Süddeutsche Zeitung

Datenprojekt zu Europas Ligen:Wie der Fußball Millionen verschwendet

Die englische Liga ist reich, aber erfolglos. Ein Datenprojekt von SZ.de zeigt, wie Spanien und auch die Bundesliga es besser machen.

Von Saskia Aleythe, Lisa Sonnabend, Katharina Brunner und Johannes Barkhau

Die Bundesliga-Saison 2015/2016 legt an diesem Wochenende los, in der Premier League steht der zweite Spieltag an - Spanien und Italien greifen kommende Woche ein. Welche Klubs werden diesmal die Saison dominieren? Welche Liga enteilt der Konkurrenz und wer könnte im Mai die Champions League gewinnen? In einem Datenprojekt hat SZ.de den Fußball vermessen und analysiert. Statistiken zu den vier großen europäischen Ligen wurden verglichen - dabei kamen einige überraschende Erkenntnisse heraus. Vorneweg die Feststellung: Geld schießt keine Tore, im Gegenteil!

  • Spanische Klubs haben Erfolg

Als am 6. Juni im Berliner Olympiastadion die Champions-League-Trophäe in die Luft gereckt wurde, hüpften die Spieler auf und ab, sie umarmten sich - und sangen. Natürlich auf Spanisch. Denn wenn im europäischen Fußball ein Pokal vergeben wird, heimst ihn meist ein Klub aus der Primera División ein. In jener Berliner Nacht mal wieder der FC Barcelona. Keine andere Liga war in den vergangenen Jahren so erfolgreich wie die spanische: In der Uefa-Fünf-Jahreswertung liegt sie deutlich vor der Bundesliga. Die Premier League kommt dagegen trotz der zur Verfügung stehenden Milliardensummen nur auf den dritten Rang.

Uefa-Fünf-Jahreswertung

Spanien: 84 213 Punkte

Deutschland: 65 606 Punkte

England: 64 096 Punkte

Italien: 60 272 Punkte

  • Barcelona und Madrid dominieren den Fußball

Die spanische Fußball-Übermacht verdeutlichen auch andere Statistiken. So erreichten in den vergangenen 16 Jahren spanische Klubs 24 Mal mindestens das Halbfinale der Champions League. Den Premier-League-Vereinen gelang dies nur 18 Mal. Der FC Bayern, Borussia Dortmund, Schalke und Bayer Leverkusen spielten insgesamt zehnmal um den Finaleinzug. Für italienische Klubs lief es zuletzt bei weitem nicht so gut: Juventus Turin war in der vergangenen Saison der erste italienische Klub seit fünf Jahren, der wieder ein Champions-League-Halbfinale spielte (und das sogar gegen Real Madrid gewann). Da der AC Mailand zwischen 2003 und 2007 jedoch gleich viermal mindestens das Halbfinale erreichte, kommt die Serie A immerhin noch auf neun Halbfinalteilnahmen in den vergangenen 16 Jahren.

Der erfolgreichste Champions-League-Teilnehmer ist der FC Barcelona, der in den vergangenen 16 Jahren zehn Mal bis ins Halbfinale oder gar ins Endspiel kam. Real Madrid gelang dies nur neun Mal. Der FC Bayern und der FC Chelsea zählten immerhin sieben Mal mindestens zu den besten vier Klubs Europas.

  • England hat das Geld, aber nicht den Erfolg

Die spanischen Klubs dominieren den europäischen Fußball - doch warum? Am Geld liegt es jedenfalls nicht. Denn die Premier League hat ein paar Euro mehr zu Verfügung als die anderen Ligen. 3,9 Milliarden Euro Umsatz verzeichneten die 20 britischen Klubs in der Saison 2013/2014 - mehr als doppelt so viel wie die Konkurrenz in Spanien. Die Geld-Kluft zwischen England und dem Rest Europas ist in den vergangenen Jahren sogar weiter gewachsen. Vor fünf Jahren hatte die Premier League "nur" 800 Millionen Euro mehr zur Verfügung als die Bundesliga, inzwischen sind es 1,6 Milliarden. Der Erfolg jedoch ist im Laufe der Jahre geschrumpft. Im Champions-League-Viertelfinale stand in diesem Frühsommer kein einziger Klub aus der Premier League, als letzte britische Mannschaft stemmte 2012 Chelsea den Henkelpott in die Höhe - und das nur mit viel Dusel (Bayern-Fans erinnen sich wehmütig).

  • Die teuersten Spieler sind in England zu sehen

Chelsea, Manchester United, Arsenal & Co. haben nicht nur mehr Geld, sie geben es auch aus: Ja, sie schleudern es regelrecht um sich. So leistet sich die Premier League mit Abstand die wertvollsten Spieler, auch wenn diese ihren Preis nicht immer wert sind. Der FC Arsenal holte sich beispielsweise für 14 Millionen Euro den bereits 33-jährigen Petr Cech als neuen Torwart, obwohl mit Wojciech Szczęsny und David Ospina eigentlich zwei taugliche Kräfte vorhanden waren. Der Marktwert der englischen Liga liegt mit 4,1 Milliarden Euro deutlich höher als bei der internationalen Konkurrenz - obwohl bei Barcelona und Real die teuersten Fußballer der Welt unter Vertrag stehen: Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Deren Marktwert wird auf jeweils 120 Millionen Euro geschätzt.

  • Premier League überdreht - auch in diesen Tagen

Die Premier League überdreht - und ein Ende ist nicht in Sicht. Denn bei den spektakulären Transfers der vergangenen Wochen waren es erneut fast immer englische Klubs, die bereit waren übertriebene Millionensummen hinzublättern. Manchester City leistete sich den international kaum aufgefallenen Stürmer Raheem Sterling für schlappe 62,5 Millionen Euro, Liverpool holte sich mit Hoffenheims Roberto Firmino und Christian Benteke gleich zwei Spieler, die jeweils mehr als 40 Millionen Euro kosteten, diese Beträge womöglich aber gar nicht wert sind. In der Bundesliga kann nur der FC Bayern bei derartigen Summen mitbieten: Für Arturo Vidal zahlte er 37 Millionen Euro, immerhin der fünftteuerste Transfer des Sommers. Welcher Transfer sich am Ende auszahlt? Es dürfte eher der ruppige Vidal sein als der unauffällige Sterling.

  • Messi verdient am meisten

Unter den Berühmtheiten des Fußballs ragen zwei besonders heraus: Messi und Ronaldo. Sie sind auch diejenigen Spieler, die laut Schätzungen des französischen Fußballmagazins France Football am meisten verdienen. Messi erhält demnach inklusive Werbeeinnahmen jedes Jahr eine Aufwandsentschädigung von 65 Millionen Euro, Ronaldo immerhin 54 Millionen. Als weltweite Marken sind sie auch hier in einer eigenen Galaxie unterwegs.

Doch auch beim Blick auf die Gehaltsliste wird deutlich: Die Premier League zahlt bereitwillig wie keine andere Liga. Neun der 20 bestverdienenden Fußballer sind in England angestellt. Aus der Bundesliga befinden sich nur Robert Lewandowski (geschätzte 20,2 Millionen Euro Jahressalär) und Mario Götze (16,9 Millionen Euro) unter den Topverdienern.

  • Die Premier League hat die lukrativsten TV-Verträge

Wie sehr die Premier League den anderen Ligen rein finanziell (aber nicht sportlich) enteilt, zeigen schließlich die TV-Verträge. So hat der englische Fußball vor kurzem einen neuen Rekord-Deal abgeschlossen: 9,5 Milliarden Euro zahlen die Fernsehsender für die kommenden drei Jahre, um Partien aus Old Trafford, von der Stamford Bridge und anderen Stadien zu übertragen. Zum Vergleich: Die Bundesliga erhält trotz steigender Beliebtheit und voller Stadien derzeit nicht einmal eine Milliarde Euro pro Saison.

Die Queens Park Rangers streichen dabei pro Saison mit 86,8 Millionen Euro die wenigsten TV-Einnahmen der Liga ein, sie können damit jedoch vergleichsweise zufrieden sein. Denn der international erfolgreiche FC Bayern bekommt über 30 Millionen Euro weniger als der Londoner Durchschnittsklub. Immerhin stimmt der Unterhaltungswert: Bei einem Spiel der Rangers mag der TV-Zuschauer zwar die fehlende Qualität bemängeln, dafür ist bei den Partien immer was los. Nur der FC Parma bekam in der vergangenen Saison mehr Gegentore als der britische Klub, der nun in der zweiten Liga sein Dasein fristet. Reich, aber erfolglos.

  • Linktipps:

Lesen Sie hier den zweiten Teil zum Datenprojekt über Europas Fußball: Warum die Bundesliga die fanatischsten Fans hat

Lesen Sie hier den dritten Teil zum Datenprojekt über Europas Fußball: Wo der schönste Fußball gespielt wird

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