Comeback von Lindsey Vonn:Nur noch Training und Golfplatz

U.S team member Woods celebrates with girlfriend Vonn after Woods won his match and the U.S. won the Presidents Cup on the18th hole in the 2013 Presidents Cup golf tournament at Muirfield Village Golf Club in Dublin

Derzeit oft auf dem Golfplatz: Lindsey Vonn mit ihrem Freund Tiger Woods

(Foto: REUTERS)

Wenn sie nicht ihren Freund Tiger Woods begleitet, trainiert und trainiert sie: Acht Monate nach ihrem schweren Sturz bei der Ski-WM in Schladming ist Lindsey Vonn zurück in Österreich - und überlegt, bereits beim Saisonstart in Sölden ihr Comeback auf der Piste zu geben.

Von Michael Neudecker

Alex Hödlmoser ist über eine Treppenstufe gestolpert, er ist blöd aufgekommen und hat sich den Mittelfußknochen gebrochen, aber das macht nix, sagt Hödlmoser; er hat ja zwei Füße. An diesem Mittwoch nehmen sie ihm den Gips ab, er bekommt einen Spezialschuh, und am Donnerstag stößt er zur Mannschaft, seiner Mannschaft, der Österreicher Hödlmoser ist der Cheftrainer der Frauen des US-Ski-Teams. Sie trainieren in Sölden, wo am Samstag kommender Woche die Alpinsaison startet, Hödlmoser wird beim Training oben sein am Gletscher, "klar", sagt er. Er fährt mit einem Ski, er lacht ganz kurz, "passt scho", sagt er. Eigentlich ist das ja gar nicht das Thema jetzt.

Das Thema bei den US-Skirennfahrerinnen ist mal wieder Lindsey Vonn, und es ist mal wieder alles ganz und gar erstaunlich.

Lindsey Vonn, die berühmteste und erfolgreichste Skirennfahrerin der Gegenwart, ist am Montag nach Sölden gereist, sie wohnt wie die anderen in der jährlichen Winterresidenz in Obergurgl, am Dienstag hat sie schon trainiert, trotz 80 Zentimetern Neuschnee. Kann sein, dass sie beim Riesenslalom kommende Woche startet: Das wäre dann 240 Tage nach ihrem Sturz bei der Ski-WM in Schladming.

Gleich beim ersten Rennen, dem Super-G, ist sie damals nach einem Sprung vornüber gefallen und hat sich dabei das rechte Knie verdreht, Kreuzbandriss, Innenbandriss und Bruch des Schienbeinkopfes, das war die Diagnose. Es war die erste schwerere Verletzung ihres Lebens, an diesem Freitag wird Lindsey Vonn 29 Jahre alt, die Verletzung traf sie am Zenit ihrer Karriere, sie war eine Skirennfahrerin, die immer so wirkte, als könne sie ihr Leben lang Skirennen fahren. Aber jetzt waren da plötzlich diese Fragen: Was diese Verletzung nun bedeute für Sotschi, die Olympischen Spiele 2014, genau ein Jahr nach Schladming? Und, überhaupt: für ihre ganze Karriere?

Lindsey Vonn hat die Antwort selbst gegeben, über eine der Social-Media-Plattformen, die sie regelmäßig nutzt. "Wer hinfällt, steht wieder auf", schrieb sie am Tag nach der Operation, dazu ein Foto, wie sie auf dem Krankenbett einen Ball hebt. Der Blick ist angestrengt, vielleicht schmerzverzerrt, wahrscheinlich beides.

"No pain, no gain"

Die Prognose sei durchaus gut, sagte damals William Sterett, der US-Teamarzt, sie werde sich vollständig erholen, dank "moderner Operationsmethoden verbunden mit einer aggressiven Reha". Aggressive Reha bedeutete: kompromissloses Training, Kraftübungen, Gleichgewichtsübungen, manchmal schon morgens um fünf. Lindsey Vonn ließ alles geschehen, und immer wieder schrieb sie auf Twitter und Facebook Sätze wie "I will!", mit dem Verweis auf Sotschi, und: "No pain, no gain!", ohne Fleiß kein Preis.

"Sie ist eine Kämpferin", sagt Robert Trenkwalder, "sie verliert ihr Ziel nie aus den Augen." Der frühere Ski-Trainer Trenkwalder, 62, ist Chef des Athletes Special Projects bei Vonns Sponsor Red Bull, er hat ihr schon vor der WM in Schladming einen Individualtrainer zur Verfügung gestellt, den Österreicher Martin Hager. Nach drei Monaten täglicher Therapie und Kontrolle beim Arzt zuhause in Vail begann Vonn im Juni mit dem Konditionstraining mit Hager, sie trainierten überwiegend in Amerika, zwischenzeitlich war sie nur wenige Wochen in Österreich, um in einer Fernsehsendung des Haussenders aufzutreten. Hager war immer dabei, er begleitete Vonn sogar dann, wenn sie zu einem der Golfturniere ihres Freundes Tiger Woods reiste, und wenn Hager doch mal nicht konnte, vertrat ihn der ebenfalls vom Sponsor allein für Lindsey Vonn abgestellte Physiotherapeut Patrick Rottenhofer.

No pain, no gain.

Am 3. September schrieb Lindsey Vonn: "Wer gedacht hat, das könnte mich aufhalten, weiß nicht, wer ich bin." An diesem Tag begann das Trainingslager des US-Teams in Portillo, Chile, und Vonn stand erstmals nach dem Sturz wieder auf Skiern: weitaus früher, als alle erwartet hatten, Vonn selbst inklusive.

Vonn sagt, ihr Knie habe in Chile keinerlei Probleme bereitet, kein Schmerz, keine Schwellung. Hödlmoser sagt, es sei beeindruckend gewesen, am Ende des Trainingslagers sei sie im Riesenslalom und Super-G "fast schon auf altem Niveau" gefahren, er überlegt, "ja", fährt er fort, "man kann schon fast sagen: sensationell". Geplant war die Rückkehr ins Renngeschehen in Beaver Creek Ende November, "aber wir haben immer gesagt, wir schauen, wie sich das Knie entwickelt", sagt Hödlmoser. Das Knie entwickelt sich gut, "sie hat bisher null Probleme", sagt Hödlmoser, deshalb nun die Reise nach Sölden.

Ob Vonn, trotz aller Euphorie, aber ihrem früheren Leistungsstand schon nahe ist, vermag niemand zu beurteilen, bei ihren zwei Wochen auf Schnee in Chile ist sie keine Vergleichsrennen gefahren. Und dann ist da in Sölden noch die Wetterfrage, der viele Schnee. Der Österreichische Ski-Verband ist deshalb zum Training an den Mölltaler Gletscher ausgewichen.

Lindsey Vonn ist geblieben. Diesen Mittwoch trainiert sie wieder.

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