RB Leipzig:Raum für Werner

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Teurer Linksverteidiger: David Raum soll angeblich rund 23 Millionen Euro gekostet haben. (Foto: Petzsche/Imago/Picture Point LE)

"Ich passe hier einfach perfekt rein": Nationalspieler David Raum stellt sich bei RB Leipzig vor - und hofft, dass Timo Werner in die Bundesliga zurückkehrt.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Es gibt in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Aufnahmerituale, die manchmal mehr, oftmals weniger lustig sind. Bei Studentenverbindungen, bei der Armee - und auch im Fußball. Auch bei RB Leipzig.

Am Dienstag absolvierte Nationalspieler David Raum, 24, bislang TSG 1899 Hoffenheim, seine erste Übungseinheit mit den neuen Leipziger Kollegen. Er bekam höflichen Applaus von den knapp 400 Fans, und die Profis standen Spalier, um ihm, dem Neuen, ein paar erste Schläge auf den Hinterkopf zu verpassen. Ihn durch den "Watschntunnel" zu schicken, wie ihn der Österreicher Xaver Schlager dieser Tage nannte. So weit erkennbar, tat sich der Mann, dem Raum nun den Arbeitsplatz wegnimmt, der Spanier Angeliño, bei der Verabreichung der Schellen nicht durch ausufernde Gewalt hervor. Auch von Raum kam bei einer Medienrunde keine Klage. Im Gegenteil: "Es waren alle insgesamt sehr nett."

Im vergangenen Jahr war Raum zu einem der Shootingstars der Liga geworden, und im Grunde sofort nach seinem Wechsel vom damaligen Aufsteiger Fürth zur TSG 1899 Hoffenheim zum nunmehr neunmaligen A-Nationalspieler geworden. In der Bundesliga standen am Ende der Saison 32 Spiele, drei Tore und beachtliche 13 Torvorlagen zu Buche.

RB Leipzig überzeugte ihn im Urlaub auf Ibiza - sogar Trainer Tedesco flog mit

"Jeder Spieler hat den Traum, den nächsten step zu gehen", denglischte Raum; ihm sei es darum gegangen, "international zu spielen und vor allem in der Königsklasse Fuß zu fassen", das war mit Hoffenheim nicht möglich, die TSG wurde in der abgelaufenen Spielzeit lediglich Tabellenneunter. Dem Vernehmen nach beschäftigte sich Pep Guardiola als Manchester-City-Trainer überaus intensiv mit Raum. Doch am Ende verwarfen er und Sportdirektor Txiki Begiristain die Idee, obschon Raum wohl nur halb so teuer gewesen wäre wie Marc Cucurella; der Premier-League-Klub Brighton & Hove Albion wollte angeblich exorbitante 50 Millionen Euro für den Spanier sehen. Auch Borussia Dortmund zeigte großes Interesse am Nationalspieler; stieg aber aus dem Poker aus, weil der Deal zu teuer gewesen wäre.

Der Preis ist tatsächlich stattlich, angeblich kassiert Hoffenheim von RB rund 23 Millionen Euro Ablöse. Raum selbst soll im oberen Segment des Leipziger Gehaltsrankings einsteigen. Ihn hätten aber auch die weichen Faktoren positiv gestimmt. Die Leipziger hätten ihn im Urlaub auf der Baleareninsel Ibiza aufgesucht - wobei ihn besonders beeindruckte, dass "auch der Trainer (Domenico Tedesco) mitgeflogen ist", obwohl der DFB-Pokalsieger schon die Saisonvorbereitung eingeleitet hatte. "Wir haben uns einfach super verstanden, der Austausch war top, und das hat am Ende auch den Ausschlag gegeben", berichtete Raum.

Das Risiko, wenige Monate vor der Weltmeisterschaft eine neue Anstellung anzutreten, galt ihm nach dem Gespräch als überschaubar; zudem war auch Bundestrainer Hansi Flick in seine Wechselpläne eingeweiht. Schon jetzt ist absehbar: Konkurrenz durch Angeliño wird er nur noch für kurze Zeit haben. Brighton und West Ham United haben sich schon nach der Vertragssituation des Noch-Leipzigers erkundigt, der am Dienstag, wie gesagt, in Leipzig trainierte - sein Vertrag läuft noch drei Jahre - und Teil des Watschntunnels war.

Das wiederum würde bedeuten, dass sich die Spielanlage auf der linken Leipziger Seite um Nuancen verändern wird. Er sei ein anderer Spielertyp als Angeliño, sagte Raum. Der Spanier komme eher über seine Technik und Dribbelstärke; er selbst wolle Leipzigs Spiel mit "Intensität, Sprints und Läufen" bereichern, die Fünfer-Abwehrkette Tedescos komme seinem Spiel entgegen. "Ich passe hier einfach perfekt rein", argumentierte Raum.

Ob er der letzte Leipziger Zugang des Sommers ist? Kann, muss aber nicht sein. Es hält sich das Gerücht über eine mögliche Rückkehr des früheren Leipziger Stürmers Timo Werner, der in zwei Spielzeiten beim FC Chelsea unter den Erwartungen blieb und dort hinterlegt hat, wechseln zu wollen. Allerdings verdient er angeblich 275 000 Pfund die Woche netto - umgerechnet fast 8,5 Millionen Euro jährlich. Das stellt offenbar sogar für Leipzig eine sehr hohe Hürde dar. Dazu kommt, dass Chelsea Werner lieber verkaufen würde, um die 53 Millionen Euro Ablöse wieder reinzuholen. Der DFB-Pokalsieger würde angeblich eine Leihe bevorzugen.

Daran, dass er Werner gern an seiner Seite sähe, ließ Raum keinen Zweifel. "Timo ist, so wie ich ihn in der Nationalmannschaft kennengelernt habe, menschlich ein Supertyp, mit dem ich sehr gut klar komme", sagte Raum. Und: "Er hat damals bei RB Leipzig wahnsinnig geknipst." Aber: Die Kaderplanung sei nicht sein Metier. Er wolle sich vorerst darum kümmern, die eigenen Leistungsgrenzen weiter auszutesten. "Ich habe noch sehr viel Luft nach oben - sehr viel Raum zur Verbesserung", erklärte Raum - und lachte.

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