Chemnitzer FC:Abgepasst und bedroht

Thomas Sobotzik

Thomas Sobotzik.

(Foto: Robert Michael/dpa)

Chemnitz-Manager Thomas Sobotzik übt nach seinem Rückzug harsche Kritik an den Fans des Fußball-Drittligisten, dem weiter die Liquidation droht.

Von Johannes Kirchmeier, Chemnitz/München

Vier Tage lang wird Thomas Sobotzik im längsten Fall noch Geschäftsführer des Fußball-Drittligisten Chemnitzer FC sein. Wer seine Pressemitteilung, in der er seinen Rücktritt begründet, genau durchliest, der erkennt, dass das Ende für Sobotzik auch ein Stück weit Erleichterung bedeutet: "Was ich zuletzt an persönlichen Anfeindungen, Beschimpfungen und Drohungen erleben und erleiden musste, geht weit über das Maß hinaus, das verkraftbar ist", schreibt er etwa. Er wolle sich "den zunehmenden Bedrohungen nicht mehr aussetzen."

Seit Wochen schwelt beim CFC ein Konflikt zwischen Fans und dem Klub, der mit finanziellen Sorgen und Imageproblemen kämpft. Nach und nach geriet Sobotzik in die Schusslinie eines Teils der Anhänger. In der vergangenen Woche bat der 44-Jährige deshalb darum, von seinen Aufgaben entbunden zu werden, bot aber an, zumindest bis zum 15. September weiterzuarbeiten. Aktuell droht dem Klub weiter die Liquidation. Auch Trainer David Bergner hatte in der vergangenen Woche aufgegeben.

Damit hat die Krise beim CFC einen weiteren Tiefpunkt erreicht, nachdem der Verein mit der Rückkehr in die dritte Liga, dem Landespokalgewinn und einem starken Auftritt in der ersten Pokal-Hauptrunde gegen den Hamburger SV noch sportliche Erfolge geschafft hatte. Umso weniger kann Sobotzik die Reaktionen der Fans verstehen. Aus der aktiven Szene schlage ihm immer öfter "blanker Hass" entgegen, gezielt von Leuten aus dem rechten politischen Lager, erklärte er in einer Mitteilung. Diese rückten mit "rassistischen und antisemitischen Parolen" den Verein in ein schlechtes Licht und "gefährden die Basis für eine verantwortungsvolle Arbeit".

Es ist ein verheerendes Bild, das der Funktionär von manchen Zuständen zeichnet. Im Mai 2019, als der CFC faktisch in die dritte Liga aufgestiegen war, musste Sobotzik beim Heimspiel gegen Meuselwitz kurz vor dem Abpfiff in die Fankurve gehen, weil ein Platzsturm drohte. Er wurde darauf von einigen Fans beleidigt und bedroht, "sowie mit vollen Bierbechern beworfen und auch getroffen" erinnert er sich. "Schon da fielen Worte wie ,Verpiss dich', oder ,Verschwinde aus Chemnitz'." Die Lage hatte sich Anfang August verschärft, als sich der Verein von Kapitän Daniel Frahn wegen dessen Nähe zur rechten Fanszene trennte. Frahn hatte unter anderem mit einem Hooligan-T-Shirt gejubelt.

Geschäftsführer Sobotzik, der sich auch öffentlich gegen die Fans aussprach, erlebte weitere Anfeindungen: Nach dem Pokalspiel gegen den HSV wenige Tage nach Frahns Entlassung lauerte ihm nach eigenen Angaben am Stadionausgang "ein Mitglied der aktiven Fan-Szene auf, das mich mit den Worten empfing: ,Auf dich habe ich die ganze Zeit gewartet.' Dann bedrängte er mich und sagte: ,Verpiss dich, du scheiß Drecks-Jugo'." Sobotzik ist in Polen geboren, lebt seit seinem 14. Lebensjahr in Deutschland und spielte später für Eintracht Frankfurt. Die Anfeindungen in Chemnitz gipfelten schließlich in Morddrohungen gegen Klaus Siemon (Insolvenzverwalter; Anm. d. Red.) und Sobotzik.

Wie sehr besonders die Personalie Frahn die Stimmung im Verein belastete, beschreibt Sobotzik anhand eines Beispiels: "Vor seiner Entlassung wurde Frahn am späten Vormittag telefonisch darüber informiert, dass er um 14 Uhr zu einem Gespräch mit unserem Pressesprecher, Fan-Beauftragten und mir auf der CFC-Geschäftsstelle erscheinen sollte. Eine Viertelstunde nach dieser Info an Frahn und damit lange vor der öffentlichen Bekanntgabe erhielt ich per Whatsapp wüste Beschimpfungen und Bedrohungen. Jeder kann sich vorstellen, wie so etwas einzuordnen ist." Weitere Aussagen will Sobotzik zur Causa CFC nicht machen, eine Reaktion dürfte aber in seinen letzten Arbeitstagen nicht auf sich warten lassen. Am Montag spielt der Klub bei der SpVgg Unterhaching.

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