DBB feiert Testspielsieg:Noch zwickt's ein bissl

Beim knappen Testpielsieg der deutschen Basketballer gegen Mazedonien in der Münchner Olympiahalle schauen wieder einmal alle auf Dirk Nowitzki, doch das Spiel entscheiden andere. Bundestrainer Bauermann sammelt für den EM-Start in der kommenden Woche wichtige Erkenntnisse - allerdings nicht nur positive.

Jonas Beckenkamp, München

In der Münchner Olympiahalle wummerte schon wieder der nächste Kirmestechno-Hit los, aber die Schreie waren sogar in den Katakomben deutlich zu hören. "MVP, MVP", grölte die Meute kurz nach der Schlusssirene. Gemeint war natürlich Dirk Nowitzki, Deutschlands menschgewordener Basketball-Heiland, der in diesem Sommer beim Meisterschaftsgewinn seiner Dallas Mavericks in der NBA zum "Most Valuable Player" der Finalserie gewählt worden war. Dabei saß der spielentscheidende Akteur der Testbegegnung, die das DBB-Team soeben mit 70:68 (35:33) gegen Mazedonien gewonnen hatte, doch eigentlich im Bauch der Halle in einem kleinen Kabuff auf dem Podium der Pressekonferenz.

Heiko Schaffartzik, Spielmacher von Alba Berlin und seines Zeichens ein echter Zocker, hatte vier Sekunden vor dem Ende mit einem spektakulären Dreier eine Partie zu Gunsten der Deutschen gedreht, die Bundestrainer Dirk Bauermann vor dem EM-Start am kommenden Mittwoch noch ein paar letzte Erkenntnisse liefern sollte. "Natürlich wollten wir bei der letzten Aktion den Ball zu Dirk bringen, aber weil sich alle Mazedonier auf ihn konzentrierten, stand ich plötzlich frei und habe das Ding genommen," kommentierte der 28-jährige Aufbau seine Heldentat lapidar und schmunzelte über die anhaltenden, immer noch an Nowitzki gerichteten MVP-Rufe aus der Halle.

Natürlich stand der große Blonde mit der weichen Wurfhand wieder einmal im Mittelpunkt bei seiner Rückkehr an eine für den deutschen Basketball historische Sportstätte. Richtig, Rückkehr, denn Nowitzki war schon einmal hier - wenn auch nicht als aktiver Spieler. "Das war heute vom Gefühl her so wie 1993. Ich bin damals spontan hergefahren und war dabei, als Deutschland Europameister wurde. Heute war es ähnlich begeisternd," erklärte der gebürtige Würzburger umringt von nicht weniger als 30 Journalisten, als ihm nach getaner Arbeit noch die Schweißperlen von der Stirn tropften.

Er sah geschafft aus, aber glücklich - nicht etwa, weil er die gesamte Partie über gefeiert wurde wie sonst nur Kaiser Franz persönlich, sondern, weil er trotz aller Müdigkeit gesehen hat, wie sich das DBB-Team immer mehr zu einer Einheit entwickelt. Zwar hatte Nowitzki sein Team mit einem wichtigen Dreier 30 Sekunden vor Schluss in Front geworfen, doch es waren trotz seiner insgesamt 13 Punkte an diesem Abend andere, die aus seinem naturgemäß riesigen Schatten traten.

Neben den stark aufspielenden Robin Benzing (neun Punkte), Chris Kaman (mit 14 Zählern deutscher Topscorer) und Heiko Schaffartzik, der abgesehen von seinem Siegeswurf noch zwei weitere Distanzversuche versenkte, demonstrierten auch Flügelspieler Lucca Staiger (sieben) und Veteran Sven Schultze (fünf) ihre Qualitäten. "Wir brauchten heute diese Unterstützung von der Bank, weil wir nicht in jedem Vorbereitungsspiel alle unsere Beine weggeben können," sagte deshalb in bestem Basketballer-Deutsch auch Nowitzki - und meinte damit wohl, dass er selbst ganz froh darüber war, sich noch ein wenig schonen zu können, ehe nach kurzem Durchschnaufen am Sonntag in Berlin noch ein letzter Test (wieder gegen Mazedonien) stattfindet.

Dass die zweite Garde nach der Pause mit aller Entschlossenheit gegen immer besser treffende Mazedonier einen Neun-Punkte-Rückstand aufholte und die Partie letztlich nervenstark zu Ende brachte, dürfte dann auch der wichtigste Schluss für Coach Bauermann im Hinblick auf die EM sein.

"Es hat heute Spaß gemacht"

Entsprechend positiv fiel auch sein Fazit aus: "Es hat heute Spaß gemacht, obwohl uns die vielen Vorbereitungsspiele tief in den Knochen steckten. Lob geht besonders an die zweite Fünf und vor allem an Sven Schultze, der uns in einer schwierigen Phase im letzten Viertel großartige Energie gab."

Germany v Macedonia - International Basketball Friendly

Das Knie hat gezwickt: Dirk Nowitzki spielte in München mit angezogener Handbremse.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Einen weiteren Erkenntnisgewinn sah der Bundestrainer auf der Position des Ersatz-Spielmachers, wo erneut Philipp Schwethelm viele Minuten ran durfte, wenn Steffen Hamann einmal eine Pause bekam. Obwohl der Neu-Münchner im Abschluss eher unglücklich agierte (traf nur einen Wurf), attestierte ihm Bauermann eine "sehr ordentliche Leistung. Philipp hat das sehr gelassen gemacht, er ist eine echte Alternative im Aufbau."

Bei der EM in Litauen dürfte freilich das an diesem Tag solide Ersatz-Quintett um Schaffartzik, Staiger, Schultze, Tibor Pleiß und Tim Ohlbrecht selten so ausgiebig zusammen zum Einsatz kommen - Deutschlands Bankspieler werden gegen die schweren Vorrundengegner Frankreich, Italien oder Serbien höchstens an der Seite von Nowitzki und Kaman auf dem Parkett stehen bzw. den Anführern kurze Verschnaufpausen verschaffen. Im Ernstfall könnte die Rotation sogar auf sieben oder acht Spieler schrumpfen, das kündigte Bauermann unlängst an, als er sagte, er könne den jungen Spielern keinen "Welpenschutz" mehr gewähren und sie aufs Feld schicken, nur damit sie Erfahrungen sammeln können.

Sorgen bereiten beim DBB-Team immer noch Abstimmungsprobleme in der Verteidigung, vor allem auf den Flügelpositionen. Dass die Mazedonier in der zweiten Halbzeit davonzogen, hatte vornehmlich mit zu spät kommenden deutschen Abwehrhänden bei Distanzwürfen des Gegners zu tun - immer wieder reichte beispielsweise dem glatzköpfigen Riesen Pero Antic ein einfacher Spielzug zum unbedrängten Dreier.

Dennoch macht man sich im Team offenbar keine allzu großen Sorgen, wie Robin Benzing später zu Protokoll gab: "So ist Basketball. Wir waren eigentlich alle gut am Mann und dann wirft dir doch ab und zu mal einer einen Dreier ins Gesicht." Eine etwas einfache Sicht der Dinge, denn: bei der EM warten mit Serbien, Italien oder den traditionell todsicheren Litauern noch treffsicherere Teams. Dirk Bauermann erklärte die Defizite jedenfalls damit, dass seine Auswahl "müde ausgesehen" habe.

In den restlichen Tagen bis zur ersten Partie gegen die Israelis (Mittwoch, 20.00h), die ohne ihren NBA-Profi Omri Casspi antreten, gilt es nun also sich zu entspannen oder zu "chillen", wie Benzing mit einem Grinsen erklärte. Immerhin hatte sich da eine weitere Sorge bereits wieder zerstreut: Dirk Nowitzki war kurz vor Spielbeginn in die Kabine gehumpelt, weil es "ein bissl gezwickt" hatte im Knie. Nichts Ernstes, versicherte der 33-Jährige später. Ein bisschen Zwicken - das stoppt doch keinen MVP.

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