Freitagnachmittag in Tampere, die Sonne war zurück nach zwei, drei regnerischen Tagen. Finnland ließ sich ein Bier schmecken oder zwei und sah dabei zu, wie seine Eishockey-Mannschaft sich gegen Aufsteiger Ungarn zwei Drittel lang plagte und letztlich doch zu einem deutlichen 7:1 (1:0, 1:1, 5:0) tänzelte. Der entspannte Start ins Wochenende war gerettet.
Die Ungarn sind am Sonntag (15.20 Uhr, Sport1 und Magentasport) der nächste Gegner des deutschen Teams. Davor aber galt es, am Freitagabend gegen Österreich den nächsten Sieg einzufahren nach dem erlösenden 6:4 am Tag zuvor gegen Dänemark. "Das ist ein guter Schub fürs morgige Spiel", sagte Stürmer Marcel Noebels. "Aber leider geht es dann wieder bei Null los."
Um im Bild zu bleiben: Es wurde kein lichtdurchfluteter Abend für die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis. Eher eine Teilfinsternis. Die beste Nachricht: Deutschland bezwang Österreich, den Tabellenletzten der Gruppe A, nach einem über lange Strecken zerfahrenen Spiel mit 4:2 (2:1, 1:0, 1:1) Toren und ist mit nun sechs Punkten dem Viertelfinale einen großen Schritt näher.
Die Österreicher ließen keinen Spielfluss entstehen
"Das Spiel gegen Österreich wird nicht leichter als das gegen die Dänen", sagte Noebels. "Hoffentlich mit einem besserem Start." Gegen die Dänen lagen die Deutschen schnell zurück. Gegen Österreich lagen sie fast zum selben Zeitpunkt vorne. Aus dem eigenen Drittel startete NHL-Profi Nico Sturm wie auf Raketenschuhen den Angriff, ließ den Klagenfurter David Maier stehen und verstaute den Puck durch David Kickerts Beine im Tor (5. Minute). Lukas Haudum klopfte mal bei Mathias Niederberger an, aber der deutsche Schlussmann machte die Tür nicht auf (10.). Doch die Österreicher legten schnell ihren anfänglichen Respekt ab. Nach einem vergebenen Alleingang wuchtete Bernd Wolf die Scheibe im zweiten Anlauf ins Tor (12.). Der schöne Start war dahin.
Gegen die Dänen seien sie "oft einfach nur auf eine Mauer zu gerannt", sagte Verteidiger Moritz Seider, der zwei Schrecksekunden zu überstehen hatte. Erst verlor er eine Schlittschuhkufe, dann blockte er einen Schuss zum Preis heftiger Schmerzen. Aber genau das hatte er erwartet: ein Spiel, das "etwas intensiver wird, auch vom körperlichen Einsatz". Denn es sei "immer noch besonders, wenn man gegen Teams spielt, die auch deine Sprache sprechen".
Seider ist in Zell an der Mosel geboren, Rheinland-Pfalz, aufgewachsen in Erfurt. In Zell spricht man Zeller Platt, und auch in Thüringen hört man eher selten ein tiefes Steirisch oder breites Wienerisch. Was der NHL-Profi sagen wollte, war aber klar: Auch wenn Österreich in seinen vier Spielen zuvor nur einen Punkt ergattert hatte, bleibt ein Nachbarschaftsduell ein Nachbarschaftsduell.
Und dieser Nachbar begann aufmüpfig zu werden. Bis Parker Tuomie entschlossen wie eine Pausenaufsicht dazwischenfuhr und nach einer Rückhandablage von Wojciech Stachowiak das 2:1 erzielte (17.). Die erste Führung für das deutsche Team nach einem ersten Drittel bei diesem Turnier. Verhaltener Applaus von den 7451 Zuschauern.
Gegen eine Wand liefen die Deutschen zwar nicht. Aber die Österreicher verstanden es, keinen Spielfluss entstehen zu lassen, notfalls beförderten sie den Puck schmucklos ans andere Ende des Eises. Das DEB-Team fand dagegen lange keine Lösung und hatte Glück bei Großchancen von Thomas Raffl, Dominique Heinrich und abermals Haudum. Nein, einfacher war dieses Spiel definitiv nicht als gegen die Dänen. Was zu großen Teilen an der deutschen Mannschaft selbst lag.
"Wir haben es etwas schlampig gespielt heute", sagte Nico Sturm
Wenn spielerisch nichts geht, hilft manchmal ja ein Solo. Dachte sich anscheinend auch Stachowiak und drehte eine einsame Schleife durchs österreichische Drittel. Und weil ihn niemand störte, erzielte der WM-Debütant aus Ingolstadt mit der Rückhand seinen ersten WM-Treffer (33.). Das zweite Tor an diesem Abend für die vierte Reihe - und eine in dieser Höhe schmeichelhafte Führung für das DEB-Team. Aber wie gegen Dänemark sollte es wieder eng werden. Nach mehreren vergeblich Versuchen bekam Lukas Haudum doch noch seinen Treffer (54.), an ein entspanntes Feierabendbier dachte nun kein Deutscher mehr. Nico Sturm mit seinem zweiten Treffer zum 4:2 (59.) ins verlassene österreichische Tor schuf zumindest die Voraussetzung dafür. "Wir haben es etwas schlampig gespielt heute", lautete sein Fazit.
Nach einem Tag Pause muss das DEB-Team am Sonntag gegen Ungarn wieder ran. Andere Sprache, kein Nachbarschaftsduell. Vielleicht ganz gut so.