Chelsea - Schalke:Brav verloren

Schicksalsergeben fügen sich die Schalker Spieler in die eigentlich unnötige Niederlage gegen einen schlagbaren FC Chelsea.

Thomas Becker, London

Der Brite an sich liebt ja seinen Rasen. Wie weit ins Akribische diese Zuneigung allerdings führen kann, wurde am späten Abend im Londoner Stadtteil Chelsea deutlich. Kaum waren nach dem 2:0 des ansässigen FC gegen die zum ersten Mal zu Besuch gekommenen Gelsenkirchener die drei Champions-League-Punkte verteilt, da begann schon wieder die Rasenpflege.

Stoischen Blickes, den iPod im Ohr, marschierten sieben junge Männer in Trainingsanzügen über das Spielfeld und schoben dröhnende Rasenmäher vor sich her. Von der Gegengerade gingen sie los, Bahn für Bahn. Und justament als die Schalker Spieler aus der Kabine traten und durch die Mixed Zone, die im Stadion an der Stamford Bridge entlang der Seitenlinie verläuft, Richtung Bus strebten, genau in diesem Moment waren die lauten Mäher in Manndeckerdistanz. Von den dünnen Statements der Spieler kamen bei den Journalisten bloß noch ein paar motorenkrachverwehte Fetzen an.

Vielleicht war es besser so. Allzu brav und schicksalsergeben klang das, was die Schalker Spieler zu sagen hatten."Auf jeden Fall enttäuscht", seien sie, sagte Verteidiger Heiko Westermann, aber man habe "über 90 Minuten ein gutes Spiel gezeigt". Zu seinem Gegenspieler Drogba, Torschütze in Minute 46, meinte er lapidar: "Es wäre besser gewesen, wenn er kein Tor gemacht hätte." Seinen eigenen Ballverlust im Mittelfeld, der jenes 2:0 vorbereitete, erwähnte Westermann lieber nicht.

Torwart Manuel Neuer stellte sich nach seinem frühen Patzer tapfer den Kameras und Mikrofonen, zeigte Reue ("bin natürlich niedergeschlagen, ärgere mich selbst am meisten"), Realitätssinn ("kann's nicht mehr rückgängig machen") und ein gesundes Selbstvertrauen ("trotz der Fehler in Rostock und Chelsea habe ich gut gespielt").

Mannschaftskollege Jermaine Jones nahm den jungen Mann in Schutz: "Wenn wir jetzt als Team auch noch auf ihn draufschlagen, bringt das gar nix. Wir müssen ihn aufbauen." Und Gerald Asamoahs Ausführungen gipfelten in der tiefen Erkenntnis: "Wir machen ja alle Fehler." Nur einer, der sich über die vermeidbare Niederlage gegen den wenig überzeugenden FC Chelsea so richtig ärgerte, so einer war leider nicht dabei.

Dabei hatte Trainer Mirko Slomka die richtige Taktik ausgegeben und mit Larsen, Asamoah und Lövenkrands drei Angreifer aufgestellt, um Chelseas zuweilen wacklige Defensive unter Druck zu setzen - was durchaus hier und da gelang.

Manager Andreas Müller wollte deswegen aufkommende Kritik an der Mannschaft abblocken und verwies auf Positives: "Wir haben heute gesehen, dass man auch eine Mannschaft wie Chelsea packen kann. Wir haben alle Möglichkeiten. In der Gruppe ist noch nix passiert, wir können das alles ausbügeln." Die Schalker profitierten allerdings auch vom Sieg der wackeren Norweger von Rosenborg Trondheim gegen den FC Valencia. Chelsea führt nun die Tabelle der Gruppe B mit sieben Punkten an, Trondheim schob sich mit vier Punkten auf Platz zwei. Valencia und Schalke haben jeweils drei Punkte auf dem Konto.

Die Schalker Fans freuten sich offenbar, im Konzert der Großen wenigstens mal dabei gewesen zu sein. Als die Niederlage feststand, sangen sie: "Den FC-Schalke-Walzer tanzen wir." Und der ehemalige Schalke-Keeper Jens Lehmann schickte Müller aus dem Stadion eine SMS: "Schade, da war mehr drin." Stimmt, es hat nur keiner so richtig wahrgenommen. Die Ehrfurcht vor dem großen FC Chelsea war schon gewaltig.

Avram Grant und sein "positive football"

Dabei spielt dieser zurzeit nicht gerade seinen besten Fußball. Avram Grant, der komplett uncharismatische Mourinho-Nachfolger, muss sich ständig Fragen nach dem Zauberfußball der Konkurrenz von Arsenal anhören. Schließlich hat Grant ja den Auftrag von Big Boss Roman Abramowitsch, nicht bloß ständig zu gewinnen, sondern auch noch schön und aufregend zu siegen - was Chelsea selbst unter Jose Mourinho selten gelang.

Und so wiederholt Grant in ausnehmend schlechtem Englisch gebetsmühlenartig sein Mantra vom "positive football". Er kann einem in seiner Hilflosigkeit fast schon leidtun - wenn da nicht diese schnodderige Arroganz wäre.

Grants Schalker Kollege Mirko Slomka sagte zum Abschluss des Abends, unterm Strich sei mehr drin gewesen. Recht hat er - und es gibt die baldige Möglichkeit auf Revanche: Auch im nächsten Champions-League-Spiel des FC Schalke am 6. November heißt der Gegner Chelsea. Mit einem Sieg wäre Slomkas Mannschaft wieder gut im Rennen.

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