Manchmal bleiben von einem Sportevent auch Plakate der Fans in Erinnerung. „Fiebich lieb ich“, hatte jemand in der Basketballhalle in Hagen auf ein Stück Pappe geschrieben. Ein Gruß an Deutschlands angesagteste Körbewerferin – die in der EM-Qualifikation der deutschen Frauen diesmal nur in Zivil auftrat. Nach den Anstrengungen in den Finalspielen in der US-Profiliga WNBA pausierte Leonie Fiebich im Nationalteam, aber allein ihre Anwesenheit bei den Partien gegen Griechenland (79:76) und Tschechien (74:67) wertete diese Länderspiele auf.
An der Spielerin Fiebich, die gerade in den USA die Meisterschaft gewonnen hat, lässt sich der Aufschwung des Frauenbasketballs hierzulande gut ablesen. Die 24-jährige Landsbergerin ist nun eine Bekanntheit, was allein die Autogrammrunden in Hagen und Wetzlar vor und nach den Partien unterstrichen. Obendrein gab es eine Ehrung samt Blumenstrauß vom Deutschen Basketball Bund (DBB) für sie und Nyara Sabally, ihre Klubkollegin bei New York Liberty. Fiebich und Sabally, das sind derzeit die größten Namen, aber wenn der Auftakt Richtung EM im kommenden Jahr (mit einer Vorrunde in Hamburg) eines zeigte, dann dies: Es kommt auch hinter diesen Namen etwas nach.
Tatsächlich holte das Team von Bundestrainerin Lisa Thomaidis die umkämpften Erfolge gegen die Griechinnen und die Tschechinnen quasi ohne vier Topkräfte. Neben Fiebich und Nyara Sabally fehlte auch deren erkrankte Schwester Satou, dann verletzte sich in der ersten Partie auch noch Regisseurin Alexis Peterson früh. Doch am Ende bestätigte sich der Eindruck, dass trotz manch offensichtlicher Anfälligkeit, wie etwa zahlreichen Ballverlusten, neuerdings auch andere im Nationalteam ihr Können vorführen. Von der erfahrenen Centerin Marie Gülich (30, derzeit vereinslos) war das zu erwarten. Sie ist seit Jahren eine Konstante im dichten Zonenverkehr, ihre Reboundarbeit unersetzlich. Aber neuerdings lohnt sich auch ein Blick auf Basketballerinnen wie Frieda Bühner (20, Estudiantes Madrid), Jessika Schiffer (24, Saarlouis Royals) oder Alexandra Wilke (28, Rutronik Stars Keltern).
Im deutschen Frauenbasketball sollte man sich auch Spielerinnen wie Frieda Bühner oder Jessika Schiffer merken
„Es ist cool, dass wir so ein Spiel auch ohne unsere besten Spielerinnen gewinnen können“, sagte Wilke bei Magentasport, nachdem sie den Tschechinnen 17 Punkte eingeschenkt hatte. Sie erfüllte ihre Rolle als Aushilfsdirigentin mit viel Spielzeit, klugen Entscheidungen und war danach ordentlich geschafft. „Anstrengend“ sei es gewesen, aber ein dickes Grinsen verriet: Da hat sich jemand Selbstbewusstsein für weitere Aufgaben draufgeschaufelt. Ihre Analyse teilte auch Frankreich-Legionärin Luisa Geiselsöder, 24 (Basket Landes), die ebenso überzeugend aufgetreten war. „Wir haben einen riesigen Schritt in dieser Woche gemacht“, hob die 1,90 Meter lange Ansbacherin hervor.
Fiebich und Sabally in der WNBA:Ein Titel als Triumph des deutschen Frauen-Basketballs
Zwei deutsche Spielerinnen in prägenden Rollen gewinnen die Basketball-Meisterschaft in den USA. Das hebt auch den Stellenwert der ganzen Sportart hierzulande. Anerkennung kommt von prominenter Stelle – und Leonie Fiebich gibt ein Versprechen ab.
Das sogenannte Momentum dauert beim DBB nun schon eine Weile an. Nach Platz sechs bei der vorigen EM und dem Erreichen des Viertelfinals bei der erstmaligen Olympia-Teilnahme haben die deutschen Frauen Wiedererkennbarkeit erreicht. Es ist gelungen – wenn auch in der Nische –, dass Deutschland sich nicht nur für die Basketball-Weltmeister der Männer interessiert, sondern auch für die Frauen. Es waren schließlich auch die 3x3-Frauen, die in Paris die Goldmedaille holten. Jetzt verfolgten knapp 5000 Zuschauer die beiden Quali-Partien vor Ort, und wer am Wochenende das ZDF-Sportstudio einschaltete, erlebte dort Fiebich und Sabally beim Plausch über ihre Titelfeier in den USA. Deutsche Champions im US-Profibasketball sind eine Seltenheit, neben den beiden gelang das überhaupt nur Dirk Nowitzki 2011, sowie Marlies Askamp 2002. Entsprechend verwundern dürfte auch, wie wenig ihre Leistungen im Vergleich auf ihren Konten Widerhall finden. Die riesigen Gehaltsunterschiede in ihrem Sport zwischen Frauen und Männern thematisierten Fiebich und Sabally offen.
So verdienen die beiden nur etwa ein Hundertstel verglichen mit manchem NBA-Kollegen. Sabally umriss ihr Saisongehalt mit etwa 73 000 Dollar, während Liganeuling Fiebich gerade einmal um die 67 000 Dollar einnimmt – und das als eine der besten Spielerinnen ihres Teams. Dass die Nationalspielerinnen im Winter für einige Monate nach Europa wechseln (Fiebich zieht es wohl nach Valencia), hat also auch finanzielle Hintergründe.
Schwindelgehälter wie jene 224 Millionen, die Franz Wagner künftig bei den Orlando Magic verdient, sind im Frauenbasketball trotz allem Wachstum undenkbar. Aktuell hat die Spielerinnengewerkschaft der WNBA deshalb den Vertrag mit der Liga aufgekündigt, um eine Umverteilung der steigenden Medieneinnahmen zu diskutieren. Bei jährlich 200 Millionen, die der neue Fernsehvertrag in den kommenden elf Jahren einbringt, ein berechtigtes Anliegen. Streik sei das einzige Mittel, um etwas zu erreichen, fanden Sabally und Fiebich.
„Auf jeden Fall“ sei die jetzige Situation ungerecht, erklärte Letztere, „weil letztlich stecken wir genauso viel Arbeit da rein wie die Herren.“ Arbeit, von der übrigens auch der DBB profitiert: Der Verband hat laut einer Mitteilung mit 274 025 Mitgliedern ein „neues Allzeit-Hoch“ erreicht. Das sei eine Steigerung von mehr als 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und das prozentual dritthöchste Plus bei den olympischen Sportarten in Deutschland. Zahlen, die auch in Erinnerung bleiben sollten.