Davis Cup:Der Schweizer aus Finnland

2019 Australian Open - Day 3

Schlechter Schlittschuhläufer, guter Tennisprofi: Henri Laaksonen.

(Foto: Mark Kolbe/Getty Images)

Henri Laaksonen ist der beste Tennisprofi seines Landes, hinter Federer und Wawrinka. Als 142. der Welt muss er sein Geld gut einteilen. Doch nun führt er die Schweiz im Davis Cup an.

Von Gerald Kleffmann, Biel/München

Nein, das Schlittschuhlaufen war nie seine Sache, sagt Henri Laaksonen. Als Knirps hatte er große Mühe, sich überhaupt aufrecht auf dem Eis zu halten. "Ich bin 30-mal in einer Stunde hingefallen", erzählt er. Sein Lächeln ist selbst durch das Handy zu spüren. Laaksonen ist gerade in Biel, er wird an diesem Freitag sein Land in der ersten Davis-Cup-Runde gegen Russland anführen. Der 26-Jährige ist auch "unser Finnen-Joker", wie ihn das Boulevardblatt Blick einmal taufte. In erster Linie ist er Tennisprofi und ein höflicher, teils verschmitzter Mann, eigentlich könnten daran viel mehr Menschen teilhaben. Aber weil Laaksonen seit 2013 für die Schweiz international antritt, steht er im Schatten zweier spezieller Spieler.

Die Schweiz, das ist das Land von Roger und Stan. Federer und Wawrinka. Zwei Grand-Slam-Champions, zwei Heroen der Nation. Dahinter? War es stets mühsam, gute Schweizer zu finden, zumindest mit dem Anspruch der Weltspitze. Laaksonen ist nun der Beste hinter den beiden - er ist 142. der Weltrangliste.

Laaksonen wuchs in Hyvinkää auf, die Mutter ist Finnin, Sandro Della Piana, der Vater, Schweizer. Er war als Profi um Rang 300 der Weltrangliste, heute arbeitet er als Trainer in Schaffhausen und Lausanne. Als Kind erlebte Laaksonen die Trennung seiner Eltern, und weil es mit dem Eishockey, dem Nationalsport Finnlands, für ihn schlecht aussah, widmete er sich anderen Sportarten. Er blieb beim Tennis hängen. Mit 16 wurde er Europameister in seinem Jahrgang. "Da war für mich klar, ich möchte Profi werden", erzählt er. Er zog in die Schweiz, er hatte immer Kontakt zum Vater gehabt und ihn jeden Sommer besucht. Swiss Tennis, der Schweizer Verband, nahm ihn im Leistungszentrum auf.

Über kleinere Profiturniere spielte sich Laaksonen dann in die Schweizer Auswahl, und auch wenn er sagt, typisch finnisch in ihm sei, wenig Emotionen zu zeigen, wurde er in der Schweiz erstmals bekannt mit einem Ausbruch. 2013 stand er im Davis-Cup-Team, für die Partie gegen Ecuador wurde indes Marco Chiudinelli im Einzel vorgezogen, und Laaksonen benahm sich daraufhin beim Training übellaunig. Es folgte der Rauswurf, aber diese Episode ist längst eine alte Kamelle. "Henri arbeitet hart und hat in den letzten Jahren eine gute Entwicklung gemacht", sagt Severin Lüthi im Gespräch, der Trainer verantwortet nach wie vor nicht nur Federer als Coach, sondern auch die Schweiz im Davis Cup. "Seine Auftritte in Melbourne haben mir gefallen und ich hoffe, dass er auf diesem guten Weg bleibt und weiter Fortschritte macht." Das Potenzial besitzt Laaksonen. Wenn man jedoch nicht ganz die himmlischen Fähigkeiten eines Federers hat, was auf den Rest der Menschheit zutrifft, nützt einem auch ein Schweizer Pass wenig.

Laaksonen zählt zur Riege jener Profis, die gut Tennis spielen, aber doch ziemlich kämpfen müssen, um sich allein in den Top 100 zu halten. "Ich habe sehr gute Leute geschlagen, ich weiß, dass ich auf hohem Niveau spielen kann", sagt Laaksonen. Er besiegte mal den Italiener Marco Cecchinato, als der um Rang 20 stand. 2017 war sein bestes Jahr, er stand zweimal im Hauptfeld von Grand-Slam-Turnieren, in Wimbledon und bei den US Open verlor er nur gleich. 93. war er damals. "2018 hatte ich ein extrem schweres Jahr", erinnert er sich. Sein Immunsystem war labil, ständig hatte er Entzündungen im Körper, verlor 19 Erstrundenmatches. Eine Meeresfrüchteallergie wurde festgestellt, er fing sich. Und fing irgendwie neu an. Wobei sein Leben als Profi in keiner Weise natürlich mit dem von Federer vergleichbar ist.

Laaksonen hatte sich anfangs in der Schweiz ein Appartement genommen, "aber wenn man 45 Wochen im Jahr reist, lohnt sich die Miete nicht", sagt er. Und fügt heiter hinzu: "Da rechnet es sich besser, wenn ich in der kurzen Zeit ein Fünfsterne-Hotel nehme." Auch heute ist es so, dass er keine feste Bleibe hat, Finnland ist so etwas wie seine Basis, bei der Mutter nahe des Flughafens in Helsinki wohnt er, wenn er nicht bei Turnieren ist. Laaksonen muss mit dem Geld gut planen. Swiss Tennis half ihm immerhin viel, auch ein privater Förderer in der Schweiz. Dass er sich bei den Australian Open gerade über die Qualifikation ins Hauptfeld kämpfte, erstmals die erste Runde eines Grand Slams gewann (gegen den Bosnier Mirza Basic) und erst im fünften Satz am australischen Aufsteiger Alex de Minaur scheiterte, war nicht nur ein sportlicher Erfolg. Er verdiente rund 67 000 Euro. Das hilft extrem.

Laaksonen weiß, dass er die Schweiz auch deshalb anführt (zweiter Einzelspieler ist Marc-Andrea Hüsler), weil Federer und Wawrinka im Davis Cup passen; er will die Aufgabe gut meistern. Schwer genug dürfte es werden, die Russen treten mit den jungen Größen Karen Katschanow und Daniil Medwedew an. "Man muss sich auf sein Spiel fokussieren", sagt Laaksonen, der viel von Federer gelernt habe, etwa, wie man das Training strukturiert. "Aber ich muss auch mein Ding machen und auf mich schauen", weiß er. So sucht er zurzeit einen deutschen Bundesligisten, den er im Sommer verstärken könnte. "Ich bin da in Verhandlungen, es wäre schön, wenn es klappt", sagt der beste Schweizer Tennisspieler, der nicht Federer oder Wawrinka heißt.

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