Chelsea-Aus in der Champions League:"José hat's vermasselt"

Lesezeit: 3 min

  • Überraschend gefasst kommentiert Trainer José Mourinho das frühe Champions-League-Aus der FC Chelsea.
  • Für die englische Presse hingegen ist klar: Mourinho ist schuld an der Niederlage gegen Paris Saint-Germain.
  • Tabellen und Statistiken der Champions League gibt es hier.

Von Korbinian Eisenberger

An der Londoner Stamford Bridge lief gerade die Schlussviertelstunde. Nach 75 Minuten im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals zwischen dem FC Chelsea und Paris Saint-Germain stand es 0:0. Und dennoch rannten die dezimierten Franzosen - Zlatan Ibrahimovic hatte früh die rote Karte gesehen - einem Rückstand hinterher. Die UEFA sieht es in ihrem Reglement vor, dass Tore in fremden Stadien bei Gleichstand mehr zählen als jene zuhause erzielten. Die Auswärtstorregel drohte Paris zum dritten Mal hintereinander aus der Champions League zu rechnen.

Man mag diese Bestimmung als sinnvoll erachten, kann es aber auch sein lassen. Chelsea-Trainer José Mourinho jedenfalls schaute recht entspannt von seiner Sitzschale auf das Treiben seiner blau gewandeten Mannen, denen die UEFA-Regel um kurz nach 22 Uhr noch in die Karten spielte. Eine Stunde später saß Mourinho nicht mehr, sondern fuchtelte an der Seitenlinie wild mit den Armen. In der Londoner Nacht hatte sich das Blatt gewendet.

"Keine Zeit zum Heulen", sagt Mourinho

2:2 stand jetzt auf der Anzeigetafel, 3:3 insgesamt - jetzt war plötzlich das Team von Kollege Laurent Blanc im Viertelfinale. In Momenten wie diesen empfiehlt es sich eigentlich, Mourinho aus dem Weg zu gehen. Zumal sich am Spielstand bis zum Schlusspfiff nichts mehr änderte und der FC Chelsea, einer der Mitfavoriten auf den Titel, ausgeschieden war.

Erstaunlich gefasst und ungewohnt defensiv stand der 52-Jährige nach Spielschluss Rede und Antwort. "Wenn ein Team es nicht schafft, zwei Ecken zu verteidigen und zwei Tore durch Ecken kassiert, hat man nicht verdient zu gewinnen", sagte er. Tatsächlich schien das Ausscheiden für ihn weniger dramatisch. "Wenn wir zum Ligacup noch die Meisterschaft gewinnen, ist das trotzdem eine fantastische Saison für uns", sagte Mourinho mit fester Stimme. "Also: Keine Zeit zum Heulen."

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Zlatan Ibrahimovic fliegt vom Platz, dennoch kommt Paris Saint Germain zweimal gegen den FC Chelsea zurück und steht im Viertelfinale. Thiago Silva wird vom Pechvogel zum Helden.

Die englische Tagespresse hingegen kommentierte das überraschende Aus weniger glimpflich. Das Land muss ein Viertelfinale ohne eigene Klubs fürchten, denn Arsenal (1:3 zu Hause gegen Monaco) und Manchester City (1:2 zu Hause gegen Barcelona) kämpfen nächste Woche nicht besonders aussichtsreich um die Ehre der Premier League. Da musste ein Schuldiger her. Der hieß Mourinho.

"Diesmal nicht, José, alter Junge. Chelsea wirkte schwerfällig und erschöpft und schied zurecht aus", schrieb der Guardian. Weniger aufmunternd titelte die Daily Mail: "José hat's vermasselt", so das Fazit, während die BBC sogar einen "hässlichen Schandfleck von einem Spiel" ausgemacht hatte. Für Mourinho, so die BBC, sei das ein harter Schlag - und er könne "nicht einmal behaupten, dass seine Mannschaft Pech gehabt hätte." Das tat Mourinho auch nicht.

Mourinho hatte sogar einige warme Worte für den Gegner übrig. Genauer gesagt für Zlatan Ibrahimovic. "Ich habe das Foul noch nicht im Fernsehen gesehen, aber falls die Entscheidung wirklich zu hart war, hoffe ich, dass sie ihren Fehler so klein wie möglich halten und ihn im Viertelfinale spielen lassen", sagte Mourinho. Dass die Entscheidung zu hart war, dürfte er mittlerweile in den TV-Bildern gesehen haben.

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Paris erlebt ein positives Déjà-vu

Ibrahimovic hatte in der 31. Minute die rote Karte bekommen, nachdem eine Horde Chelsea Spieler Schiedsrichter Björn Kuipers bestürmt hatte. "Bevor ich die rote Karte bekam, kamen alle Chelsea-Spieler an. Es hat sich angefühlt, als hätte ich elf Babys um mich herum", sagte der schwedische Nationalspieler. Tatsächlich hatte Ibrahimovic Chelseas Oscar zwar recht hart gefoult, aber das Bein zurückgezogen. "Wenn er nichts falsch gemacht hat, hat er es verdient zu spielen", sagte Mourinho. Dass Chelsea in der 44. Minute zu Unrecht ein Elfmeter verweigert wurde, erwähnte der Portugiese in keiner Silbe.

Die Franzosen indes erlebten am Mittwochabend eine Art positives Déjà-vu. Der neue Dreh im Plot sah vor, dass diesmal die Gegner der Pariser bei Tore-Gleichstand nach zwei Duellen mit hängenden Köpfen in die Katakomben stapften. Bereits in den vergangenen beiden Spielzeiten hatte Laurent Blancs Team - jeweils im Viertelfinale - drei Tore erzielt und drei kassiert. 2013 Gegen Barcelona (2:2, 1:1) reichte das ebenso wenig wie im vergangenen Jahr. Nach einem 3:1-Heimsieg setzte es auswärts ein 0:2. Der Gegner damals hieß Chelsea, und deren Wadenbeißer in der Verteidigung David Luiz. Jener Mann, der schließlich im Sommer beschloss, nach Paris umzusiedeln.

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In der 81. Minute entwischte Luiz sein früherer Teamkollege Gary Cahill, der den Ball im Pariser Tor versenkte und die Stamford Bridge zum Beben brachte. Sie bebte nicht lange, weil Luiz' Tingeltangel-Locken den Ball fünf Minuten später an Chelseas Torwart Thibaut Courtois vorbei ins Netz köpften. 1:1 stand es jetzt. Als schließlich Thiago Silva in der Verlängerung auch die zweite Chelsea-Führung egalisierte (116.), da war die Sensation perfekt. Ecke - Tor, damit hat der FC Chelsea einst den FC Bayern im Finale dahoam besiegt. Diesmal war es umgekehrt.

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