Confed Cup:Timo Werner ist einer der größten Gewinner

  • Timo Werner wird beim Confed Cup Torschützenkönig - vor seinen Mitspielern Leon Goretzka und Lars Stindl.
  • Werner hat sich im Laufe des Turniers noch einmal kräftig entwickelt.
  • Selbst in einem Fußballdeutschland ohne geschonte Spieler darf er künftig auf einen Platz in der Startelf hoffen.

Von Johannes Aumüller, Sankt Petersburg

Timo Werner hat sich vor diesem Finale von Sankt Petersburg mit durchaus kniffligen Themen beschäftigen müssen. Ob er denn nicht daran denke, der Torschützenkönig des Turnieres werden zu können, hat ihn die FAZ gefragt. Natürlich hat der Leipziger diesen Gedanken in der klassischen Manier abgetan, in der das mediengeschulte Leistungssportpersonal von heute derartige Vorhalte nun mal abtut: mit dem Verweis darauf, dass ihm solch ein Gedanke natürlich völlig fremd sei und allein der Gedanke an den Turniersieg zähle.

Dabei legen doch die einschlägigen Erfahrungen der Fußballgeschichte die Annahme nahe, dass sich selbst bei Angreifern der untersten Petersburger Amateurliga der Gedanke an einen möglichen Status als Schützenkönig eines Turniers nicht ganz ausblenden lässt.

Werner hat sich kräftig entwickelt

Es habe in diesem 21-Mann-Kader von Russland nur Gewinner gegeben, hat Joachim Löw bereits am Tag vor dem Finale festgestellt. Aber Timo Werner, 21, darf sich sicher als einer der größten Gewinner fühlen. Selbst in einem Fußball-Deutschland ohne verletzte oder geschonte Spieler klänge es nicht mehr völlig verwegen, ihn in einer möglichen Löw'schen Startformation für den Platz ganz vorne einzutragen. Das liegt natürlich daran, dass es auf seiner Position neben jenen flexiblen Herren, die als mehr oder weniger falsche Neun zum Einsatz kommen können, nur den Haudegen Mario Gomez als klassische Mittelstürmer-Alternative gibt. Aber es liegt auch daran, dass sich dieser Timo Werner noch einmal kräftig entwickelt hat.

Er ist nach dem Spiel gegen Chile tatsächlich als bester Torschütze des Turnieres geehrt worden - auch wenn er im Finale diesmal kein Tor erzielt hatte. Er hat zwar nicht sein bestes, aber immer noch ein sehr starkes Spiel gemacht, und es waren mal wieder viele typische Werner-Elemente in diesen 90 Minuten zu sehen. In der ersten Hälfte rannte er erneut so viel und insbesondere so schnell, als gedenke er den Kurier-Job des Zaren demnächst zu Fuß zu erledigen. Einmal musste er sich auch vom chilenischen Innenverteidiger Gonzalo Jara (früher mal Mainz 05) ordentlich checken lassen.

Aber als er in der 20. Minute seine erste echte Aktion hatte, da bewies er, dass er nicht nur über einen sehr ordentlichen Instinkt für den Standort des Tores besitzt, sondern auch noch über ein paar andere Fähigkeiten verfügt. Aufmerksam lief er bei einem schwachen Abspiel den chilenischen Defensivspieler Marcelo Diaz (früher mal Hamburger SV) an und eroberte den Ball.

Knapp gewinnt Werner den Torjägertitel

Den Abschluss suchte er dann nicht selbst, sondern korrekterweise legte er dem Nebenmann Lars Stindl auf, der das 1:0 erledigte - und damit wie Werner und Leon Goretzka auf drei Turniertreffer kam. Drei-, viermal setzte sich Werner danach noch in Szene, mit kleinen geistesgegenwärtigen Handlungen oder ordentlichen Sprints, aber ohne echte Torchance. Und irgendwann wirkte er auch recht aufgerieben ob der vielen Lauferei - und wurde nach 79 Minuten ausgewechselt.

Es gehört zu den Kuriositäten dieses Turnieres, dass nur fünf Akteure mehr als ein Tor geschossen haben - und dass ausschließlich deutsche Spieler mindestens dreimal trafen. So war dann spätestens nach Stindls Tor zumindest für all jene, die zwischendurch doch mal an den Torschützen-Titel dachten, ein Blick aufs Reglement vorteilhaft. Denn die Fifa macht sich bei solch einem Turnier zwar nicht so viele Gedanken über Regularien für vermeidbare Kosten oder die Menschenrechtslage im Ausrichterland, aber ganz gewiss über das Reglement zur Bestimmung des besten Torschützen.

Das wiederum legt fest, dass nicht mehrere Spieler gleichzeitig einen solch dollen Torschützenkönig-Titel gewinnen dürfen. Stattdessen sieht es vor, dass bei Torgleichheit zunächst die Zahl der Vorlagen zählt. Kriterium Nummer drei wäre dann nicht etwa die Zugehörigkeit zu einem Verein, der mit einem russischen Energiekonzern auf der Brust aufläuft, was für den Gazprom-Schalker Leon Goretzka gesprochen hätte, sondern die geringere Anzahl an gespielten Minuten. Sowohl in Sachen Vorlagen wie auch in Sachen Spielminuten war Werner mit einem kleinen Vorsprung ins Spiel gegangen. Und den hielt er auch nach seiner Auswechslung, weil Goretzka seine letzte Chance nicht nutzte.

Timo Werner hätte es anders als ein Petersburger Amateurkicker wohl tatsächlich verschmerzen können, falls es anders gekommen wäre. Aber wenn er nach der Russland-Reise und der anstehenden Sommerfrische zu seinem Klub nach Leipzig zurückkehrt und sich wieder als so instinktsicher erweist wie in der vergangenen Liga-Saison sowie in diesen Confed-Cup-Tagen, dann werden seine Gegner sicher nicht mehr Lars Stindl oder Leon Goretzka heißen, sondern eher Pierre-Emerick Aubameyang oder Robert Lewandowski. Aber darüber macht er sich bestimmt auch keine Gedanken.

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