Davis Cup:Malediven statt Madrid

Das deutsche Team erreicht die neu geschaffene und umstrittene Finalwoche und will dem Format eine Chance geben - Alexander Zverev indes bleibt bei seinem angekündigten Boykott.

Von Gerald Kleffmann, Frankfurt

Was er dann stattdessen also im November mache, wurde Alexander Zverev abschließend gefragt. Der 21-Jährige überlegte kurz, dann zog ein Lächeln in seinem jungen Gesicht auf und er sprach: "Hoffentlich werde ich dann wieder die ATP-Finals gewonnen haben, dann kann ich auf den Malediven den Jungs zugucken." Mit den Jungs meinte er seine Kollegen Philipp Kohlschreiber, Jan-Lennard Struff und Tim Pütz, mit denen er an diesem Freitag und Samstag dafür gesorgt hatte, dass es in zehn Monaten eigentlich eine andere Beschäftigung geben sollte: Mit einem deutlichen 5:0-Erfolg hatte sich die deutsche Tennis-Männermannschaft in Frankfurt gegen den klaren Außenseiter Ungarn in der ersten Runde des wichtigsten Teamwettbewerbs durchgesetzt - und ist nun für die so umstrittene Endrunde im November in Madrid qualifiziert.

BAU 02 02 2019 Frankfurt Tennis Davis Cup Deutschland vs Ungarn v l Alexander Zverev Tim Pütz

Eine Einheit auch beim Jubel: Deutschlands Spitzenspieler Alexander Zverev feiert mit seinen Mannschaftskollegen Jan-Lennard Struff, Tim Pütz und Philipp Kohlschreiber (von links) den Erstrunden-Erfolg gegen das Außenseiter-Team aus Ungarn.

(Foto: Julia Rahn/imago)

Nur Kohlschreiber (Nr. 32 der Weltrangliste) hatte sich gegen Zsombor Piros (Nr. 371) schwer getan - auch, weil er nach eigener Aussage mit den Emotionen, etwa nach der Hymne, zu kämpfen hatte. Er siegte knapp mit 6:7 (6), 7:5, 6:4. Zverev hatte keine Mühe beim 6:2, 6:2 gegen Peter Nagy, der in der Weltrangliste nicht mal mehr geführt ist. Das Doppel Pütz/Struff gewann tags darauf schließlich 6:2, 6:3 gegen Gabor Borsos/Nagy, es war der entscheidende dritte Punkt. Die Siege von Zverev (6:3, 6:4 gegen Borsos) und Kohlschreiber (6:7/5, 6:3, 10:5 gegen Davis Szintai) waren belanglos, immerhin aber eine nette Geste der beiden besten Deutschen, dass sie sich noch mal auf den Platz stellten. "Wer weiß, wann wir das nächste Mal in Deutschland Davis Cup spielen", sagte Zverev. Und er selbst wird ja auch im November fehlen. Aus Prinzip.

Endrunde Davis Cup

18. bis 24. November in Madrid

18 teilnehmende Nationen

Kroatien, Frankreich, Spanien, Argentinien (als Vorjahres-Halbfinalisten), USA, Großbritannien (per Wildcard), Australien, Belgien, Kanada, Chile, Kolumbien, Deutschland, Italien, Japan, Kasachstan, Niederlande, Russland, Serbien (über Erstrunden-Siege qualifiziert).

Modus

Es gibt sechs Dreiergruppen, dann eine K.o.-Runde, für die sich die sechs Tabellen-Ersten und die zwei besten Zweiten qualifizieren. Gespielt werden zwei Einzel, ein Doppel (zwei Gewinnsätze).

Preisgeld

27 Millionen Dollar (18 Millionen an Teams, 9 Millionen an Verbände).

"Ich werde alles tun, damit wir zum alten System zurückkehren", sagte Zverev wiederholt in Frankfurt und versicherte: "90 Prozent der Topspieler sind nicht dafür. Hoffentlich werden sie es auch so deutlich sagen wie ich." Der Davis Cup findet in diesem Jahr ja erstmals nach einem neuen Modus statt, es gibt nach der erste Runde kein Viertel- und Halbfinale mehr mit Heimspielen, die für Zverev gerade diesen Wettbewerb ausmachten mit all seinen Emotionen. Stattdessen steht nun direkt eine finale Woche mit 18 Nationen an, die um die Trophäe, vor allem aber natürlich um sehr viel mehr Geld kämpfen. Wenn stimmt, was Zverev sagt, dass die Besten wohl passen, dann würde genau das Gegenteil von dem eintreten, was die neuen Machthaber des Davis Cups wollten: die großen Namen für die oft stiefmütterlich behandelte Veranstaltung zu gewinnen.

Davis Cup Deutschland - Ungarn

Engagiert hinter der Bande: Boris Becker, 51, Head of Men’s Tennis des Deutschen Tennis-Bundes.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Der spanische Fußballer Gerard Piqué ist das Gesicht einer Investorengruppe namens Kosmos, die drei Milliarden Dollar über 25 Jahre an Ausschüttungen an Spieler und Verbände versprach und mit dieser verlockenden Ankündigung durchkam bei der Generalversammlung des Internationalen Tennis-Verbandes (ITF). Bei neun der zwölf nun qualifizierten Teams fehlte indes tatsächlich die standesgemäße Nummer eins, was die Vermutung aufdrängt: Wer finanziell unabhängig ist, lässt den Davis Cup aus und pausiert lieber. "Ich spiele Tennis nicht für Geld", bestätigte Zverev schon mal für sich, wobei er sich diese Haltung als Preisgeld-Multimillionär eben leisten kann. "Sascha kann man nicht mit Geld locken", wusste Pütz zu berichten, stellte aber auch klar: "Daran ist auch nichts verkehrt." Für einen wie ihn indes, der im Einzel als Nummer 350 um den Anschluss ringt und ihm Doppel erfolgreicher ist, könnte die Finalwoche ein finanzieller Segen sein. Folglich war er moderater in seinem Urteil: "Man kann den Termin verfluchen", sagte der Frankfurter, "aber vom Event selbst hat man keine Ahnung, ob es gut oder schlecht wird." Er wäre wie Struff bei einer Nominierung von Teamchef Michael Kohlmann dabei. Den Versuch, den Spitzenmann Zverev umzustimmen, unterlassen sie aber, wie Pütz verriet. Es habe keinen Sinn - was auch Zverev deutlich machte. Der Weltranglisten-Dritte kenne zwar Piqué, den Urheber der Reform, er möge ihn: "Wir waren schon mal essen zusammen. Er ist ein super Typ", sagte Zverev. "Doch da können noch so viele Leute mit mir reden. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich bin ein erwachsener Mensch."

Kohlmann teilte die Kritik seines Topspielers im Kern, aber als Kapitän ist er in einer anderen Situation. "Das System ist jetzt erst mal geändert worden, damit müssen wir leben", sagte der Ex-Profi. "Nichtsdestotrotz muss man, um wirklich ein Fazit zu ziehen, es mal erlebt haben." Das Signal, dass seine Mannschaft diesmal in Bestbesetzung angetreten sei, wertete er immerhin als sehr positiv: "Das ist ein Zeichen, dass wir das Heimspiel honorieren." Diese Hommage ging sogar so weit, dass auch noch Kohlschreiber das allerletzte (und in solchen Fällen oft abgeschenkte) Match bestritt. Zur Erinnerung: 2014 hatte sich nach dem feststehenden Sieg gegen Spanien in Frankfurt kein Deutscher freiwillig für die letzten Einzel gemeldet, es war dem Vernehmen nach dann intern gelost worden. Diesmal waren die deutschen Spieler kaum mehr aus der Arena zu kriegen. Und auch Boris Becker, 51, machte begeistert als Head of Men's Tennis bei der La Ola in der mit rund 5000 Zuschauern gefüllten Halle mit.

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