Corona-Maßnahmen:Freizeitsportler trifft es besonders hart

Kinder spielen Fußball

Der Amateur- und Freizeitsport muss vorerst stillstehen - nur Individualsport wie Joggen ist noch erlaubt

(Foto: dpa)

Durch die neuen Corona-Maßnahmen könnten immer mehr Menschen den Zugang zum Sport verlieren. Warum sollen Kinder, die morgens in der Schule eh beisammen sind, nicht nachmittags kicken dürfen?

Kommentar von Johannes Aumüller

In der Fußball-Bundesliga herrscht jetzt große Enttäuschung, aber andererseits ist es so: Die Fußball-Bundesliga kommt in der deutschen Sportlandschaft noch am besten weg nach den neuen, gravierenden Corona-Beschlüssen. Zwar ist es ein atmosphärischer Rückschlag, wenn im November keine Zuschauer erlaubt sind statt der zuletzt wenigen Hundert oder Tausend. Aber finanziell ist das nur bedingt von Belang, und der Spielbetrieb als solcher geht weiter wie gehabt.

Viel einschneidender sind die Beschlüsse auf den Ebenen darunter, und ganz besonders ganz unten: an der Basis, im Amateur- und Freizeitsport. Beim Deutschen Fußball-Bund etwa sind sieben Millionen Menschen in 25 000 Vereinen organisiert, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gibt es 27 Millionen Mitgliedschaften in fast 90 000 Vereinen. Die müssen alle für vier Wochen ihre Angebote einstellen; nur noch Individualsport wie Joggen ist erlaubt. "Sportdeutschland", wie das so gerne heißt, steht weitgehend still, das wird beträchtliche Folgen haben.

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Es kommt manchmal etwas pathetisch daher, wenn der DOSB die Vereine als "soziale Tankstellen" des Landes preist. Und es gibt sicher auch Personen, welche die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft geschickter darstellen und auch politisch besser verankern können als der aktuelle DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Aber diese Bedeutung ist nun einmal immens: als Ort der Begegnung und der Bewegung, gerade bei Kindern und Jugendlichen. Das Land leidet ohnehin schon an Bewegungsmangel, jetzt verschärfen staatliche Verordnungen ihn noch: durch das Stilllegen der Vereine.

Wie in vielen anderen Bereichen des Lebens, etwa in der Gastronomie oder im Kulturbetrieb, gibt es auch an der Sportbasis große Irritationen über die Beschlüsse - und Angst vor den Folgen. Aber die Probleme, die im Freizeitsport drohen, lassen sich nur bedingt durch irgendeinen Corona-Topf abfedern. Hier besteht tatsächlich, wie vom DOSB angemahnt, die Gefahr, dass etablierte Strukturen "erheblichen Schaden nehmen oder komplett verloren gehen". Dass sich Menschen aus dem Vereinsleben zurückziehen; dass Kinder und Jugendliche den Zugang zum Sport verlieren, wenn nach der ersten verordneten Sportpause im Frühjahr nun noch eine kommt, von der niemand weiß, wie lange sie wirklich dauert.

Selbst in kleinsten Dorfvereinen sind zuletzt mühevoll Konzepte erstellt worden, um zumindest irgendwie Sport zu ermöglichen. Man hat das mit Blick auf die Abstands- und Hygieneregeln getan, aber auch in dem Bewusstsein, dass nach allem, was man weiß, Sport kein Infektionstreiber ist und Aerosole sich im Freien schneller verflüchtigen.

Ja, es gibt Sportarten, für die gerade nicht die Zeit ist, und Sportanlagen, auf denen ein sinnvolles Konzept nicht umsetzbar ist. Aber warum soll es vor dem bisher bekannten wissenschaftlichen Hintergrund unter Wahrung der Hygieneregeln nicht möglich sein, in einer luftigen Halle ein Tennis-Einzel zu absolvieren? Und warum sollen die Zehnjährigen, die morgens in der Schule ohnehin beisammen sind, nicht nachmittags auf dem Platz ein wenig kicken dürfen? Und sei es nur, wie schon einmal im Frühsommer, in einem eingeschränkten Corona-Modus, in dem nur kontaktlose Lauf-, Pass- und Torschussübungen erlaubt sind?

Die Politik sonnt sich gerne im Glanz des Profisports. Den Wert des Amateur- und Freizeitsports für die Gesellschaft schätzt sie offenkundig nicht genügend.

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