Champions League:Steil gehen mit Mourinho

Der FC Bayern zieht die Kraftfußballer von Inter Mailand dem offensiven FC Barcelona für den finalen Akt in der Champions League vor - und van Gaal freut sich auf eine Pressekonferenz.

Moritz Kielbassa

Diego Armando Contento, ab Samstag 20 Jahre alt, faselte lange. Er unterließ, nach dem Wunschgegner fürs Finale befragt, Stehsätze wie "hab' da keine Präferenz" oder "müssen's eh nehmen, wie's kommt". Contento, Linksverteidiger des FC Bayern mit italienischem Blut in den Beinen, sagte entschieden: "Inter Mailand ist schwächer."

van Gaal, Mourinho; Reuters

Bild aus vergangenen Tagen: Louis van Gaal mit seinem Assistenten José Mourinho im Jahr 2000 in Barcelona.

(Foto: Foto: Reuters)

Diese Haltung war mehrheitsfähig in der Münchner Delegation, die nach dem Erreichen des Champions League-Endspiels in einem Business-Hotel vor den Toren Lyons die Gläser erhob. Hätte man eine Blitzumfrage nach der besseren Variante für das große Spiel in Madrid am 22. Mai durchgeführt, hätte Mailand wohl mit stabilen 97,8 Prozent das Rennen gemacht. Der Tabellenführer der Serie A ist zwar eine Kraftmaschine, denn Inter-Trainer José Mourinho steht für Edelversionen von Ergebnisfußball, mit physischer Wucht und hoher Organisationsdichte. Dennoch: Italienische Gegner lagen dem FC Bayern in dieser Saison sehr gut, Turin und Florenz ließen sie auf ihrem Trip nach Madrid zurück. Barcelona hingegen? Ist offensiv eine eigene Liga. Da schüttelt's all jene Münchner noch heute, die vor einem Jahr im Camp Nou beim 0:4 herabgewürdigt wurden. Nur 0:4. Auch Trainer Louis van Gaal legte sich daher fest: "Ich denke, gegen Inter hätten wir bessere Chancen."

Emotionale Bezüge hätte van Gaal zu beiden Finalgegnern. Mourinho ging bei ihm in die Lehre, als Assistent in Barcelona, auch charakterliche Ähnlichkeiten bestehen. Schon vor Inters Rückspiel in Barcelona am Mittwoch schickte van Gaal Mourinho eine nette Kurznachricht aufs Handy: Noch ein Spiel, dann sehen wir uns! Und zwei Journalistenfresser auf einem Podium, das wäre doch ein Vergnügen, findet van Gaal: "Dann machen José und ich", drohte er in Lyon schon mal, "eine schöne Pressekonferenz."

Vater van Gaal

Barcelona ist für van Gaal das nachzuahmende Nonplusultra: der perfekte Stilmix aus Ballkontrolle, gesunder Aggression und spielerischer Abenteuerlust. Trainer Pep Guardiola war einst bei Barca van Gaals Führungsspieler. Van Gaal glaubt nicht so sehr ans Prinzip Zufall auf dem Rasen. Er glaubt an die Verlässlichkeit von "Niveauunterschieden, die man im Training lernen muss", führte er in Lyon aus: "Unser Pressing war heute zu viel für den Gegner - aber vielleicht wäre im Finale das Pressing von Barcelona auch zu viel für uns."

Die systematische Grundlage des Bayern-Spiels unter van Gaal wurde in Lyon sehr gelobt: "Das hat zu Anfang der Saison nicht immer gut ausgesehen, erzählte Kapitän van Bommel, "aber wir haben immer daran geglaubt, dass wir eine gute, geschlossene Mannschaft haben. Und es gab von Anfang an ein gutes Gefühl mit diesem Trainer." Van Gaal sei"der richtige Mann im richtigen Verein zur richtigen Zeit", lobte Vorstand Rummenigge. Ehrenpräsident Beckenbauer erklärte: "Zehn Monate mit van Gaal zu leben, ist nicht einfach. Aber er ist der Vater dieser ganzen Geschichte."

"Unser Weg führt steil nach oben"

Bei einem Finalsieg würde der FC Bayern insgesamt etwa 60 Millionen Euro aus dem Champions-League-Jackpot ziehen - Geld auch für Transfers, im Sinne der neuen Personalstrategie: eigene Talente plus herausragende Spieler. Der Sieg in Lyon war zudem ein weiterer großer Schritt für die Bundesliga, um Italien in der Uefa-Wertung zu überholen und einen vierten Champions-League-Platz zurückzuerobern.

Viel Zeit für eine Sause blieb aber kaum: "Es gab keine Party - und wenn, weiß ich es nicht", sagte van Gaal vor dem Heimflug. Direkt nach dem Abpfiff hatte er appelliert: "Denken Sie an Samstag!" - an den VfL Bochum, die vorletzte Etappe zur möglichen Meisterschaft. Mit einem Triple käme die Ära van Gaal schon bei der Ouvertüre zum Höhepunkt. Aufhören würde er jedoch selbst dann nicht, stellte er am Mittwoch klar: "Dann habe ich zwar alles erreicht, Aber ich kann das nicht machen, dass ich hier weggehe."

"Unser Weg führt steil nach oben", jubelte Präsident Uli Hoeneß. Dabei sind die Bayern nicht so naiv, sich schon dauerhaft auf Augenhöhe mit Inter oder gar Barcelona zu sehen. Dass sie auch Glück hatten auf dem Weg nach Madrid und manche Gegner entsprechend Pech. Dass etwa Arjen Robben plötzlich als Torjäger explodierte, gesund blieb und dass seine kleinen defensiven Sünden bisher folgenlos blieben. All das aber , sagen sie bei Bayern, war schon immer so: Ohne Glück hole man nie Europas Henkelpott.

Beim ersten Landesmeister-Titel 1974 benötigten die Bayern in der ersten Runde im schwedischen Dorf Atvidaberg ein Elfmeterschießen. Und im Finale traf Schwarzenbeck, mit dem einzigen Torschuss seiner Karriere.

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