Dallas Mavericks verlieren erneut:Verteidigen ohne Verteidigung

Drei Saisonspiele, drei Niederlagen: Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks sind kurz davor, den Rekord für den schlechtesten Saisonstart eines NBA-Meisters einzustellen. Schon jetzt wird gemutmaßt, dass Dallas-Besitzer Mark Cuban die laufende Saison wissentlich aufgibt, um für die Zukunft zu planen.

Jürgen Schmieder

Dirk Nowitzki guckte dieser Szene Mitte des dritten Viertels verblüfft zu, dann schüttelte er den Kopf. Es war ein Moment, so grotesk, dass er sich wahrscheinlich niemals wiederholen wird - und doch steht er stellvertretend für die Saison der Dallas Mavericks bislang: Russell Westbrook von den Oklahoma City Thunder stürmte unbeholfen auf den Korb der Mavericks zu, prallte auf drei Gegenspieler und verlor den Ball.

Denver Nuggets at Dallas Mavericks

Enttäuscht nach drei Niederlagen in drei Spielen: Dirk Nowitzki.

(Foto: dpa)

Der trudelte zu Dallas-Spielmacher Jason Kidd, der ihn sogleich hinfort tippte. In diesem Moment allerdings ruderte Center Brendan Haywood wild mit dem rechten Arm, schlug von unten auf das Spielgerät und schickte es auf eine physikalisch fragwürdige Flugbahn in den eigenen Korb.

Es war das erste Eigentor in dieser Saison, womöglich das erste Eigentor dieses Jahrzehnts in der NBA - und natürlich passierte es den Mavericks. Weil Kevin Durant auch noch der erste Buzzer Beater der Saison gelang, ein Korberfolg bei Ertönen der Schlusssirene, verloren die Mavericks in Oklahoma City mit 102:104.

Es war die dritte Niederlage im dritten Saisonspiel - sollten die Mavericks auch die nächste Partie (in der Nacht zum Samstag gegen die Toronto Raptors) verlieren, dann würden sie den Rekord der Boston Celtics aus dem Jahr 1969 für den schlechtesten Saisonstart eines amtierenden NBA-Meisters einstellen.

"Wir sind alt, langsam und außer Form", hatte Dirk Nowitzki schon vor der Partie gegen den Halbfinalisten der vergangenen Saison geklagt. Immerhin zeigten die Mavericksan diesem Abend in der Offensive eine passable Leistung. Nowitzki traf neun seiner 17 Versuche, am Ende kam er auf 29 Punkte und zehn Rebounds. Jason Terry steuerte 16 Punkte bei, Zugang Delonte West kam auf 15 Zähler und Vince Carter schaffte 1,4 Sekunden vor Schluss mit einem Drei-Punkte-Wurf die 102:101-Führung. Dann jedoch kam Durant mit seinem Verzweiflungswurf aus mehr als sieben Metern.

"Ich habe einige Verbesserungen gesehen", sagte Trainer Rick Carlisle nach dem Spiel, "doch es gibt noch einen großen Unterschied zwischen Fortschritt und der Mannschaft, die wir gerne sein möchten." Wie schon bei den Spielen gegen Miami und Denver wurde deutlich: Die Mavericks wollen ihren Titel ohne Verteidigung verteidigen - was in einer Liga, in der die alte Weisheit "Defensive gewinnt Meisterschaften" nicht nur eine plumpe Floskel darstellt, wie auch die vergangene Saison der Mavericks bewiesen hatte.

Harmlose Begleiter in der Defensive

Sie waren mehr harmlose Begleiter und entsetzte Zuseher als aggressive Verteidiger, die Akteure der Mavericks. Manchmal waren die Spieler von Oklahoma City derart ungedeckt, dass sie noch ein Buch hätten lesen können, bevor sie auf den Korb warfen. Manchmal konnten sie ungehindert zum Korb dribbeln und das Spielgerät hineinlegen. Und einmal gab es den bereits beschriebenen Eigenkorb.

108 Punkte haben die Gegner der Mavericks in dieser Saison durchschnittlich pro Spiel erzielt - in der vergangenen Spielzeit waren es zwölf Zähler weniger. Dazu haben die Mavericks Probleme, Fehlwürfe zu sichern. In den ersten drei Spielen dieser Saison erreichten die gegnerischen Mannschaften durchschnittlich zehn Rebounds mehr.

Schon jetzt wird spekuliert, ob Mavericks-Besitzer Mark Cuban durch seine Transfers die laufende Saison nicht wissentlich aufgab, um in der kommenden Pause hochkarätige Akteure zu verpflichten. Dirk Nowitzki formulierte es kürzlich freundlich: "Natürlich hätte ich gerne mit den Jungs zusammengespielt und herausgefunden, ob wir den Titel verteidigen können. Aber man muss Mark Cuban verstehen. Er hat sich so finanziellen Spielraum geschaffen, wahrscheinlich zum ersten Mal, seit er die Mavericks besitzt."

Im kommenden Jahr werden die prägenden Akteure Dwight Howard (derzeit Orlando Magic) und Deron Williams (New Jersey Nets) zu so genannten Free Agents, sie können ohne Kompensation den Verein wechseln. Cuban soll daran interessiert sein, beide Spieler nach Dallas zu holen und sie Nowitzki an die Seite zu stellen. Deshalb hatte er vor dieser Spielzeit Tyson Chandler und J.J.Barea lieber abgegeben, anstatt ihnen gut dotierte und langfristige Verträge anzubieten.

Für die Zukunft mögen die Transfers von Cuban Sinn machen, doch nun müssen die Mavericks erst einmal diese Saison absolvieren. Die nächsten Gegner sind die Toronto Raptors, die Minnesota Timberwolves und die Oklahoma City Thunder. Der schlechteste Saisonstart in der Geschichte der NBA (die New Jersey Nets verloren in der Saison 2009/10 die ersten 18 Partien) dürfte es wohl nicht werden, doch dürfte den Spielern in Dallas spätestens jetzt klar sein: Ohne Verteidigung kann man den Titel nicht verteidigen.

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