Darmstadt 98:Im Abstiegskampf ist alles erlaubt - auch viele gelbe Karten

SV Darmstadt 98 v Bayer Leverkusen - Bundesliga

Darmstadts Konstantin Rausch (2.v.l.) holt sich von Referee Jochen Drees eine gelbe Karte ab, weshalb er gegen den FC Bayern nicht dabei sein darf.

(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Fünf Darmstädter Stammkräfte holen sich am Wochenende die fünfte gelbe Karte ab, um unvorbelastet in die entscheidende Saisonphase zu gehen. Ist das fair?

Kommentar von Johannes Aumüller

Darmstadt liegt noch immer in Südhessen, nicht in Nordwestfrankreich, und Dirk Schuster hat seinen Nachnamen noch nicht um die Endung "ix" erweitert, das sei noch einmal klargestellt. Aber es scheint nicht ausgeschlossen zu sein, dass sich das demnächst ändert. Jedenfalls vergeht kaum eine Woche, ohne dass Darmstadts Fußballklub über sich lesen oder hören darf, wie sehr er doch an die Geschichte erinnere, in der sich Asterix und sein kleines, unbeugsames gallisches Dorf einst gegen die Römer wehrten.

Zumindest für jene 79,5 Millionen Einwohner der Republik, die nicht zufällig in Frankfurt/Main oder Offenbach wohnen, ist es schwer, sich einer Grundsympathie für Darmstadts Kampf gegen die vermeintlich übermächtige Konkurrenz zu enthalten. Zumal die Mittel überschaubar sind: geringer Etat, anderswo ausgemusterte Kämpfertypen, baufälliges Stadion, pfiffiger Trainer - und wohl auch manch gallische List.

Fünf wichtige Stammkräfte sahen gegen Leverkusen eine gelbe Karte, wegen der sie gegen den FC Bayern fehlen. Anschließend aber, im Abstiegsduell gegen Bremen, dürfen sie wieder dabei sein - und viele Vorstrafen sind für den Liga-Endspurt zudem getilgt. Kein Darmstädter hat zugegeben, dass es sich dabei um eine geplante Strategie gehandelt habe. Aber es ist auch niemandem gelungen, diesen Verdacht zu zerstreuen.

Nun ist im Abstiegskampf alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. Und gegen eine schier übermächtige Konkurrenz braucht es auch mal eine raffinierte Auslegung des Regelwerkes. Andererseits müssen die Darmstädter nun damit klar kommen, dass nicht nur in Frankfurt und Offenbach Wörter wie "Unfairness" oder "Wettbewerbsverzerrung" kursieren.

Wer die Folgen der Gelbsperrenflut einmal durchdenkt, landet nicht nur bei Werder Bremen, gegen das Darmstadt nach dem Bayern-Spiel mutmaßlich mit der Top-Elf antritt. Er landet auch in München und Dortmund. Darmstadts kerniger Kampfstil ist gefürchtet. Nun dürfte den Bayern am Samstag ein Sieg leichter fallen als gedacht (und sich die Einstimmung aufs Champions-League-Duell gegen Juventus schonender gestalten). Titelkonkurrent Dortmund hingegen muss in drei Wochen wieder mit Darmstadt in Bestbesetzung rechnen.

Die beste Lösung wäre es, würden dezimierte Darmstädter am Samstag beim FC Bayern einfach gewinnen. Aber das ist eine Herausforderung, die noch schwerer ist als Hinkelsteine-Schleppen - und an der wohl auch Asterix und Obelix im Original scheitern würden.

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