Bayern-Zugang Cuisance:Musik im Münchner Mittelfeld

FC Bayern Muenchen Training Session

Trainer Niko Kovac (M.) mit den Bayern-Zugängen Michaël Cuisance (l.) und Coutinho.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die Verpflichtung von Michaël Cuisance, der an diesem Dienstag offiziell vorgestellt worden ist, gibt Bayern-Trainer Niko Kovac mehr Optionen.
  • Allerdings stehen für die drei zentralen Mittelfeldpositionen im aktuellen System nun acht Spieler zur Verfügung.
  • Den Wechsel begleiten weiter kritische Töne: "Auf eine Art und Weise, die unangenehm war" habe die Cuisance-Partei Druck auf den Klub ausgeübt, sagte Gladbachs Sportchef Max Eberl am Dienstag der SZ.

Von Benedikt Warmbrunn

Zum Empfang umgibt das Vereinsgelände des FC Bayern München ein nasses Grau. Die Wolken hängen tief, die Regentropfen fallen mal defensiver, mal offensiver, aber sie fallen pausenlos. Dennoch stehen die Menschen in mehreren Reihen um den Trainingsplatz herum, viele ausgerüstet mit einem Regenschirm - ein Accessoire übrigens, das überraschenderweise im Fanshop der Bayern nicht begehrt zu sein scheint; sollten rot-weiße Schirme da sein, so verstecken sie sich gut. 1500 Menschen, gibt der Verein später bekannt, kommen am Dienstagvormittag zum Training, die meisten, um einen zu sehen: Philippe Coutinho, 27, für ein Jahr ausgeliehen vom FC Barcelona, der erstmals mit seinen neuen Mitspielern trainiert.

Auf Coutinho haben sie sich im kleinen Fanshop am Trainingsplatz gut vorbereitet; dort hängt prominent ein Trikot von Manuel Neuer, dazu dreimal das von Coutinho. Einmal in Rot, einmal in Weiß, einmal in Nachtblau. Begehrter als das Trikot des Brasilianers ist jedoch erst einmal seine Unterschrift, und als das Training vorbei ist, kommt der Mittelfeldspieler tatsächlich zu den Fans. Und schreibt minutenlang. Als alle anderen in der Kabine verschwunden sind, steht Coutinho immer noch draußen bei den Fans und schreibt. Am Ende applaudieren die Zuschauer.

Der FC Bayern, dessen Transferstrategie in diesem Sommer lange wie ein großes Zaudern gewirkt hat, hat am Wochenende also einen Spieler verpflichtet, der schnell zum neuen Liebling geworden ist. Coutinho, so haben das am Montag bei der Vorstellung Klubboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic betont, sei der Spieler, der beim FC Bayern nun für Spektakel sorgen soll. Schon bei seinem ersten Auftritt in Trainingsausrüstung ist dieses Spektakel so groß, dass fast in Vergessenheit gerät, dass noch ein anderer Spieler seine erste Einheit absolviert.

Eine knappe halbe Stunde nach Trainingsende sitzt Michael Cuisance im Pressestüberl des FC Bayern, neben ihm Salihamidzic. Der 20 Jahre alte Franzose kam ebenfalls am Wochenende, aus Mönchengladbach, für zehn Millionen Euro. Cuisance ist jedoch kein Spieler, der die Zuschauer zum Raunen bringen soll, nicht sofort zumindest, er ist einer der Zugänge, die dem Kader erst mal Tiefe geben. Die Dimension des Transfers umschreibt Cuisance zu Beginn selbst, in französisch eingefärbtem Deutsch: "Ich bin sehr glücklich bei Bayern München zu sein, ja, und das war's."

Mit den Verpflichtungen von Coutinho und Cuisance hat der FC Bayern innerhalb weniger Stunden seine Transferaktivitäten für den Sommer abgeschlossen, wenngleich die Verantwortlichen sich weigern, weitere Wechsel auszuschließen. "Man kann jetzt zu diesem Zeitpunkt sagen, dass wir sehr zufrieden sind, welche Hochkaräter wir nach München geholt haben", sagt Salihamidzic. "Ich glaube, dass wir eine Mannschaft haben, die auf dem internationalen Markt sehr, sehr gut ist."

Es sind Sätze, die sich eher auf Coutinho beziehen. Cuisance dagegen ist ein Wechsel, an dem sich zeigen wird, ob auch die Balance in der Mannschaft passt.

In der Rückrunde hatte Trainer Niko Kovac meist nur auf 13, 14 Spieler gesetzt, was das Spiel der Elf mitunter durchschaubar machte. Cuisance gibt dem Trainer nun mehr Optionen. "Er ist ein Spieler, der im Mittelfeld alle Positionen spielen kann, ein sehr kreativer Spieler, der einen guten linken Fuß hat, da ist richtig Musik drin", sagt Salihamidzic. Die Frage ist nur, von wo aus diese Musik nun gespielt werden soll.

"Für die Kabine war es besser so", sagt Max Eberl über den Cuisance-Wechsel

Im Mittelfeldzentrum hat Kovac die Auswahl zwischen Coutinho, Cuisance, Thomas Müller, Leon Goretzka, Thiago, Corentin Tolisso, Javier Martínez, Renato Sanches; zudem spekulieren Rechtsaußen Serge Gnabry und Rechtsverteidiger Joshua Kimmich auf eine zentrale Position. All diese Spieler haben eigene Fähigkeiten, doch von diesen acht (bzw. zehn) können im aktuellen System nur drei spielen. Einer der acht, Sanches, hat nach dem Liga-Auftakt bereits deutlich die Freigabe für einen Wechsel gefordert. Angesprochen auf Sanches sagt Salihamidzic nun allgemein: "Wir werden uns alle Optionen offen lassen bis zum 2. September", bis zum Ende der Wechselfrist. Im Zentrum des Spiels wird sich also zeigen, ob der Kader abwechselnde Dosierungen zulässt. Ob sich daraus Kreativität und Spannung gewinnen lässt - oder ob das Unruhepotenzial steigt.

Woher er nach einer durchwachsenen Saison in Gladbach das Selbstvertrauen nehme, sich in diesem Kreis durchzusetzen, wird der Zugang am Dienstag gefragt. Bevor Cuisance antworten kann, antwortet Salihamidzic für ihn: "Er hat schon gezeigt, dass er sich in der Bundesliga behaupten kann. Er hat eine super Mentalität, er ist mutig." Der Sportdirektor klopft seinem Spieler kräftig auf den Rücken.

Der Franzose soll kein unzufriedener Spieler werden beim FC Bayern, jedenfalls nicht so, wie er das am Ende in Gladbach war. "Auf eine Art und Weise, die unangenehm war" habe die Cuisance-Partei Druck auf den Klub ausgeübt, bekräftigte Gladbachs Sportchef Max Eberl am Dienstag gegenüber der SZ. Cuisance, von Gladbachs Ex-Trainer Dieter Hecking tatsächlich zunehmend ignoriert, habe sich auf einen neuen Weg mit dem neuen Trainer Marco Rose nicht mehr einlassen wollen, am Ende ließen ihn die Gladbacher schweren Herzens ziehen. "Sportlich macht mich sein Abschied überhaupt nicht froh", sagt Eberl, "aber wir hatten keine Wahl. Für die Kabine war es besser so." Heißt übersetzt: für die Stimmung im Team.

Er wolle immer oder fast immer spielen, soll Cuisance in Gladbach gefordert und nebenbei die heilige Rückennummer "10" für sich reklamiert haben. Knapp daneben: In München trägt er jetzt die "11".

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