Süddeutsche Zeitung

Coman beim FC Bayern:Der nächste Ribéry?

  • Wird Kingsley Coman einmal Nachfolger von Franck Ribéry beim FC Bayern?
  • Der Franzose deutet an, dass er dieser Aufgabe gewachsen sein könnte.
  • Am Abend spielt der FC Bayern in der Champions League gegen Paris Saint-Germain.

Von Benedikt Warmbrunn

Als Franck Ribéry 21 Jahre alt war, hatte er ein paar Jahre lang in unterklassigen Ligen in Frankreich Fußball gespielt, er hatte das Fußballinternat in Lille verlassen, er hatte als Bauarbeiter gearbeitet, um überhaupt irgendetwas zu verdienen, und nun, als 21-Jähriger, unterschrieb er seinen ersten Vertrag als Fußballprofi. Kein Mensch dachte zu diesem Zeitpunkt daran, Franck Ribéry mit irgendeiner Größe aus dem Weltfußball zu vergleichen. Das war im Jahr 2004.

13 Jahre später, im Dezember 2017, ist Kingsley Coman 21 Jahre alt. Seit er 16 Jahre alt ist, spielt er Erstliga-Fußball, er ist zweimal italienischer Meister geworden, zweimal deutscher Meister, in 16 Spielen in der Champions League erzielte er drei Tore. Er hat 15 Mal für die französische Nationalmannschaft gespielt. Er ist also schon ziemlich weit gekommen bei dem Versuch, sich einen eigenen Ruf zu erarbeiten. Doch egal, wie er spielt, er wird immer verglichen mit einer anderen Größe aus dem Weltfußball.

Spielt Kingsley Coman gut, heißt es gleich: Ist er der nächste Franck Ribéry?

Spielt Kingsley Coman einmal nicht so gut, heißt es gleich: Ist er doch nicht der nächste Franck Ribéry?

Heynckes findet es "legitim", dass Coman Ribérys Nachfolger wird

An diesem Dienstag (20.45 Uhr) empfängt der FC Bayern im letzten Gruppenspiel der Champions League Paris Saint-Germain, es ist ein besonderes Spiel für den Verein, es geht um Wiedergutmachung, um die Ehre, auch um den eigenen guten Namen. Geringer bewertet das in diesem so stolzen Verein keiner, nach dem 0:3 im Hinspiel - um doch noch Gruppensieger zu werden, muss der FC Bayern das Rückspiel mit vier Toren Vorsprung gewinnen. Auch für Coman geht es um den eigenen Namen, und zwar darum, diesen zu lösen von den Vergleichen. Es geht für ihn darum, sein eigenes Profil zu schärfen.

Der Franzose spielt seine dritte Saison in München, doch schon bevor er das erste Mal für den FC Bayern auflief, war ihm dieser Vergleich weit voraus: Für zwei Spielzeiten hatte der Verein Coman von Juventus Turin ausgeliehen, der damalige Sportvorstand Matthias Sammer lobte ihn als "eines der großen Talente des europäischen Fußballs". Doch dabei beließen sie es nicht.

Zwei Jahre Leihe, das deuteten sie im Verein an, das heiße auch: zwei Jahre lang gucken, ob Coman das kann - der Nachfolger von Ribéry oder Arjen Robben zu werden. In diesem Sommer verpflichtete der FC Bayern den Spieler dann fest, sie trauen ihm das also zu. Aber den Vergleich hat er immer noch nicht aufgeholt. Am Montag sagte Trainer Jupp Heynckes: "Es ist absehbar, dass Franck Ribéry in ein, zwei Jahren seine Karriere beenden wird. Dann ist es legitim, dass Kingsley Coman sein Nachfolger wird."

Heynckes hat das recht entspannt gesagt, er darf das auch so entspannt sagen. Seit Heynckes wieder den FC Bayern trainiert, wirkt es das erste Mal so, als ob diese riesige Last des Vergleiches ein kleines bisschen von Coman abgefallen sei.

Der Flügelspieler war unter Heynckes' Vorgängern Pep Guardiola und Ancelotti auch einer, der das Stadion entzückte, mit seinem Antritt, seinen Tricks. Aber sobald er sich dem Strafraum näherte, erstarrte er oft. Dann waren die Füße schneller als der Ball, und die Flanke war unpräzise. Oder er verstolperte einen Pass oder einen Torschuss. Schon hieß es wieder: Ob er wirklich der nächste Ribéry werden kann?

Unter Heynckes haben sich die besseren Auftritte Comans gehäuft, in fünf Ligaspielen erzielte er zwei Tore, zuletzt das zwischenzeitliche 2:1 beim 3:1 am vergangenen Samstag gegen Hannover, als er den Ball annahm, sich selbst vorlegte, hoch ins Tor schoss, und das alles so geschmeidig, dass sich die Verteidiger noch nicht einmal umgedreht hatten. Vor allem aber war er immer wieder seinen Gegenspielern weggerannt, es wirkte wie beim Wettrennen zwischen dem Hase und dem Igel, nur dass da nicht zwei Igel mitrannten. Sondern zwei Hasen. "Wenn er lossprintet, ist es sehr schwer, das Tempo zu halten", lobt Kollege Joshua Kimmich. Heynckes will bei diesen Antritten gar beobachtet haben, dass Coman "Feuer im Hintern" habe.

Der Franzose selbst stimmt in diese Hymnen nicht ein, dazu ist er nach wie vor viel zu scheu. Über sich selbst redet er nur ungern, was ihn durchaus unterscheidet von anderen Flügelspielern dieser Welt. Vor dem Rückspiel gegen Paris, den Verein, für den er einst als 16-Jähriger in der ersten Liga debütierte, sagte er nur, dass das 0:3 den Bayern "noch durch den Kopf" gehe und dass die Partie auch "ein wenig eine Revanche" sei. Mutig wurde er in seinen Aussagen nur einmal, dann sagte er: "Wir müssen uns und Europa zeigen, dass wir immer noch ein Titelanwärter sind und große Spiele gewinnen können."

Dass Coman in den vergangenen Wochen besser spiele, erklärt Heynckes damit, dass dieser inzwischen besser integriert sei: "Das ist ein Prozess, der langsam vorangeht. Er wird selbstbewusster, er traut sich mehr zu, er wird anerkannter. Und dadurch wird er noch selbstbewusster." Gut möglich, dass dieser Prozess noch ein bisschen dauert. Aber Kingsley Coman ist ja auch noch in einem Alter, in dem andere erst den ersten Profivertrag unterschrieben haben.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2017/ebc
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