Curling:Unter anderen Umständen

Curling - Winter Olympics Day 2

Die Olympischen Winterspiele vor Augen: Bei der Curling-WM in Calgary kann sich das Füssener Team Totzek bereits qualifizieren.

(Foto: Richard Heathcote/Getty)

Bei der Männer-Weltmeisterschaft in Calgary bemüht sich das Curling um die Rückkehr zur Normalität. Dass das derzeit gar nicht so leicht ist, zeigt das Beispiel der deutschen Auswahl.

Von Celine Chorus

Wenn Dominik Greindl und seine Teamkollegen das Eisstadion im einstigen Olympiaort Calgary in Kanada betreten, wird das für die deutschen Nationalspieler auch ein wenig wie der Eintritt in ein Paralleluniversum sein. Denn in einer der Hochburgen des Curlings spielen zu dürfen, bedeutet für sie auch, dass sie rund um die Uhr auf den Fernsehbildschirmen des Landes zu sehen sind. In Deutschland, wo ihre Sportart nur alle vier Jahre bei den Winterspielen zum Thema wird, nicht auszudenken: "Wir dürfen uns davon nicht ablenken lassen", sagt der Spieler des CC Füssen über die besondere Situation, "deswegen arbeiten wir auch mit einem Psychologen, um darauf vorbereitet zu sein."

In Zeiten der Pandemie steht die Curling-Weltmeisterschaft von 2. bis 11. April aber ohnehin unter besonderen Vorzeichen. Im Markin MacPhail Centre, hinter dessen Fassade man eher eine moderne High School als das nationale Trainingszentrum im Wintersport vermuten würde, ist das Curling um die Rückkehr zur Normalität bemüht. Diese kann allerdings nur gelingen, wenn eine Ansteckung unter den Beteiligten verhindert wird: So hat sich die deutsche Mannschaft schon zwei Wochen vor der Abreise in Isolation begeben. In Kanada dürfen die Spieler ihre Einzelzimmer nun erst nach fünf Tagen in Quarantäne verlassen.

Deutschland kann sich bei der Curling-WM die Olympia-Teilnahme sichern

Ähnlich wie der Neustart der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA soll auch die Curling-WM in einer Blase stattfinden. Zum Schutz der Spieler hat die World Curling Federation (WCF) strenge Regularien erlassen: Alle Beteiligten werden während der Quarantäne regelmäßig getestet und müssen auch im Anschluss mehrfach täglich Fieber messen. Zudem dürfen die Spieler nur zwischen dem Hotel und der Arena - in der keine Zuschauer erlaubt sind - pendeln. Außerhalb der Eisfläche müssen sie eine Maske tragen. "Deshalb sehe ich nur eine äußerst geringe Gefahr, dass wir uns während des Turniers infizieren könnten", sagt Greindl.

CC füssen Dominik Greindl Curling

Das deutsche WM-Team im Curling: Dominik Greindl, Joshua Sutor, Marc Muskatewitz, Sixten Totzek (v.l.n.r.).

(Foto: Team Totzek/CC Füssen/OH)

Es wird keine normale WM für sein Team, das ist klar, aber immerhin wird sie in einer Randsportart wie Curling trotz Pandemie ausgetragen. "Die Veranstalter möchten es nach Möglichkeit vermeiden, dass manche Nationen nicht starten können", sagt der 32 Jahre alte Greindl. Denn nachdem schon die für 2020 in Glasgow geplante WM wegen des Coronavirus ausfallen musste, hat die WCF die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2022 in Peking modifiziert: Nur eine Weltmeisterschaft - statt wie bisher zwei Turniere - bildet die Basis. Die besten sechs Mannschaften qualifizieren sich direkt. Die restlichen Plätze werden über ein zusätzliches Turnier im Dezember vergeben.

Mit der direkten Qualifikation für die Winterspiele würde Greindl ein großes Ziel erreichen: In der Konstellation mit Joshua Sutor, Marc Muskatewitz (alle CC Füssen) und dem neuen Kapitän Sixten Totzek (Baden Hills) spielt Greindl erst seine zweite Saison. Die Teilnahme an der WM hat sich die deutsche Curling-Auswahl durch den siebten Platz bei der EM 2019 im schwedischen Helsingborg gesichert. Nun möchte sie mit dem Einzug in die WM-Playoffs den nächsten Entwicklungsschritt machen: "Deutschland hatte in den letzten Jahren eine kleine Durststrecke", sagt Greindl, "durch den Erfolg wollen wir das Curling bekannter machen."

Das Geheimnis des Sports liegt für Greindl im blinden Verständnis zwischen den Spielern

Um Deutschland bei der Curling-WM vertreten zu dürfen, musste die Mannschaft in der Vorbereitung allerdings einige Hürden nehmen. Als einer der kleinsten Verbände im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hat das Curling einen entsprechend geringen Etat zur Verfügung. Um sich den Leistungssport finanzieren zu können, müssen Spieler wie Greindl einem weiteren Beruf nachgehen und auf die Unterstützung ihres Arbeitgebers hoffen. "Wir haben seit Anfang des Jahres immer von Donnerstag bis Sonntag trainiert", erzählt er: "Ende Februar habe ich mich für sechs Wochen freistellen lassen."

Seitdem hatte sich die Auswahl im Bundesleistungszentrum in Füssen einquartiert, tägliche Trainingseinheiten auf dem Eis und im Kraftraum sollen die Grundlagen für den Erfolg legen. Doch das Geheimnis des Sports, der wegen seiner taktischen Möglichkeiten auch Schach auf dem Eis genannt wird, liegt für Greindl eher in dem blinden Verständnis zwischen den Spielern. Insofern habe es ihnen sehr geholfen, sich in der Vorbereitung auch außerhalb des Eisstadions besser kennenlernen zu können: "Im Curling", sagt Greindl, "ist es ein bisschen, wie mit Freunden unterwegs zu sein."

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