Süddeutsche Zeitung

Chemnitz - Bautzen:Himmelblau, nicht Braun

Der Chemnitzer FC setzt im Spiel gegen Budissa Bautzen mit T-Shirts und Bannern ein weiteres Zeichen gegen rechts - und gewinnt nach einem Tor von Daniel Frahn.

Die Botschaft war klar. Die Fußballer des Chemnitzer FC und von Budissa Bautzen präsentierten sich am Samstag vor dem Spiel in der Fußball-Regionalliga Nordost hinter einem Transparent mit der Aufschrift "Gemeinsam für demokratische Grundrechte und Fair Play". Und die Gastgeber trugen T-Shirts, auf denen zu lesen stand: "Farbe bekennen - Himmelblau". Schon zuvor hatte die Mannschaft in einem offenen Brief appelliert: "Es ist Zeit, Farbe zu bekennen und zu zeigen, dass Chemnitz himmelblau und nicht braun ist!" Auf Werbebanden, Plakaten, Aufklebern und T-Shirts setzte sich der Verein für "Toleranz, Weltoffenheit, Fairness" ein. CFC-Geschäftsführer Thomas Sobotzik distanzierte sich im Namen des Vereins im Vorwort des Stadionhefts "ausdrücklich von jedem extremistischen Gedankengut. Dagegen müssen und werden wir uns gemeinsam stark machen".

Das erste Heimspiel nach den eklatanten Vorfällen vom 9. März stand unter bundesweiter Beobachtung. Die umstrittenen Trauerbekundungen für einen verstorbenen rechtsradikalen Chemnitz-Fan beim Liga-Spiel gegen VSG Altglienicke (4:4) hatten für einen Skandal gesorgt. Offensivspieler Daniel Frahn hatte vor zwei Wochen ein T-Shirt mit der Aufschrift "Support your local Hools" gezeigt und war dafür vom Verband für die zurückliegenden beiden Auswärtsspiele gesperrt worden. Und ausgerechnet Frahn erzielte nun gegen Bautzen vor 4333 Zuschauern für den Tabellenführer in der 53. Minute den Treffer zum 1:0 (0:0). CFC-Trainer David Bergner freute sich besonders, dass der von den Fans als "Fußballgott" gefeierte Frahn das Tor in einer von Seiten der Gastgeber überlegen geführten Partie erzielte: "Der Junge hatte am meisten mit der Situation zu kämpfen. Ich bin froh, dass der Fußball manchmal so eine Geschichte schreibt."

Mehrere Hundert Ultras demonstrieren mit einem Boykott gegen die Vereinsführung

Vizepräsident Rainer Koch vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zeigte sich bei seinem Besuch im Stadion an der Gellertstraße zufrieden damit, wie der Chemnitzer FC und viele seiner Fans am Samstag Zeichen gegen Radikalismus gesetzt haben. "Eine klare Mehrheit der Fans hat diese Position bezogen", sagte er. Koch, der sich vor der Partie mit der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig getroffen hatte und in Begleitung der Präsidenten des Nordostdeutschen und des Sächsischen Fußballverbandes gekommen war, sagte: "Wichtig ist nicht das einmalige Ereignis heute, wichtig ist, dass konkret gearbeitet wird. Wir dürfen das Stadion nicht einer Minderheit überlassen." Für die Verbesserung der Fanarbeit stellte Koch die Unterstützung des DFB in Aussicht. Koch betonte aber: "Die Stadt, das Land und in allererster Linie der Verein sind nun gefordert. Ich möchte nicht, dass bei einem Verein, der an hervorgehobener Stelle in Deutschland Fußball spielt, Ereignisse wie vor zwei Wochen passieren."

Am Samstag demonstrierten mehrere Hundert Ultras und ihre Sympathisanten in den Anfangsminuten mit einem Boykott gegen die Vereinsführung, die sich nach dem Trauerskandal vor zwei Wochen von drei langjährigen Mitarbeitern getrennt hatte. Zur Atmosphäre auf den Rängen sagte CFC-Trainer Bergner: "Die Situation, die wir heute im Stadion hatten, ist nicht schön. Die Situation, dass der Verein zerrissen ist, begleitet uns schon eine ganze Zeit." Die Fangruppierung "Ultras Chemnitz '99" protestierte mit einer Abwesenheit in den ersten zwölf Minuten sowie Bannern und Sprechchören gegen die Vereinspolitik. "Das Krisenmanagement von Insolvenzverwalter Klaus Siemon - und die damit einhergehende Personalpolitik - lässt uns auch zwei Wochen nach den Ereignissen noch immer wütend zurück", hieß es auf einem Flugblatt.

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SZ vom 24.03.2019 / dpa, SID, SZ
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