Das erste gemeinsame Gruppenerlebnis war schon mal ein Erfolg. Am Dienstag besuchten die deutschen Spieler ein interaktives Kunstmuseum, die Schwester von Yannick Hanfmann gab den Tipp dafür. Das „teamLab Planets“ in Tokio befindet sich in der Nähe des Ariake Coliseum, wo die Vertreter des Deutschen Tennis-Bundes am Freitag und Samstag ihre Davis-Cup-Partie gegen Japan bestreiten werden. „Es gab Lichtprojektionen, Nebeleffekte, man konnte malen. Das war wirklich eine schöne und interessante Beschäftigung neben dem Tennis“, berichtete Teamchef Michael Kohlmann, der zudem die Botschaft überbringen konnte: „Alle sind fit und brennen auf das Duell.“
Ganz so selbstverständlich ist das nicht, die Reisestrapazen waren nicht unerheblich. Nach den US Open in New York sind alle Spieler erst mal für ein paar Tage nach Deutschland geflogen. Eine solche Davis-Cup-Runde kann auch ein gewaltiger Organisationsakt für die Betroffenen sein. Jan-Lennard Struff und Tim Pütz etwa flogen dann von Frankfurt nach Japan, Yannick Hanfmann von München, das Betreuerteam wiederum musste über Wien reisen, Justin Engel kam einen Tag später an, er startete seinen Trip in Frankreich. „Das war für alle nicht die leichteste Reise, aber so ist es eben“, sagt Kohlmann am Handy: „Das wird kein Grund sein, warum wir hier nicht gut spielen sollten.“

Das neue Format begrüßt der 51-Jährige, seit 2015 in der Verantwortung, jedenfalls ausdrücklich. Nachdem in den vergangenen Jahren die Zwischenrunde als Gruppenphase ausgetragen worden war, gibt es jetzt wie früher ein Heim- oder Auswärtsspiel mit nur zwei teilnehmenden Nationen. 2024 mussten die Deutschen etwa nach Zhuhai reisen, um dort gegen die USA, Chile und die Slowakei, nicht aber gegen das gastgebende China zu spielen, eine absurde Ansetzung des Tennisweltverbandes ITF. Die weiten Anreisen sind indes auch im neuen Modus nicht weniger geworden. „Ich finde es unglaublich, dass die Belgier mal eben nach Australien müssen“, sagt Kohlmann: „Aber wir können eben nicht beides haben: die Abschaffung der Gruppenphase, aber dann sagen wir, wir reisen alle nicht so weit.“ Eine kleine Erleichterung ist wenigstens gegeben: Die Tennistour wird mit Turnieren in Asien fortgesetzt.
Kohlmann muss wenig überraschend auf Alexander Zverev, den in der Weltrangliste als Dritter höchstplatzierten Deutschen, verzichten, das stand schon früh fest. Zverev hat andere Pläne: Er nimmt unter anderem an zwei Showevents teil (Laver Cup in Vancouver, Six Kings Slam in Saudi-Arabien), die ihm finanziell sicher ganz andere Beträge aufs Konto spülen werden, als wenn er für Deutschland im Davis Cup antreten würde. Wobei Kohlmann sogar noch eine letzte Anfrage bei ihm kürzlich wagte, nachdem der Weltranglisten-50. Daniel Altmaier wegen einer Oberschenkelverletzung absagen musste. Zverev war bei den US Open bereits in der dritten Runde ausgeschieden: „Man will sich ja nicht nachsagen lassen, dass man nicht nachgefragt hat.“ Aufgrund einiger körperlicher Problemchen, die Zverev aktuell habe, habe er Kohlmann „leider noch mal abgesagt, das verstehe ich aber“. Zverev war nach den US Open zwischenzeitlich auch beim DTB-Teamarzt zur Behandlung.

So rückte kurzfristig Justin Engel nach, der 17-Jährige aus Nürnberg kommt zu seiner ersten Nominierung für das DTB-Team und ist nach Boris Becker der jüngste Deutsche, der berufen wurde. „Wir haben hier ein gutes Team und Justin fügt sich toll ein“, sagt Kohlmann. Engel war als 219. der Einzel-Weltrangliste der nächste Deutsche, der sich ihm als Aufrücker anbot, und Kohlmann freut sich auch, dem Talent die Chance auf den nächsten Schritt zu geben. „Er wird Erfahrungen mitnehmen, die man sonst nicht bekommt“, sagte Kohlmann. Engel hatte zuletzt in Cassis erstmals ein Halbfinale eines Challenger-Turniers erreicht. „So wie er sich hier präsentiert, bringt er eine gute Dynamik und Intensität rein“, lobt Kohlmann: „Das können wir gut gebrauchen und tut dem Team gut.“
Trotzdem werden die Ü30-Herren Struff, 35, und Hanfmann, 33, die beiden Einzel am Freitag (ab 7 Uhr MEZ, Tennis Channel) bestreiten. Am Samstag (ab 6 Uhr) findet das Doppel statt, die ATP-Weltmeister Pütz, 37, und Kevin Krawietz, 33, sollten den Punkt für den DTB holen. Sollte ein Team bis dahin keine drei Matches gewonnen haben, finden noch maximal zwei Einzel statt, gespielt wird im Best-of-3-Modus, also über zwei Gewinnsätze pro Partie. Für Japan dürften im Einzel Shintaro Mochizuki (ATP-104.) und Yoshito Nishioka (153.) antreten.
Die Chancen, dass sich die deutsche Mannschaft für die Endrunde in Bologna (18. Bis 23. November) qualifiziert, stehen nicht schlecht. 5000 Zuschauer werden erwartet, und sogar ein paar deutsche Fans. In Tokio leben etwa 4000 Deutsche, für die Partie haben sich rund 100 Personen angekündigt, die meisten kommen von deutschen Schulen und der deutschen Botschaft. DTB-Präsident Dietloff von Arnim sowie DTB-Vorstand Veronika Rücker verstärken den Reisetross.

