FC Liverpool:Offiziell zwickt Coutinhos Leiste

Premier League - Liverpool vs Leicester City

Will endlich beim FC Barcelona unterkommen: der Brasilianer Coutinho.

(Foto: Action Images via Reuters)
  • Regisseur Coutinho könnte noch in diesem Winter zum FC Barcelona wechseln.
  • Im Raum steht eine aberwitzige Ablösesumme von mehr als 150 Millionen Euro.
  • Auch an Coutinhos aktueller Verletzung gibt es Zweifel.

Von Javier Cáceres

Am Freitag steht am River Mersey ein Derby an: Der FC Liverpool empfängt in der dritten Runde des FA Cups den Stadtrivalen FC Everton. Aus diesem Anlass ließe sich ein berühmter Aphorismus des legendären Liverpool-Trainers Bill Shankly (1913 - 1981) bemühen: Shankly scherzte, dass er bei Langeweile am liebsten die Tabelle herunterlese, um zu prüfen, wo der FC Everton steht. Zurzeit wäre es Shankly eine Wonne: Everton steht auf Rang neun, Jürgen Klopps FC Liverpool hingegen auf dem vierten Tabellenplatz.

Die Debatten in Liverpooler Pubs kreisen zurzeit aber weniger um die Feindschaft der beiden Klubs als eher um den Brasilianer Philippe Coutinho, 25. Denn die Hinweise verdichten sich, dass der alte Traum des Offensivspielers, beim spanischen Erstligisten FC Barcelona anzuheuern, noch in diesem Januar Realität werden kann.

Was wird aus Coutinho?

Offiziell ist noch nichts. Aber es gibt diverse Indizien, die von den Fachmedien in England und Katalonien zu Beweisketten verknüpft werden. Mal hieß es, Coutinho lasse ein Haus an der Mittelmeerküste suchen, wo er im Jahr 2012 schon einmal wohnte, als er leihweise bei RCD Espanyol Barcelona spielte. Vor ein paar Tagen jagte dann ein Sportartikelkonzern eine Meldung ins weltweite Netz, die geneigte Kundschaft könne bereits ein Barcelona-Trikot mit Coutinhos Namen ordern. Das sorgte deshalb für Aufsehen, weil der betreffende US-Konzern sowohl Barcelona als auch Coutinho ausstattet.

Die offenbar versehentlich versendete Nachricht wurde zwar flugs gelöscht. Doch umgehend befeuerte eine Verletzung, die Fragen aufwirft, die Gerüchte aufs Neue: Zunächst fehlte Coutinho bei Liverpools Neujahrs-Sieg in Burnley (2:1); am Mittwoch sickerte dann durch, dass Coutinho auch das Spiel am Freitag verpassen wird - ausgerechnet das Derby gegen Everton. Zwickt ihn wirklich die Leiste? Oder leidet er an einer mysteriösen Malaise namens "akute Transferitis"?

Schon während der Transferperiode im Sommer hatte Trainer Klopp die Abwesenheit Coutinhos beklagen müssen, die offiziell der Gesundheit, in Wahrheit aber wohl dem Wechselwillen des Brasilianers geschuldet war. Zur gleichen Zeit wie der damalige Dortmunder Stürmer Ousmane Dembelé war auch Coutinho im Sommer in eine Art Streik getreten, um sich aus seinem bis 2022 laufenden Vertrag mit Liverpool zu lösen. Während der Franzose Dembelé sich durchsetzen und nach Barcelona wechseln durfte (nach viermonatiger Verletzung steht er Barça am Donnerstag im Pokal in Vigo wieder zur Verfügung), blieb Liverpool hart: Der Premier-League-Klub verweigerte die Verhandlung mit Barça.

Zähneknirschend und verspätet, aber mit beeindruckendem Elan startete Coutinho dann in der Saison 2017/18 durch. Angespornt durch den Gedanken, dass am Ende der Spielzeit die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ansteht und die Plätze in Brasiliens WM-Kader umkämpft sind, kam er in 25 Pflichtspielen auf 15 Treffer und acht Vorlagen. Darunter sind auch fünf Treffer in vier Champions-League-Spielen, die den möglichen Transfer noch abwegiger erscheinen lassen. Denn wegen seiner Einsätze für den FC Liverpool darf Coutinho in dieser Saison nicht für einen anderen Klub in der Königsklasse spielen - also auch nicht für Barça.

Ein aberwitziger Preis steht im Raum

Das lässt Coutinhos Preis noch aberwitziger erscheinen, als er ohnehin werden dürfte. Dem Vernehmen nach ist Barcelona bereit, inklusive leistungsbezogener Zusatzzahlungen mehr als 150 Millionen Euro zu bieten; in England heißt es, Liverpool sei bereit, eine solche Summe als Fixum zu akzeptieren. Sollte Coutinho wechseln, dürfte er nicht nur der teuerste Barça-Einkauf der Geschichte werden - sondern hinter Neymar und Kylian Mbappé, die seit Sommer für Paris St.-Germain spielen, auch zum bisher drittteuersten Transfer überhaupt aufsteigen.

Für Neymar erhielt Barcelona im August 222 Millionen Euro; für den zurzeit von Monaco offiziell ausgeliehenen Mbappé muss PSG im Sommer 180 Millionen Euro zahlen. Coutinho selbst soll sich mit Barça auf ein Jahreshonorar von 14 Millionen Euro - netto - geeinigt haben. Bemerkenswert wäre das Geschäft aber schon deshalb, weil der FC Barcelona seit dem Jahreswechsel 2010/11 nicht mehr auf dem Wintertransfermarkt einkaufen war. Damals kam der später zum FC Schalke verliehene, dauerverletzte niederländische Stürmer Ibrahim Afellay.

"Wir stehen Verbesserungen offen gegenüber. Im Rahmen des Möglichen werden wir Verpflichtungen tätigen", sagt nun Barcelonas Trainer Ernesto Valverde. Dass der Klub bereit ist, so tief in die Tasche zu greifen, erklärt sich aber weniger durch die aktuelle Lage als durch die nahe Zukunft: Coutinho wird bei Barça als der Mann gehandelt, der am ehesten den umjubelten Barça-Kapitän Andrés Iniesta ersetzen kann. Der ist 33 Jahre alt und rückt der Rente immer näher. Das Alter anderer Leistungsträger gilt in Barcelona auch als Argument dafür, im Sommer weitere 100 Millionen Euro für den Franzosen Antoine Griezmann (Atlético Madrid) zu zahlen.

In beiden Fällen halten sich die Barça-Offiziellen bedeckt, aber am Thema Coutinho kommen sie kaum noch vorbei. "Er ist ein Spieler eines anderen Klubs", betonte Trainer Valverde zwar bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Zu einem Lob ließ er sich dennoch hinreißen: Coutinho sei "ohne Zweifel ein guter Spieler". Ob er schon bald das Trikot Barças trägt, werde die Zeit weisen. "Was kommt, das kommt", erklärte der Trainer der Katalanen.

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