Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch:Er kam, sah - und fliegt mit dem Pokal wieder weg

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Er hat mehr als eine Milliarde Euro in den Fußballklub FC Chelsea investiert, ihm gehören Flugzeuge, Yachten, Häuser und Gemälde. Am Samstag nahm der russische Oligarch eine Trophäe in Empfang, die man nicht mit Geld kaufen kann: den Pokal der Champions League. Doch wo verbrachte Roman Abramowitsch diesen Tag?

Jürgen Schmieder

Die Planespotter am Besucherpark des Münchner Flughafens sind aufgeregt. Etwa 200 von ihnen stehen auf dem Hügel, 50 weitere an den Zäunen vor der Landebahn. Sie warten auf die Landung der Boeing 767-33AER mit der Kennung P4-MES, sie warten auf den Privatjet von Roman Abramowitsch. "Dieses Flugzeug fotografiert man nur sehr, sehr selten", sagt einer mit zwei gewaltigen Kameras in der Hand.

Privatjet: 160 Millionen Euro. Eigene Fußballmannschaft: eine Milliarde Euro. Den Pokal in Händen halten: unbezahlbar. Chelsea-Eigentümer Roman Abamowitsch. (Foto: REUTERS)

Der 45 Jahre alte Abramowitsch gilt als ein Meister des Tarnen und Täuschens, Fotos von ihm sind äußerst selten. Der Milliardär spielt gerne das schwer aufzuspürende Phantom. Auch in München ist von Abramowitsch lange nichts zu sehen.

Er habe das P1 für die Feier nach dem Spiel gemietet, sagen die einen. Andere behaupten, er treffe sich vor der Partie im Champions Village mit Sponsoren. Zwei Chelsea-Fans schwören, sie hätten Abramowitsch um 14 Uhr mit mindestens 30 Bodyguards am Mannschaftshotel gesehen - obwohl sein Privatjet zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gelandet ist. Ist er womöglich gar nicht mit Flugzeug gekommen?

Am Freitag war bereits der erste Privatjet von Abramowitsch gelandet, an Bord waren Freunde und Verwandte. Insgesamt sind laut einem Flughafenmitarbeiter fünf Flugzeuge in seinem Auftrag in München gelandet. Seit Freitag hat er auch eine Suite im Mandarin Oriental angemietet, dem Mannschaftshotel des FC Chelsea, der Sicherheitschef versichert jedoch, dass der Oligarch nicht im Hotel übernachtet habe. Wo ist er dann?

Am Samstag um 14 Uhr landet die Maschine von Abramowitsch, ein Flughafenmitarbeiter bestätigt später, dass tatsächlich der russische Oligarch aus der Maschine steigt. Das Flugzeug wird wie alle Maschinen ganz wichtiger Leute sogleich in den Frachtbereich des Münchner Flughafens umgeleitet, dort warten mehrere Limousinen auf Abramowitsch.

Kurz darauf wird er im Restaurant "Freisinger Hof" im Norden Münchens gesichtet, er isst dort mit seiner Entourage zu Mittag. Danach, so eine Mitarbeiterin des Mannschaftshotels, habe der Chelsea-Besitzer die Spieler bei der Besprechung im Hotel begrüßt.

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Im Champions Village, dem eigens errichteten Dorf für wichtige Menschen, ist nichts von Abramowitsch zu sehen. Ein paar leicht bekleidete Frauen mit blondiertem Haar und russischem Akzent versichern, Abramowitsch käme sicher bald vorbei, doch das stimmt nicht. Auch in der Champions Lounge, dem Aufenthaltsort der sehr wichtigen Menschen im Stadion, hält sich Abramowitsch zunächst nicht auf. Es huschen zwar Prominente aller Kategorien vorbei, aber nicht die schillerndste Figur dieses Finales.

Enttäuschung beim Treffer von Thomas Müller: Roman Abramowitsch und seine Freundin Dasha Zhukova. (Foto: dpa)

Dann, auf dem Weg zur Toilette, erscheint plötzlich Roman Abramowitsch. Einfach so. Er trägt ein weißes Hemd und eine blaue Strickjacke und natürlich den Fünf-Tage-Bart und das sarkastische Grinsen. Sein Bodyguard wehrt sofort alle Versuche ab, sich dem scheuen Milliardär zu nähern. Abramowitsch bleibt gelassen. Ein "Good luck" beantwortet Abramowitsch mit einem Kopfnicken, einem freundlichen Lächeln und einem "Thank You".

Er ist nicht in der abgetrennten VIP-Loge, sondern trinkt an einem Holztisch Mineralwasser, während sich seine Entourage an alkoholischen Getränken labt. Kurz vor dem Anpfiff dann geht er hinaus auf die Haupttribüne.

Das Spiel seiner Elf quittiert er lange Zeit mit sarkastischem Kopfschütteln, beim Ausgleich lächelt er, vor der Verlängerung eilt er nochmals zur Toilette. Während des Elferschießens wirkt er überaus nervös - dann jubelt er. Bei der Siegerehrung hält er sich zurück, erst als ihm Didier Drogba den Pokal in die Hand drückt, reckt er ihn in die Höhe und lacht, wie man diesen Menschen noch nie zuvor lachen hat sehen. Danach geht er in die Lounge und raunt dem Reporter, der ihn zehn Stunden lang gesucht hat, ein "unbelievable, my friend" zu.

Nach dem Spiel fährt Abramowitsch gemeinsam mit Trainer Roberto di Matteo ins Mannschaftshotel und wartet auf die Spieler, die erst eine Stunde später kommen. Am Sonntag um elf Uhr wird seine Boeing 767 den Münchner Flughafen in Richtung Moskau verlassen, so zumindest war es vor dem Spiel geplant. Nicht einmal 22 Stunden dauert der Besuch von Roman Abramowitsch in München. Er kam, er sah - und er flog mit dem Pokal wieder davon.

© SZ vom 21.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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