Chemnitzer FC:Arbeitsgericht hebt Frahns Kündigung auf

Ehemaliger Chemnitz-Kapitän Frahn

Daniel Frahn beim Spiel des Chemnitzer FC gegen Waldhof Mannheim im Juli.

(Foto: dpa)
  • Das Arbeitsgericht Chemnitz hat die Kündigung von Daniel Frahn durch den Chemnitzer FC aufgehoben.
  • Der Klub hatte dem Fußballer eine Nähe zu Rechtsradikalen vorgeworfen.
  • Der Chemnitzer FC will gegen das Urteil in Berufung gehen.

Von Javier Cáceres, Chemnitz

Als das Urteil verkündet wurde, war Stürmer Daniel Frahn, 32, schon nicht mehr da. Und auch die "szenekundigen Beamten", die normalerweise im Stadion des Chemnitzer FC nach dem Rechten sehen und zum Schutze vor Hooligans und Nazis ausnahmsweise im Arbeitsgericht Chemnitz Schicht schoben, waren wieder abgezogen. Selbst die Anwälte waren noch zu Mittag, auch ihnen wurde das Verdikt nur nachträglich übermittelt, es lautete: Die vom CFC im August ausgesprochene, politikumwitterte Kündigung des bis 2021 laufenden Vertrags Frahns ist ungültig.

Ob sich Frahn so freute wie nach seinem berühmten Tor im März 2019 gegen den VfR Altglienicke? Ob ihm die Berufung, die der CFC sogleich ankündigte, die Laune wieder verdarb? Denn er dürfe "weiterhin nicht am Trainings- und Spielbetrieb des Chemnitzer FC teilnehmen", erklärte der Klub, die Geschehnisse aus dem Spiel gegen Altglienicke lassen sich eben nicht einfach aus den Kleidern schütteln. Klaus Siemon, der Insolvenzverwalter des CFC, war jedenfalls entsetzt: "Das Urteil ist ein Skandal", sagte er, "wer öffentlich seine rechtsradikale Gesinnung zur Schau stellt, kann doch nicht so einfach wieder in die Mannschaft integriert werden. Ich weiß nicht, wie sich das Gericht die Sache vorstellt."

Die Partie gegen Altglienicke stand am Anfang der Auseinandersetzung, die am Mittwoch im Arbeitsgericht von Chemnitz landete - und außergewöhnliche, vielleicht weltweit einzigartige Züge trug. Darf einem Fußballer wegen zu großer Nähe zu Rechtsradikalen gekündigt werden? Zur Erinnerung: Frahn hatte sich damals von der Ersatzbank ein T-Shirt reichen lassen, auf dem stand: "Support your Local Hools". Das Hemd war Teil einer Benefiz-Aktion für einen bekennenden, in der CFC-Fanszene tief verwurzelten, letztlich an Krebs verstorbenen Neonazi namens Thomas Haller, der in der Stadt unter anderem bekannt war als Gründungsmitglied einer mittlerweile aufgelösten Gruppe namens "HooNaRa" ("Hooligans, Nazis, Rassisten"). Das Hemd, das Frahn dem Publikum zeigte, war Teil eines Eklats: Im Stadion war es vor Spielbeginn zu einer regelrechten, offiziell anmutenden Hommage an Haller gekommen.

Seine Anwälte wollten den Vertrag nur mit einer Abfindung beenden

Der Verein war bundesweit in den Schlagzeilen, Frahn wurde gesperrt, beteuerte, selbst nicht rechtsradikal zu sein. Der CFC bat Frahn aber zum Rapport und mahnte ihn wohl auch ab. Auch später hätten ihn Klubvertreter beschworen, eine öffentlich wahrnehmbare Nähe zu den als rechtsradikal verruchten Fans zu vermeiden, zumal er im Sommer zum Mannschaftskapitän ernannt worden war. Doch als er im August verletzt war, geriet Frahn, der in Chemnitz noch beliebter ist als zuvor bei Energie Cottbus, Hertha BSC II, Babelsberg, Leipzig oder Heidenheim, wieder in die Schlagzeilen.

Er fuhr im privaten Auto zu einem Auswärtsspiel nach Halle - in Begleitung mindestens eines bekennenden Rechtsradikalen, zeigte sich mit einem anderen, sexistisch eingefärbten T-Shirt der Szene, ging mit den Schmuddelfans in die Kurve, wurde dort fotografiert. Es folgte die fristlose Kündigung. Die Begründung: Frahns Nähe zu den Rechtsradikalen habe dem Image eines um Gesichtswahrung ringenden, als rechtsradikal stigmatisierten Klubs schwer geschadet. Frahn klagte.

Seine Anwälte wollten den bis 2021 laufenden Vertrag nur gegen Zahlung einer Abfindung von 240 000 Euro beenden - andernfalls sei Frahn weiterzubeschäftigen. Ihr Argument: Beim Chemnitzer FC habe "ein Umdenken" eingesetzt. Die Personen, von denen sich der Klub im Nachgang des Altglienicke-Spiels mit großer Geste getrennt hatte, seien wieder in Amt und Würden - darunter der Stadionsprecher, der den toten Nazi am Mikrofon gepriesen hatte. Da könne man auch einen geschätzten Torjäger wieder aufnehmen. Und zwei Rechtsradikale, mit denen sich Frahn laut Klub nicht öffentlich blicken lassen sollte, hätten bei der Aufstiegsfeier sogar in der Kabine mitgefeiert. Weil man eine Eskalation vermeiden wollte, wie die Anwältin des CFC einzuwenden versuchte. Ohne Erfolg.

"Bei allem Verständnis für die Position" des Chemnitzer FC müsse festgestellt werden, dass die Kündigung nach Form und Inhalt rechtswidrig war, so das Gericht. Der Abmahnung - von der Frahn erst in der juristischen Auseinandersetzung erfahren haben will - habe "jegliche Warnfunktion" gefehlt. Zudem müsse dem CFC "fehlende Konsequenz im eigenen Verhalten" gegenüber den Rechten vorgehalten werden - ein schwerer Schlag für einen Klub, der sich um Distanz zu den Rechten aus der eigenen Kurve bemüht.

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