Chelsea im Finale der Champions League:"Wir haben es verdient"

Der FC Barcelona reagiert enttäuscht auf das Scheitern im Halbfinale der Champions League und sucht nach einer Erklärung. Der FC Chelsea dagegen rechtfertigt die destruktive Spielweise - und sendet eine Warnung an den Finalgegner.

Frieder Pfeiffer und Jürgen Schmieder

Als der Schiedsrichter die Partie abpfiff, da vergrub Lionel Messi seinen Kopf im Trikot des FC Barcelona. Als er wieder herausschlüpfte und nach oben blickte, war in seinem Gesicht keine Emotion zu erkennen. In dieser ausdrucklosen Mimik war alles abzulesen, was diesen grotesken Abend ausmachte. Die Partie endete 2:2, was für Barcelona nach dem 0:1 in Chelsea das Scheitern bedeutete.

FC Barcelona v FC Chelsea - UEFA Champions League Semi Final

Enttäuscht und ohne Erklärung: Lionel Messi nach der Partie gegen den FC Chelsea.

(Foto: Getty Images)

Wie hatte Barca nur ausscheiden können, nachdem sie den FC Chelsea in beiden Halbfinal-Partien der Champions League dominiert hatten? Sie hatten sich eine Anzahl an Chancen erspielt, die eigentlich für eine ganze Saison reichen müssten. Die Londoner hatten sich soweit zurückgezogen wie es möglich war, ohne bei den Zuschauern zu stehen.

Die Antwort liefert Messis Mimik: Eigentlich gibt es keine Erklärung.

"Große Enttäuschung beherrscht mich, wir haben fantastisch gespielt, aber es hat nicht gereicht. Unterm Strich haben wir versagt, denn wir haben einfach nicht getroffen", sagte Barcelonas Trainer Pep Guardiola, "Chelsea hat sehr gut verteidigt, zum Teil nur im Strafraum. Vor allem haben sie effektiv gekontert, daher gratuliere ich ihnen. Wir können uns nicht vorwerfen, nicht alles versucht zu haben."

"Schön spielen ist das eine", hatte Messi vor der Partie gesagt, "aber es zählt nur der Triumph, es zählt nur der Titel." In dieser Saison kann Barcelona nach der fast sicher verpassten Meisterschaft auch die Champions League nicht mehr gewinnen - und der 24 Jahre alte Argentinier steht exemplarisch für das Scheitern der Katalanen: Er vergab eine der wenigen wirklich klaren Gelegenheiten, er schoss einen Elfmeter an die Latte und drosch den Ball noch an den Pfosten.

"Wir sind Leo sehr dankbar. Ohne ihn wären wir nie so weit gekommen", sagte Trainer Pep Guardiola nach der Partie, "Er ist ein Vorbild für alle Spieler. Das sind nun traurige Stunden für ihn, aber das gehört zum Fußball." Messi selbst wollte nichts sagen.

Auch während der Partie war aus Messis Gesicht wenig zu lesen, doch die Aktionen des Offensivspielers verdeutlichten den Gemütszustand des FC Barcelona. Zu Beginn dribbelte und passte Messi selbstbewusst, wie immer suchte er nach Lücken, die außer ihm keiner finden kann. "Wir können nicht ausscheiden", schien das Motto zu sein.

Nach den beiden Toren von Busquets und Iniesta änderte sich die Einstellung zu "Wir werden definitiv nicht ausscheiden", der Anschlusstreffer von Ramires kurz vor der Pause sorgte für ein "Wir werden schon nicht ausscheiden" - nach Messis Stangentreffern jedoch wurde es zu einem "Wir werden doch hier nicht ausscheiden". Doch sie schieden aus.

Warnung an den Finalgegner

Es ist die Ironie der glorreichen Zeit des FC Barcelona, der in den vergangenen vier Jahren 13 Titel geholt hat, dass die Gegner auf die Schönheit seines Spiels nur noch mit zynischer Destruktivität reagieren können. Der FC Chelsea und auch Inter Mailand vor zwei Jahren boten natürlich beide keine untalentierten Mannschaften auf. Sie spielten aber so.

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Stürmer, Verteidiger, Spielverzögerer: Didier Drogba vom FC Chelsea.

(Foto: AFP)

"Wir haben gegen Barcelona nicht verloren, deshalb glaube ich, dass wir es verdienen, im Finale zu stehen", sagte Chelseas Trainer Roberto di Matteo, "wir spielen anders und ihr Stil ist einzigartig. Aber sie haben es nicht verdient. Wir haben es verdient, weiterzukommen." Fernando Torres, der das 2:2 erzielt hatte, ergänzte: "Wir konnten nicht anders spielen."

Chelsea agierte mit dem dichtesten Abwehrverbund, der je im Weltfußball gesichtet wurde - was vor allem am zweiten Spieler deutlich wurde, der exemplarisch für dieses Halbfinal-Duell gesehen werden kann. Im Hinspiel hatte Didier Drogba die einzige Torchance der Engländer zum Siegtreffer genutzt, am Dienstagabend war er der einzige Spieler, der für sich reklamieren kann, jeden einzelnen Grashalm auf dem Feld mindestens ein Mal berührt zu haben.

Drogba agierte zunächst als Stürmer, dann als offensiver zentraler Verteidiger. Nach dem berechtigten Feldverweis gegen John Terry wechselte er zunächst auf die rechte Abwehrseite, später auf links (wo er den Elfmeter verursachte, den Messi verschießen sollte), ganz am Ende tat er sich noch als Spielverzögerer durch Handspiel und Abklatschen sämtlicher Mitspieler bei seiner Auswechlung hervor.

Sie verteidigten, die Spieler des FC Chelsea. Und bei allem Glück muss man ihnen zugestehen, dass sie ganz herausragend verteidigten. Kein Chelsea-Spieler stand weiter als fünf Meter vom nächsten Chelsea-Spieler entfernt, und kein Chelsea-Spieler stand weiter als fünf Meter vom nächsten Barca-Spieler entfernt.

"Es schien so, als würde alles gegen uns laufen. Aber am Ende haben wir uns zusammengerissen und für unseren Traum gekämpft", sagte Juan Manuel Mata. Trainer di Matteo ergänzte: "Wir hatten auch etwas Glück, das braucht man gegen einen solchen Gegner. Aber wir waren auch sehr gut organisiert in der Defensive."

Das wiederum konnte man vom FC Barcelona nicht unbedingt behaupten. Die Defensive der Katalanen stellte sich beim Anschlusstreffer arg tölpelhaft an, so dass Ramires den Ball wunderbar über Victor Valdes lupfen durfte. Beim 2:2 durch Torres kurz vor dem Ende wurde Barca einfach überrumpelt.

Der FC Chelsea steht im Finale der Champions League. Der Verein wird am 19. Mai in München auf Raul Meireles, Ramires, Branislav Ivanovic und John Terry verzichten müssen und gilt deshalb schon jetzt als Außenseiter. "Alle Wetten waren gegen uns, aber wir haben fantastisch gekämpft und uns mit zehn Mann trotz eines Elfmeters und trotz eines 0:2 nicht unterkriegen lassen", sagte Di Matteo. Das ist durchaus als Warnung an den Finalgegner zu verstehen.

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