nach Berlin zu passen. "Es wird immer mehr das, was Uwe möchte. Ich bin sicher, dass es nicht das letzte Spiel war, was wir so gespielt haben", sagte Angreifer Marcel Noebels, der unter Tomlinson selten überzeugte. Am Dienstag schoss er zwei Tore.

Bislang, sagt Krupp, habe er der Mannschaft nur geholfen, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Für ihn hat sich diese Geschichte, die im Oktober begann, unverhofft schnell zum Guten gewandt. Und für Sundblad? Die Haie werden wohl die Pre-Playoffs erreichen, dafür müssen sie nur Zehnter werden. Dann starten sie als Außenseiter, so wie ihr Trainer in der letzten Saison - als er mit Ingolstadt Meister wurde. "Ich mache mir keine Sorgen", hat Sundblad am Dienstag gesagt. Und dann die Mundwinkel wieder steil nach unten gezogen.

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