Chelsea - Schalke:In der Höhle des zahmen Löwen

Beim 0:2 in London verpasst es der FC Schalke 04, die Schwächen des FC Chelsea zu nutzen. Ein Patzer von Torwart Manuel Neuer bringt die Deutschen auf die Verliererstraße.

Thomas Becker, London

Zweite Niederlage im dritten Champions-League-Spiel: Es sieht nicht wirklich gut aus für den FC Schalke 04. Nach dem vermeidbaren 0:2 (0:1) beim weitgehend enttäuschenden englischen Tabellensiebten FC Chelsea schwinden die Chancen der Königsblauen auf das Erreichen der nächsten Runde, was Schalke-Trainer Mirko Slomka mit trauriger Miene und Zweckoptimismus zur Kenntnis nahm. "Wir haben nach wie vor die Chance", sagte er und empfahl nach der Niederlage: "Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen."

Drogba Neuer Schalke Chelsea

Das Ende der Schalker Träume: Didier Drogba erwischt eine Flanke mit dem Kopf, Manuel Neuer taucht ins Leere.

(Foto: Foto: AP)

Neuer patzt erneut

Die Partie hatte schon schlecht begonnen, bevor der Schiedsrichter überhaupt angepfiffen hatte. Im Abschlusstraining am Tag zuvor hatte sich Kevin Kuranyi, von der Londoner Presse als der einzige "danger man" der Schalker geadelt, eine Prellung des Wadenbeinköpfchens zugezogen. Bis zuletzt hatten die Deutschen noch auf seinen Einsatz gehofft. Sogar in der kurz vor Spielbeginn verteilten Mannschaftsaufstellung erschien sein Name noch.

Doch als die Königsblauen den Rasen an der Stamford Bridge betraten, da lief statt der 22 der Mann mit der Nummer 9 auf: Sören Larsen. Ähnlich ärgerlich begann das Spiel. Den ersten gewonnenen Zweikampf konnte zwar noch Heiko Westermann mit einer herzhaften Grätsche verbuchen, doch als Florent Malouda sich im Strafraum mit Kontrahent Rafinha beharkte und einen nicht gerade als gewaltig zu bezeichnenden Linksschuss Richtung Tor fabrizierte, da verfinsterten sich die Schalker Mienen. Durch die Arme und Beine von Keeper Neuer glitt das Schüsschen, mittenrein ins Tor. Nicht einmal fünf Minuten waren da gespielt.

Bei den Buchmachern war es zuvor eigentlich nur noch um die Höhe des Chelsea-Sieges gegangen. 15:2 standen die Wetten für einen Sieg mit mehr als vier Toren. In der Variante "Erster Torschütze" waren sechs Chelsea-Spieler aufgeführt, bis mal der erste Schalker erschien: "King Kev" Kuranyi. Doch der saß ja draußen. Bis Mitte der ersten Hälfte schaffte es auch kaum einmal ein Schalker in den gegnerischen Strafraum. Vielmehr ließ Chelsea ganz entspannt und ohne Feindberührung den Ball zirkulieren, was die Fans zu längeren, latent hämischen "Hey-Hey"-Chören nutzten. Bis es Jermaine Jones zu bunt wurde und er Chelsea-Kapitän Frank Lampard herzhaft von den Füßen holte - und 30 Sekunden später auch noch Wayne Bridge.

Das brachte ihm in Minute 24 zwar eine sehr gelbe Karte ein, wirkte aber wie eine Hallo-Wach-Pille auf seine Mannschaftskollegen. Das Schalker Offensivspiel erwachte nun und die Defensive merkte: Da kommt ja gar nicht mehr viel von Chelsea. Zwei Kopfbälle des starken Michael Essien und ein Distanzschuss von Joe Cole - mehr war da nicht. Neuer parierte jeweils sicher. Wenn doch bloß dieser Roller am Anfang nicht gewesen wäre ... Schalke orientierte sich jetzt nach vorn - und schoss sogar ein Tor. Doch Schiedsrichter Peter Fröjfeldt verdarb Carlos Grossmüller das Erfolgserlebnis und entschied auf Abseits.

Noch ein blaues WunderImmer mehr befreiten sich die Königsblauen nun aus der Chelsea-Umklammerung der ersten Minuten, als eine besorgte Radioreporterin bereits "ein blaues Wunder für Schalke" befürchtete. Grossmüller und Fabian Ernst per Fernschuss kamen gegen die alles andere als sattelfeste Chelsea-Defensive, die ohne ihren verletzten Boss John Terry auskommen musste, zu Tormöglichkeiten.

Schließlich hatte Slomka in Larsen, Asamoah und Lövenkrands ja auch drei Stürmer aufgeboten. Die Schalker Fans spürten das wachsende Selbstbewusstsein und taten ihr Möglichstes dazu, den Gegner zu ärgern. Sie sangen: "Ohne England fahr'n wir zur EM." Außer dem pausierenden deutschen Chelsea-Profi Michael Ballack hat das aber wahrscheinlich kein Londoner verstanden.

Nicht ohne Hoffnung ging es in die Pause - doch kurz nach deren Ende sollte die nächste kalte Dusche folgen. Gerade eineinhalb Minuten waren gespielt, als Paulo Ferreira die rechte Außenbahn entlang flitzte, eine Flanke in den Strafraum schickte, in die Didier Drogba seine Stirn hielt, und es stand 2:0.

Sehr schnell und unverhofft kam das alles, überraschend wie ein Blitzlicht in finsterer Nacht, und später beklagte Slomka auch die "ungünstigen Zeiten", zu denen die Gegentore gefallen seien. Diesmal brauchten die Schalker zwar nicht so lange, um sich wieder zu fangen, doch die Zeichen standen einfach nicht gut für den Gast. In der 60. Minute köpfelte Sören Larsen nach Flanke von Rafinha den Ball perfekt an Keeper Peter Cech vorbei. Dumm war nur, dass die Kugel an den Pfosten prallte und von da direkt dem regungslosen Torwart in die Arme.

Slomka brachte noch Rakitic für Asamoah, schickte dafür Grossmann weiter nach vorne, doch Zählbares kam dabei nicht heraus. Auch die späteren Einwechslungen von Azaouagh für Grossmüller und Bajramovic für Rodriguez verpufften wirkungslos. Die Champions League wird wohl bald ohne die Knappen auskommen müssen.

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