Champions League: Wolfsburg:Kurze Episode in der Königsklasse

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Kann Wolfsburg gut stehen und hinten dicht machen? Kann es nicht. Das 1:3 gegen Manchester beendet Wolfsburgs Hoffnung aufs Achtelfinale.

Claudio Catuogno

"Kompakt stehen", hatte Armin Veh gesagt vor diesem bedeutendsten Fußballspiel der Wolfsburger Vereinsgeschichte, "kompakt stehen" sei das Wichtigste. "Hinten dicht machen" sei allerdings auch nicht unwichtig, "locken lassen" dürfe man sich keinesfalls, außerdem müsse man es zwingend vermeiden, dem Gegner Raum zu geben.

Enttäuschung gegen eine B-Mannschaft aus Manchester: Zvjezdan Misimovic. (Foto: Foto: Getty)

Und dass der Trainer des VfL Wolfsburg dann, nur der Vollständigkeit halber, noch auf die zentrale Bedeutung der Abwehrleistung hinwies, muss nicht eigens erwähnt werden, denn natürlich fragte man sich längst: Kann das der VfL Wolfsburg überhaupt? Kann das diese Sturm-und-Drang-Elf, die stets alles nach vorne wirft, wo dann Dzeko, Grafite oder Misimovic Tor um Tor erzielen (wenn auch zuletzt mehr in der Theorie als in der Praxis)? Kann das der Meister also: Kompaktstehendhintendichtmachen? Gegen das große Manchester United?

Antwort: Er kann es nicht. Nicht in dieser Saison jedenfalls, in der Veh zwar meist eine fast identische Elf auf den Platz schickt - aber in der Innenverteidigung die Kandidaten Barzagli, Costa, Simunek und Madlung munter durchmischt wie Schokokugeln in einem Nikolausbeutel. Weil keiner der vier bisher die Form aus der Meistersaison fand.

Man schrieb also die 44. Minute an diesem Dienstagabend, an dem die Wolfsburger zunächst nicht den Eindruck vermittelten, als hätten sie auf so ein Spiel gegen ManU ihr halbes Fußballerleben lang hingefiebert: Nani flankte von links, ohne dass Sascha Riether etwas dagegen ausrichten konnte, dann segelte der Ball in hohem Bogen in den Wolfsburger Strafraum - Zeit, um sich zu sortieren. Im Fünfmeterraum schraubte sich Angreifer Michael Owen in die Höhe, ihn hätte man nun bewachen müssen. Doch Andrea Barzagli orientierte sich zur Mitte, Marcel Schäfer weit nach rechts. 0:1. Da hatte der VfL mit dem Champions-League-Achtelfinale nur noch so viel zu tun wie ein VW Polo mit der Formel 1. "Wir hatten bis dahin eigentlich gut verteidigt", klagte Veh. "Nur in dieser Situation eben nicht.

Michael Owen erzielte noch zwei weitere Tore, am Ende stand es 1:3, und weil zeitgleich ZSKA Moskau bei Fenerbahce Istanbul gewann, wurden die Wolfsburger durchgereicht auf den dritten Tabellenplatz der Gruppe B. Hinunter in die Europa League also, die kennen sie schon, aus jener Zeit, als der Wettbewerb noch Uefa Cup hieß. Wenn man so will, ist der Meister an diesem Dienstag endgültig aus seinem Traum erwacht, aus dem Stand heraus eine internationale Spitzenmannschaft zu werden.

Was nicht bedeuten muss, dass Armin Veh den falschen Fokus gesetzt hat mit seinem Flehen nach Kompaktheit. "Vorne werden wir uns die Chancen schon erarbeiten, da habe ich keine Sorgen", das hatte er ja auch noch dazu gesagt. Und zumindest in diesem Punkt sollte der Trainer Recht behalten: In Sachen Angriffsspiel gleicht der VfL immer noch einer Gruppe hochmotivierter Fließbandarbeiter, mit der Einschränkung allerdings, dass sie inzwischen im entscheidenden Moment Konstruktionsfehler begehen, die man von ihnen früher nicht kannte.

Barzagli (18.) und Misimovic (22.) hätten jeweils per Kopf die Führung erzielen können, sie zielten aber zu hoch, Grafite zielte gleich mehrmals daneben, wenn er den Ball nicht vorher verstolperte. Nur Edin Dzeko machte wieder sein Tor, das zwischenzeitliche 1:1 (56.). Außerdem wurde noch Makoto Hasebe von Michael Carrick von den Beinen geholt - ein Elfmeterpfiff blieb aber aus (13.). "Schade", fand Veh das alles, aber auch nicht sonderlich verwunderlich: "Das Glück steht nun schon seit Wochen nicht auf unserer Seite."

Es ist wohl keine Schande, gegen Manchester United zu verlieren. Allerdings hatte der Teamchef der Engländer, Alex Ferguson, verletzungsbedingt auf eine gesamte Stammelf verzichten müssen. Unter anderem fehlten Rio Ferdinand, Nemanja Vidic, Wes Brown, Gary Neville, John O'Shea, Jonny Evans, Edwin van der Sar, Owen Hargreaves, Wayne Rooney, Dimitar Berbatow und Ryan Giggs.

Das machte den Abend auch nicht gerade glamouröser für den VfL Wolfsburg, im Gegenteil: Nicht mal ein richtiges Manchester United haben sie als Gegner geboten bekommen bei ihrer allzu kurzen Episode in der europäischen Königsklasse.

© SZ vom 09.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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