Corona-Management:Hände weg vom Kindersport

Schwimmkurs für Kinder in München

Kinder beim Schwimmen im Münchner Westbad.

(Foto: Catherina Hess/Catherina Hess)

Die Corona-Lage erfordert strengere Maßnahmen. Aber es wäre fatal, wenn diese erneut den Kinder- und Jugendsport beeinträchtigen würden.

Kommentar von Johannes Aumüller

Zumindest in Bayern hat sich schon in der vergangenen Woche gezeigt, wozu die aktuelle Corona-Lage im Kinder- und Jugendsport führen kann. Da war der Basketballverein, der ein paar Teenager wieder auslud; auch der Handballklub, der das Training gleich ganz absagte, um kein Kind ausschließen zu müssen. Und das, weil die bayerische Regierung beschlossen hatte, dass die 2-G-Regel ab zwölf Jahren gilt - also auch ältere Kinder und Jugendliche geimpft oder genesen sein müssen, um am Vereinssport teilzunehmen.

Nach lautem Protest hat Bayern nun zwar eine Übergangsfrist bis zum Jahresende ersonnen, und in den meisten Bundesländern schreckten die Verantwortlichen vor der 2-G-Schranke für dieses Alter noch zurück. Allenfalls vereinzelt greifen Vereine aufgrund der Umstände vor Ort von sich aus darauf zu. Aber es ist doch ein großes Angstszenario, dass es wieder zu flächendeckenden Einschränkungen im Kinder- und Jugendsport kommt - und das wäre fatal.

Monatelang wurde gemahnt und versprochen, dass Kinder und Jugendliche nicht wieder unter den Maßnahmen leiden dürften. Nun ist der Moment da, in dem die Politik aufgrund der Lage und der viel zu geringen Impfquote zwar strengere Maßnahmen ergreifen muss; zugleich sollte sie das Versprechen an die Kinder und Jugendlichen einlösen. Das gilt zuvorderst für die Schule, aber eben auch mit Blick auf die Freizeit: vom musikalischen Engagement bis zum Sport.

Schon in den beiden ersten Pandemie-Pausen verabschiedeten sich viele Kinder und Jugendliche vom Sport

Zu Recht hat der Deutsche Olympische Sportbund am Dienstag eine "Privilegierung des Kinder- und Jugendsports" gefordert - und angeregt, getestete Kinder und Jugendliche mit Geimpften und Genesenen gleichzustellen. Die beiden bisherigen Vereinssport-Pausen hatten bereits gravierende Folgen, unter anderem, weil sich viele Kinder vom Sport verabschiedeten. Eine dritte Pause würde dies nochmals verschärfen.

All das Schlechte im organisierten Sport ändert ja nichts daran, welche Bedeutung dem Sport an der Basis zukommt. Vereinssport ist auch etwas anderes als der Besuch eines Spaßbades. Gerade in den Pandemietagen zeigt sich dessen integrative Kraft, und es wäre eine bittere Ironie, dass ein 2-G-Bann besonders viele Kinder träfe, bei denen dieser integrative Aspekt eine besondere Rolle spielt. Nicht von ungefähr hat die Ständige Impfkommission zwar die Impfung für die Altersgruppe von zwölf bis 17 Jahren empfohlen, sich aber dagegen ausgesprochen, dass die Impfung eine Voraussetzung für soziale Teilhabe sein soll.

Schon vor Corona gab es bei Kindern und Jugendlichen einen gravierenden Bewegungsmangel

Der zweite große Punkt: die Bewegung. Ärzte und Pädagogen im Land klagen, wie unbeweglich und träge die Kinder und Jugendlichen geworden sind. Wobei man sagen muss: Corona hat dies freilich nur verstärkt. Schon vor der Pandemie war der Bewegungsmangel dramatisch. Der DOSB selbst, der nun eine - welch schräges Wort - "Bewegungsgarantie" fordert, musste sich zuletzt von einer internen Arbeitsgruppe vorhalten lassen, das Thema nicht genügend beachtet zu haben.

Im Übrigen hätte es auch Konsequenzen für Geimpfte, sollte die 2-G-Regel auch Kinder und Jugendliche treffen. Hand-, Basket- und Volleyballer zum Beispiel brauchen nun mal eine gewisse Zahl an Spielern, und viele Teams im Kinder- und Jugendbereich bekämen diese nicht mehr zusammen, sollten 50 Prozent der Zielgruppe - das ist ungefähr die aktuelle Quote der Ungeimpften bei Zwölf- bis 17-Jährigen - nicht mehr mitmachen dürfen. Kinder können nun mal nur wenig dafür, wie sich ihre Eltern, aus welchen Gründen auch immer, beim Impfthema entscheiden. Und noch viel weniger können sie dafür, wie sich die Eltern ihrer Mitspieler entscheiden. Die Politik sollte es als ausreichend empfinden, wenn die Kinder regelmäßig getestet zum Sport kommen.

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