Dänemarks Fußballerinnen:330 Euro pro Spiel

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Dänemarks Fußballerinnen verzichten auf Punkte in der WM-Qualifikation, haben aber eine Debatte angestoßen.

(Foto: Imago)
  • Dänemarks Fußballerinnen streiken, weil sie ähnlich entlohnt werden wollen wie ihre männlichen Kollegen.
  • Das WM-Qualifikationsspiel gegen Schweden fällt deshalb aus.
  • Der norwegische Fußballverband hat Anfang Oktober beschlossen, seine Nationalteams ebenbürtig zu bezahlen.

Von Silke Bigalke

Als feststeht, dass das Spiel ausfällt, veröffentlicht die schwedische Nationalspielerin Kosovare Asllani ein Foto im Netz. Es zeigt das Training der Schwedinnen im leeren Stadion und ihre volle Sympathie für die Kolleginnen aus Dänemark. Gegen sie sollten die Schwedinnen am Freitagabend in Göteborg antreten. Ein Qualifikationsspiel für die Weltmeisterschaft, 8000 Karten waren bereits verkauft. Doch das Stadion blieb leer und die Däninnen zu Hause. Sie streiken für mehr Geld und fairere Bedingungen, auch im Vergleich zu den männlichen Kollegen.

Das macht sie nicht nur automatisch zu den Verlierern des Spiels, sondern im Norden auch zu Vorbildern: Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ist ein wichtiges Thema in allen skandinavischen Ländern, doch im Sport auch dort eher neu. "Ein trauriger Tag für den Frauenfußball", schreibt Kosovare Asllani neben ihr Foto. "Wir stehen 100 Prozent hinter euch." Kim Hallberg, im dänischen Verband DBU zuständig für Profifußball, ist ähnlicher Meinung, wenn auch vor anderem Hintergrund: "Ein historisch schwarzer Tag für das Frauenteam und für den dänischen Fußball insgesamt", findet er.

Sein Verband und die Spielervertreter verhandeln seit Monaten, das Frauenteam hatte mehrfach gedroht, Spiele ausfallen zu lassen. Vergangenes Wochenende spitzte sich die Krise zu, der Verband wollte nicht mehr reden. Man habe dem Team fast doppelt so viel Geld angeboten wie zuvor, insgesamt 4,6 Millionen Kronen, etwa 620 000 Euro. Doch den Spielerinnen geht es offenbar um etwas anderes. Eine Rolle spiele die Frage, ob der Verband als Arbeitgeber einspringt, erklärt Morten Crone Sejersbøl, Sportchef der Tageszeitung BC. Das wäre wichtig, wenn sie krank werden oder Mutter.

Im Sommer schaffte es das Team ins EM-Finale

Die Spielervereinigung veröffentlichte dann am Sonntag eine Zahl: Umgerechnet 1880 Euro monatlich verdienten die Nationalspielerinnen im Schnitt. Im Sommer haben sie es ins EM-Finale geschafft. Sie finden, dass sie mehr wert sind. Wie viel die Männer verdienen, ist zwar nicht öffentlich. Doch Journalist Sejersbøl kam 2015 an Zahlen aus dem Vertrag für die Männer. Die erhalten demnach je gewonnenem Qualifikationsspiel umgerechnet mehr als 2600 Euro, plus Prämie pro Zuschauer im Stadion. Die Frauen verdienten derzeit etwa 330 Euro pro Spiel.

Eine Lücke, die nicht nur im dänischen Fußball klafft. Die schwedische Spielergewerkschaft schaut nun fast neidisch auf das kleine Nachbarland. Schweden sieht sich gerne als Vorreiter in Genderfragen, der Premierminister des Landes nennt sich einen Feministen, die Regierung richtet derzeit eine Behörde für Geschlechtergerechtigkeit ein. Auch im schwedischen Fußball wolle man gleiche Bezahlung für Frauen und Männer, sagt ein Sprecher des Spielerverbandes. Ein Streik sei bisher aber nicht geplant.

"Frauen im Sport treten heute anders für ihre Rechte ein als noch vor drei Jahren", sagt Isabelle Widmark, Vorsitzende der schwedischen Organisation Fairpay. Die versucht etwa, Unternehmen zu überzeugen, Sportler und Sportlerinnen gleichermaßen zu sponsern. Widmark kennt das Argument, dass Männerspiele mehr Zuschauer, mehr Aufmerksamkeit, mehr Werbewert hätten. "Wir sehen nun, dass Unternehmen auch in andere Werte investieren wollen als nur Publicity."

Norwegens Verband bezahlt seine Nationalteams gleich

Wie viel positive Presse es einbringen kann, wenn man die Bezahllücke schließt, erfährt derzeit der norwegische Fußballverband. Der beschloss Anfang Oktober, seine Nationalteams gleich zu bezahlen. Die Summe für die Frauen verdoppelte er von 3,1 auf sechs Millionen Kronen (etwa 640 000 Euro). Die Männer haben dafür von ihren 6,5 Millionen eine halbe Millionen abgegeben. Schon war die Lücke weg.

"Für die männlichen Spieler war der Betrag fast symbolisch", sagt Joachim Walltin, Chef des norwegischen Spielerverbands. Die meisten verdienen ihr Haupteinkommen in den Klubs, nicht in der Nationalelf. Die Frauen dagegen studierten nebenher oft und arbeiteten in anderen Jobs, um über die Runden zu kommen. "Jetzt müssen sie vielleicht nicht mehr alles drei machen", sagt Walltin.

Auch in Dänemark hat das Männerteam angeboten, den Frauen eine halbe Million Kronen abzugeben. Das löst das Problem aber nicht. Denn es dreht sich in Dänemark wohl auch um fehlendes Vertrauen zwischen Spielern und Verband. Bereits bei den Verhandlungen mit den Männern 2014 gab es viel Streit. Auch damals drohte das Team, Spiele abzusagen.

Hauptproblem sei also gar nicht die Geschlechtergerechtigkeit, sagt Reporter Sejersbøl, "aber für den Spielerverband ist es gut, diese Karte zu spielen." Am Dienstag spielen die Däninnen gegen Kroatien, doch der Friede dürfte von kurzer Dauer sein. Schon am Mittwochmorgen soll weiterverhandelt werden.

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