Süddeutsche Zeitung

Unfall bei Geländeritt:Tod eines Weltmeister-Pferdes überschattet CHIO

Während des Geländeritts der Vielseitigkeitsprüfung beim CHIO in Aachen prallt das Pferd Allstar B gegen ein Hindernis und verletzt sich schwer. Tierärzte müssen den Wallach von Weltmeisterin Rosalind Canter einschläfern.

Von Gabriele Pochhammer, Aachen

Die Vielseitigkeitsprüfung beim CHIO Aachen wurde vom Tod des Pferdes Allstar B überschattet. An Sprung 16 d, einem schmalen Hochweitspring, verletzte sich der 17-jährige Wallach so schwer, dass er wenige Stunden später in einer Tierklinik eingeschläfert werden musste. Es gab keine Aussicht, dem Pferd noch ein schmerzfreies Leben zu ermöglichen.

Eigentlich lief es gut für Rosalind Canter und Allstar B. Beide sind ein erfahrenes Paar, wurden vor vier Jahren bei den Weltreiterspielen in Tryon Weltmeister und waren an drei Goldmedaillen für das britische Team bei Championaten beteiligt. Nach einer guten Dressur und nur einem Abwurf im Springen ging Carter mit guten Aussichten auf die 3990 Meter lange Geländestrecke rundum die Aachener Soers. Das Pferd meisterte die ersten 15 Hindernisse mühelos, die hochfavorisierten Briten lagen in Führung, und Canter war auf dem Weg, ihren Teil zum Sieg beizutragen.

Das Paar kam zum Hindernis 16 d, dem vierten Element einer Sprungfolge auf einer kleinen Anhöhe. Der Sprung war schmal und musste ganz präzise angeritten werden, nichts was Canter und Allstar B nicht schon zig Mal gemacht hätten. Ob es eine kleine Unstimmigkeit zwischen Reiterin und Pferd gab, lässt sich wohl nicht mehr feststellen, aber Allstar B knallte ohne abzuspringen mit dem linken Vorderbein gegen ein Holzteil des Hindernisses und stand auf drei Beinen. Er wollte das verletzte Bein nicht belasten, was immer ein schlechtes Zeichen ist. In weniger als einer Minute war um die Unfallstelle eine Sichtschutz errichtet, der Notfallwagen mit dem Pferdeanhänger traf unmittelbar darauf ein. Allstar wurde in die Tierklinik von Friedrich Wilhelm Hanbücken in der Nähe von Aachen gefahren, wo sich das ganze Ausmaß der Verletzung darstellte.

"Das Pferd muss eine extreme Drehbewegung gemacht haben", sagt Hanbücken, der zugleich in Aachen als Chef der Veterinärkommission im Einsatz ist. "Dabei gab es einen offenen Bruch im Krongelenk (das Gelenk direkt über dem Huf, Anm.)." Der Schaden sei irreparabel gewesen, so Hanbücken, das hätten die Untersuchungen ergeben. Das heißt, es gab keine Chance, dem Pferd ein schmerzfreies Leben zu ermöglichen, selbst wenn es den Rest seiner Tage als Rentner auf der Weide verbracht hätte. Auf Anraten der Tierärzte entschlossen sich die Besitzer, Allstar B einzuschläfern. "Ich finde keine Worte, um die Liebe und den Respekt für Allstar B auszudrücken. Er hatte eine riesigen Anteil am Aufbau meiner Karriere, viele werden ihn vermissen", sagte Canter.

Auch neue Sicherheitsmechanismen hätten im Fall von Allstar B wohl wenig geholfen

Obwohl die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) die Sicherheitsbestimmungen ständig verschärft, sind Unfälle und Verletzungen nicht auszuschließen. So werden an immer mehr Hindernissen Vorrichtungen angebracht, die sich bei heftigem Anschlagen öffnen, um Stürze zu vermeiden. Das hätte allerdings im Fall Allstar B wenig geholfen, da er ja gar nicht abgesprungen und auch nicht gestürzt war. Auch werden die Voraussetzungen für einen Start in einer schweren Prüfung immer stärker an entsprechende Vorleistungen geknüpft, und Richter können Pferd und Reiter jederzeit anhalten und aus der Prüfung nehmen, wenn sie in ihren Augen überfordert sind. Gefährliches Reiten wird bestraft, Geländereiten ist schon längst kein Sport für angstfreie Draufgänger mehr. Rosalind Canter und ihr Pferd erfüllten eigentlich alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Ritt.

Für alle Pferde, die im internationalen Sport zu Tode kommen, ist eine Untersuchung vorgeschrieben. Das Ergebnis, auch das der vorher vollzogenen Dopingprobe, lag im Fall Allstar B am Sonntag noch nicht vor.

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SZ/schm/jowe
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