Eklat in England:Chelseas Torhüter verweigert die Auswechslung

  • Der FC Chelsea verliert das Finale des Ligapokals mit 3:4 im Elfmeterschießen gegen Manchester City.
  • Für einen Eklat sorgt Chelsea-Torhüter Kepa, der vor dem Elfmeterschießen seine Auswechslung verweigert.
  • Für Trainer Maurizio Sarri bedeutet das eine weitere Schwächung in einer schwierigen Zeit.

Von Tim Brack

Antonio Rüdiger ist ein sehr guter Verteidiger, deutscher Nationalspieler. Beim FC Chelsea hält er die gegnerischen Spieler mit seiner beeindruckenden Physis weg vom Tor, beschützt seinen Torhüter Kepa Arrizabalaga vor zu heftigen Angriffen. Im Finale des Ligapokals gegen Manchester City führte er seinen wichtigsten Zweikampf aber gegen seinen eigenen Trainer, Maurizio Sarri.

Nach der Verlängerung baute sich der 1,90 Meter große Rüdiger vor seinem 1,89 Meter großen Chef auf, versperrte ihm den Weg. Sarri wollte zu Kepa, Chelseas Torhüter, der sich in der Nachspielzeit der Verlängerung einen Affront geleistet hatte, den man im Profifußball selten zu Gesicht bekommt.

Was ist passiert? Kepa war mit Oberschenkelproblemen in die Partie gegangen. Beim Stand von 0:0 deutete alles auf ein Elfmeterschießen hin, der Schlusspfiff nahte, da ereilte Kepa ein Krampf; der 24-Jährige ließ sich behandeln. Sein Trainer sah das und entschied sich, den Ersatzmann Willy Caballero einzuwechseln - keine schlechte Alternative für ein Elfmeterschießen, Caballeros Spitzname ist "Willy the Wall". Er gilt in der Szene als Spezialist dafür, Strafstöße abzuwehren.

Sarri brüllt, schimpft, gestikuliert wild

Caballero machte sich also bereit, stellte sich zur Einwechslung an die Seitenlinie und gab Kepa das Signal: Daumen hoch, ich bin bereit, dich abzulösen. Kepa, der mittlerweile wieder auf den Beinen war, winkte aber energisch ab, brüllte in Richtung Seitenlinie, wo Sarri neben Caballero stand, und führte sich auf wie ein trotziger E-Jugendspieler, der keine Lust auf eine Auswechslung hat.

Sarri reagierte angemessen ungehalten auf die Respektlosigkeit. Er brüllte, schimpfte, gestikulierte wild. Der Schiedsrichter sprach zwar mit ihm, hatte in der Situation aber keine Handhabe, um die Streitparteien zu befrieden. In den Fifa-Regeln heißt es: "Weigert sich ein Spieler, der ausgewechselt werden soll, das Feld zu verlassen, läuft die Partie weiter." Persönliche Strafen sind nicht vorgesehen. Beinahe wäre Sarri noch wütend in die Kabine gestapft, überlegte es sich kurz vor der Tür zum Innenraum aber anders und kehrte zurück in seine Coaching Zone. Kepa durfte letztendlich das Elfmeterschießen bestreiten, parierte sogar einen Ball, doch das Finale ging 3:4 an Manchester City verloren.

Noch mehr als die Niederlage im Endspiel dürfte Sarri die Demütigung schmerzen, die ihm sein eigener Torhüter - mit 80 Millionen Euro Ablöse der teuerste der Welt - zugefügt hatte. Der italienische Trainer steht bei Chelsea aufgrund einer Krise unter verschärfter Beobachtung. Es wird geraunt, Besitzer Roman Abramowitsch schmeiße ihn bald raus. Vor einer Woche - beim Ausscheiden aus dem FA Cup gegen Manchester United - skandierten Fans: "Fuck Sarriball!" Sarriball wird die spezielle Spielweise des Italieners genannt, die der 60-Jährige aber auch in der sportlichen Krise nicht anpassen will.

Sarri und Kepa versuchen, den Vorfall herunterzuspielen

Kepas Anmaßung schwächt Sarri in der öffentlichen Wahrnehmung weiter. Dabei hatte Chelsea sich im Ligapokal-Finale weitestgehend rehabilitiert für eine 0:6-Niederlage in der Premier League gegen ManCity zwei Wochen zuvor. Zwei Stunden lang hatten die Spieler gewissermaßen für ihren angezählten Trainer gespielt. Sarri war deswegen nach dem Spiel bemüht, den Vorfall herunterzuspielen. Alles sei nur ein "großes Missverständnis" gewesen. "Ich habe die Situation erst nach drei oder vier Minuten verstanden, als der Mannschaftsarzt an die Bank kam", erklärte er. "Der Torhüter wollte mich wissen lassen, dass er in der Verfassung war, ins Elfmeterschießen zu gehen."

Der Chelsea-Trainer schaffte es sogar, noch ein Lob für Kepa einzustreuen. Der Spanier habe recht gehabt, es aber "auf die falsche Art und Weise" ausgedrückt. "Er hatte die richtige Motivation, aber nicht das richtige Verhalten", sagte Sarri. Auch Kepa bemühte sich darum, die Situation zu beruhigen: "Der Coach dachte wohl, ich sei so schwer angeschlagen, dass ich nicht weiterspielen könnte. Aber mir ging es gut, und ich wollte unbedingt der Mannschaft helfen. Ich habe großen Respekt vor dem Trainer und seiner Autorität."

Ob die Treueschwüre Kepa davor retten, auf die Tribüne verbannt zu werden, wird sich bereits am Mittwoch zeigen, wenn Chelsea den Stadtrivalen Tottenham Hotspur empfängt. Drastische Konsequenzen bekamen Spieler schon für weniger zu spüren, doch Sarri braucht seinen besten Schlussmann, um aus der Krise zu kommen - und nicht in jedem Spiel sind die Fähigkeiten von Willy "the Wall" Caballero gut genug.

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