Davis-Cup-Team in Frankfurt:Eklat am Versöhnungstag

Philipp Kohlschreiber

Als alles begann: Philipp Kohlschreiber beim Davis Cup gegen Spanien

(Foto: dpa)

"Kinder, die Kerle beißen nicht" - aber stimmt das? Der Deutsche Tennis Bund lädt zur Wiedergutmachung nach Frankfurt. Doch an Versöhnung ist nicht zu denken, stattdessen spitzt sich die Fehde zwischen Davis-Cup-Teamchef Arriens und Profi Kohlschreiber zu.

Von Philipp Schneider

Pünktlich um kurz vor elf biegt Philipp Kohlschreiber um die Ecke der kleinen Tribüne am sogenannten Center Court im sogenannten Sport- und Freizeitzentrum in Frankfurt-Kalbach, an seiner Schulter hängt eine Tennistasche, darin: ein Tennisschläger. Philipp Kohlschreiber wird den Schläger gleich benutzen. Ob dies möglich sein würde, war zuletzt nicht ganz klar. Sein Ellbogen schmerzt, an Davis Cup, der kommendes Wochenende in Nancy gegen Frankreich gespielt wird, ist für ihn gar nicht zu denken.

Und nun ist Kohlschreiber also in lädierter Verfassung angereist am großen Versöhnungstag des Deutschen Tennis-Bunds. So heißt der tatsächlich. Aber die Aufgabe ist für Kohlschreiber machbar, die Gegnerin ist 1,40 Meter groß. Sie trägt wallendes blondes Haar.

"Oooooh!", ruft der Hallensprecher, "schon wieder schlecht gespielt!" Doch das war eher aus der Feierlaune am Versöhnungstag gesprochen. In Wahrheit hatte Kohlschreiber soeben mit viel Gefühl einen durchaus antizipierbaren Return über das Netz befördert. Zarte Mondbälle schickt Kohlschreiber hinüber zu Melanie.

Und neben ihm steht Carsten Arriens, der Davis-Cup-Chef, dem Kohlschreiber eigentlich erst abgesagt hatte für den Versöhnungstag. Arriens hatte daraufhin recht deutlich angedroht, Kohlschreiber aus dem Davis-Cup-Team zu werfen. Also meinte Kohlschreiber plötzlich, doch gar nicht abgesagt zu haben. Es habe nur ein Kommunikationsproblem gegeben. Irgendwie.

"Ich freue mich, dass sich die Halle langsam füllt", spricht Arriens jetzt in sein mobiles Mikrofon, "das Kindertraining liegt mir besonders am Herzen." Und der Hallensprecher säuselt: "Kinder, die Kerle beißen nicht. Traut euch ruhig, sie anzusprechen." Ach, was war das herrlich am Centre Court in Frankfurt-Kalbach!

Dieser Versöhnungstag erwies sich als richtig feine Idee. Notwendig war er ja deshalb geworden, weil weder Tommy Haas noch Kohlschreiber ein belangloses Einzel beim Davis-Cup gegen Spanien spielen wollten, nachdem der Sieg bereits feststand. Aber jetzt waren alle wieder versöhnt! Das damals um den Gegenwert seines Eintrittsgeldes gebrachte Publikum mit Kohlschreiber. Und auch Kohlschreiber mit Arriens. Oder?

Nunja, zumindest bis zu jenem Moment, als einer der Kerle, die heute mit Kindern spielten, doch noch zubiss: Es war mal wieder Kohlschreiber, Haas war ja nicht einmal angereist. Also, Herr Kohlschreiber, wie war das mit dem Kommunikationsproblem? "Da gibt es nicht viel zu erzählen, ich habe am Montag mit Carsten telefoniert. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht fit bin für den Showkampf, aber sonst alle Aktionen mitmache." Sein Manager Stephan Fehske habe dann eine Mail an den DTB geschickt, in der er einen "minimalen Fehler" begangen habe. Tja, und dann sei er, Kohlschreiber, sehr enttäuscht gewesen, dass "Carsten mich nicht noch mal angerufen hat". Das war allerhand. Hatte Arriens diesen Anruf verheimlicht? Um einen Grund zu finden, um Kohlschreiber aus dem Team zu schmeißen? Eigentlich müsste er den nicht konstruieren.

"Das ist falsch, das ist schade!", konterte Arriens laut. Kurzzeitig brach der Zorn hervor, der sich seit den Absagen von Frankfurt, als keiner seiner Topspieler am Schlusstag gegen Spanien antreten konnte oder wollte, in ihm aufgestaut hatte, als er sich verzweifelt gezwungen sah, einen Spieler zu losen. Kohlschreiber verlor, spielte aber trotzdem nicht. "Es ist unsäglich, so etwas zu sagen. Das ist bodenlos", sagte Arriens nun. Er meinte Kohlschreibers vermeintliche Zusage am Telefon.

Der Wahnsinn tanzte im Sport- und Freizeitzentrum in Frankfurt-Kalbach: Kohlschreiber und Arriens standen wenige Meter voneinander entfernt, sie redeten mit den Journalisten, nicht aber miteinander. Der Versöhnungstag erwies sich als richtig blöde Idee. Aber was will man auch erwarten von einem Termin, der eigentlich "Straftraining vor Publikum wegen schlechten Benehmens" heißen müsste?"Ich bin unschuldig und wieder einmal der Buhmann", sagte Kohlschreiber. "Jeder will nur seinen eigenen Kopf retten."

Auftritt Karl-Georg Altenburg, der DTB-Präsident. "Wir hatten eine schriftliche Absage von Kohlschreiber. Fertig. Aus", befand Altenburg, der Konflikt sei "Kinderkram". Zumal am Versöhnungstag. Im Übrigen sei er einem Generationenwechsel im Davis-Cup-Team nicht abgeneigt. Im Hintergrund lief das Showmatch. Peter Gojowczyk, 24, spielte gegen Tobias Kamke, 27.

Kohlschreiber gab den Balljungen.

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