Champions-League-Titel für Barça:Krone für den Dreizack

FC Barcelona v Juventus - UEFA Champions League Final

Triplesieger! Barcelona jubelt über eine perfekte Saison.

(Foto: REUTERS)

Messi bereitet vor, Suárez und Neymar entscheiden das Spiel: Der FC Barcelona schlägt in einem so turbulenten wie hochklassigen Finale Juventus Turin mit 3:1. Es ist der vierte Champions-League-Titel innerhalb von neun Jahren.

Von René Hofmann

Falls jemand vergessen haben sollte, worum es an diesem Abend ging: Die Organisatoren des ersten Champions-League-Finales in Berlin waren so freundlich, die ausgelobte Trophäe noch einmal extra groß in ihrem schönen Olympiastadion auszustellen - den berühmten Pott mit den zwei Henkeln, an denen er so prima getragen und geschwenkt werden kann.

Getragen und geschwenkt wurde er am Ende dieses abwechslungsreichen Abends von Neymar, von Lionel Messi, von Luis Suárez. Kurz: von den als Favoriten angereisten Spielern des FC Barcelona, die sich mit 3:1 (1:0) dank Toren von Rakitic (4. Minute), Suárez (68.) und Neymar (90.+7) gegen den italienischen Meister Juventus Turin durchsetzten, für den Morata zwischenzeitlich ausgeglichen hatte (55.).

Mit dem Erfolg sichert sich der FC Barcelona zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte das Triple. Für die Katalanen ist es nach 2006, 2009 und 2011 der vierte Triumph in dem Wettbewerb.

Messi leitet das frühe 1:0 ein

Bei jedem der vier Champions-League-Triumphe für Barcelona am Ball: Lionel Messi. Messi, immer wieder Messi: Viel war auch vor diesem Endspiel vom Können des 27 Jahre alten Argentiniers die Rede gewesen. Und was tat dieser Messi dann? Gleich nach drei Minuten und 20 Sekunden, in denen Juventus früh gestört und mit einer ersten Ecke signalisiert hatte: Hey, wir wollen hier auch mitspielen! Dieser Messi spielte den Ball aus dem Mittelfeld mit einer feinen Verlagerung auf den linken Flügel, wo Jordi Alba frei wie beim Freizeitfußball stand.

Ein Pass wie ein Brecheisen: Er hebelte Juventus' Defensive auf. Alba ließ die Kugel uneigennützig zu Neymar tropfen, der sich mit einer Körpertäuschung den Platz und damit die Zeit verschaffte, um die optimale nächste Anspielstation im Strafraum zu finden. Das war Andrés Iniesta. Dann ging alles ganz schnell. Neymar flach und fein zu Iniesta, der fein und flach weiter zu Ivan Rakitic, der fein und unhaltbar für Gianluigi Buffon ins Netz. Der Treffer war mehr als nur das 1:0. Er war auch eine Ansage der Favoriten: Wir spielen nicht nur gegen Juventus. Vor allem spielen wir sehr gerne miteinander.

Vor dem Anpfiff hatte es ein kurzes Vorglühen im Abendglühen gegeben. Sänger sangen, Tänzer tanzten. Woanders hätten sich die Protagonisten für einen solchen Anlass vielleicht in Schale geworfen. Aber doch nicht in Berlin! Das bunte Durcheinander war durchaus unterhaltsam, wirkte aber auch ein wenig improvisiert und durcheinander wie so mancher Kinderfasching in Kreuzberg. Wer hätte ahnen können, wie gut das zu dem folgenden Spiel passen sollte...

Vidal bewirbt sich um Verwarnungen

30 Jahre und 153 Tage: Juventus hatte die zweitälteste Formation aufgeboten, die je in ein Champions-League-Finale gezogen war. Und wenn das einen Vorteil hatte, dann diesen: Die Routiniers zeigten sich vom frühen Rückstand ziemlich unbeeindruckt. In der achten Minute suchte Vidal nach einem Konter über Morata von der Strafraumgrenze aus ein wenig zu zügig den Abschluss. Eine Minute später versuchte auf der anderen Seite Neymar aus ähnlicher Distanz sein Glück; er kam dem Tor schon näher. Kurz darauf bekam Buffon bei einem 16-Meter-halbrechte-Position-Schuss von Dani Alves in letzter Sekunde noch die linke Hand an den Ball.

Es ging hin und her. Und hüben wie drüben war es gefährlich. In der 36. Minute bewies Schiedsrichter Cüneyt Cakir - der erste Türke, der ein Champions-League-Finale leiten durfte - ein gutes Auge: Nach einem Steilpass ging Pogba nach einem Zweikampf mit Jordi Alba an der Strafraumgrenze zu Boden. Cakir ließ weiterlaufen - und das zurecht.

Barcelonas starker Sturm gegen Juves starke Defensive: So hatte vor dem Anpfiff eine Arbeitsthese gelautet, auf was sich das Spiel verdichten könnte. In der ersten Halbzeit fand dies keine Bestätigung. Was aber auffiel: Die rustikale Art, mit der vor allem Arturo Vidal sich schon im Mittelfeld dem Vorwärtsdrang fast jeden Spielers des FC Barcelona entgegenstellte. Früh bewarb er sich damit um eine gelbe Karte. Nach elf Minuten wurde sie ihm gewährt. Zehn Minuten vor der Pause bewies Neymar gegen Lichtsteiner, dass auch er durchaus das Stilmittel des Trittes mit einem gestreckten Bein beherrscht. Es war ein intensiv geführtes Finale, aber keineswegs ein überhart geführtes.

Die Partie kommt kurz ins Wanken

In der Halbzeitpause hätte Juve-Trainer Massimiliano Allegri die Seinen durchaus nochmal daran erinnern können, um was es an diesem Abend ging. Die erste Chance nach dem Wiederanpfiff gehörte Barcelona. Und was für eine Chance das war! Wann bietet sich einem in einem solch wichtigen Finale schließlich die Chance, zu fünft und mit dem Ball gegen zwei völlig alleingelassene Verteidiger anrennen zu dürfen? Wirklich nicht oft. Doch statt den Ball zirkulieren zu lassen, suchte Suárez den Abschluss - und scheiterte an dem überragend reagierenden Buffon, dem in dem Moment wirklich niemand ansehen konnte, dass er bereits 37 Mal Geburtstag gefeiert hat (48. Minute).

Es war eine vergebene Chance, die die Größe hatte, das Spiel kippen zu lassen. Und die Partie kam tatsächlich kurz ins Wanken. Sieben Minuten später führten die routinierten Turiner ihren ambitionierten Rivalen vor, wie Kaltblütigkeit beim Abschluss aussieht: Marchisio per Hackenpass rechts steil auf Lichtsteiner, der klug in den Rückraum, wo sich Tevez um Mascherano dreht und mit einem ersten Versuch aus rund zwölf Metern an ter Stegen scheitert. Barcelonas deutscher Torwart aber kann den Ball nicht festhalten. Er lässt ihn aus den Händen prallen, rechts in den Strafraum, wo Morata lauert, der keine Mühe mehr hat, den Ball ins Netz zu bringen. 1:1 - womit Juventus auf freundliche Einladung von Barcelona zurück im Spiel um den großen Henkelpott ist.

Juventus Turin hatte seine vergangenen drei Endspiele verloren. Barcelona hatte die letzten drei Endspiele gewonnen. Trend oder Zufall? Der 6. Juni 2015 ist dafür nur bedingt aussagekräftig. Nach dem Ausgleich verlor Barcelona jede Ordnung. Juventus kam zu Chancen, und es sah wirklich so aus, als könnte die Serie reißen. Dann aber kam die 68. Spielminute.

Und in dieser kam Lionel Messi im Mittelfeld an den Ball und marschierte mit diesem auf und davon, mit kleinen Trippelschritten, an Freund und Feind vorbei, Richtung Tor von Buffon, der den Schuss zwar halten konnte, ihn aber abprallen ließ. Aus sieben Metern vollendete Suárez, was er vollenden musste: 2:1. Wie schon beim ersten Treffer hatte Messi eine entscheidende Rolle gespielt, ohne ein wirkliches Glanzstück gezeigt zu haben.

Xavi bekommt zwölf Abschiedsminuten

Er, Suárez und Neymar: Weil sie zusammen so gefährlich sind, firmieren sie als "Dreizack". Und wie spitz auch der dritte Zacken ist, führte Neymar nur 240 Sekunden später vor: Nach einer kecken Kombination drückt er den Ball aus sieben Metern mit dem Kopf über die Linie. So zumindest sah es zunächst aus. Und entsprechend jubelte der Brasilianer über den Treffer - bis er auf Geheiß des Torrichters zurückgepfiffen wurde. Auf dem Weg zum Tor hatte die Kugel noch Neymars Hand berührt. Ihm Absicht zu unterstellen, ging recht weit, doch die Entscheidung war vertretbar.

Der starke Iniesta wurde kurz darauf von Trainer Luis Enrique auf die Bank beordert, um Platz zu schaffen für den 35 Jahre alten Xavi, der zwölf Abschiedsminuten bestreiten durfte. Sie bedeuteten seinen 151. Champions-League-Einsatz, mit denen er zum alleinigen Rekordhalter der Königsklasse aufstieg. In der hektischen Schlussphase konnte auch Barcelona Routine gebrauchen. Marchisio und Tevez prüften noch einmal ter Stegen, aber der Schlusspunkt, der wurde auf der anderen Seite gesetzt: Neymar traf, am Ende eines schnellen Vorstoßes, in der siebten Minute der Nachspielzeit, zum 3:1. Der Schlusspfiff ging im Torjubel unter.

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