Das Flüsschen Aare leuchtete in den Farben der Borussia. "Grüüün", schwelgte mit ausgebreiteten Armen auf der Berner Nydeggbrücke ein beglückter Fußballfan vom Niederrhein. Wie so viele Touristen in der Schweizer Hauptstadt trug er am Dienstag das grün-weiße Gewand des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Am Abend zogen die etwa 5400 mitgereisten Fans stadtauswärts in den Vorort Wankdorf, wo der Klub im 'Stade de Suisse' ein Spiel von bedeutendem Charakter gewann.
Gladbach siegte bei den Young Boys Bern mit 3:1 (1:0) und sicherte sich damit bereits halbwegs den ersehnten Startplatz für die Champions League. Am nächsten Mittwoch wird in Mönchengladbach das Rückspiel ausgetragen. "Das Ergebnis ist gut, darf uns aber nicht täuschen", sagte der im Sommer aus Leverkusen nach Mönchengladbach zurückgekehrte Mittelfeldspieler Christoph Kramer, der just aus dem Spielverlauf in Bern jene Erkenntnis zog, die ihn vor einer leichtsinnigen Einstellung im Rückspiel warnte: "Im Fußball kann es schnell gehen."
Ein "Drü-vier-drü" (3-4-3) hatte Berns Stadionsprecher vor dem Anpfiff bei der Borussia ausgemacht, aber nicht er, sondern der Gladbacher Anhang wunderte sich ein wenig, dass der Neue Jannik Vestergaard anfangs auf der Bank saß und dass auch Mahmoud Dahoud und André Hahn sich nicht in der Startelf fanden. Nico Elvedi, Andreas Christensen und Tony Jantschke bildeten die Dreier-Abwehr, Ibrahima Traoré, Tobias Strobl, Christoph Kramer und Oscar Wendt das Vierer-Mittelfeld und Raffael, Lars Stindl und Thorgan Hazard den Dreier-Angriff.
Raffael brachte die Gladbacher per Fernschuss in Führung (11.), ehe die Berner, Zweiter der vergangenen Saison in der Schweiz, den Druck erhöhten und in der Borussia-Abwehr jene Lücken fanden, die ihnen immer aussichtsreichere Chancen sowie in der 56. Minute durch Miralem Sulejmani den verdienten Ausgleich ermöglichten.
Nun drohten die Gladbacher den Überblick und deswegen auch das Spiel zu verlieren. Guillaume Hoarau - Rückennummer 99 - brachte sich wiederholt aussichtsreich in Position, den Ball aber nicht im Tor des Schweizer Nationalgoalies Yann Sommer unter. Stattdessen war es Gladbachs André Hahn, der keine zwei Minuten nach seiner Einwechslung das zu diesem Zeitpunkt überraschende 2:1 erzielte (67.) und zwei weitere Minuten später seinen Kollegen Raffael zum 3:1 einschießen sah. Der von Alain Rochat abgefälschte Ball landete zum siegbringenden Treffer im Tor, womit die Berner final demoralisiert waren.
Die taktischen Überlegungen des Trainers André Schubert, den auf ihrem Kunstrasen mit langen hohen Bällen spielenden Bernern die hochgewachsene defensive Doppel-Sechs Tobias Strobl/Christoph Kramer entgegenzustellen, hatte sich bewährt, wenn die Borussia auch schlichtweg davon profitierte, dass die schnellen Schweizer ihre guten Chancen nicht nutzten. "Man hat gemerkt, dass Bern es gewohnt ist, auf diesem Kunstrasen zu spielen, das hat man vor allem am Offensivspiel erkannt", sagte Sommer.
Die Gladbacher lobten sich und ihre Leistung vor allem eingedenkt des Umstands, dass sie ihr erstes Pflichtspiel bestritten hatten, die Berner hingegen bereits die ersten Ligaspiele hinter sich haben. "Ich hätte mir eigentlich noch mehr Ballbesitz und Spielfluss gewünscht", sagte hernach der Trainer Schubert, entschuldigte das Scheitern dieses Vorhabens aber auch mit dem schnellen Kunstrasen.
Bevor die Borussen am nächsten Mittwoch die Berner zum Rückspiel empfangen und am übernächsten Samstagabend zum ersten Bundesligaspiel daheim Bayer Leverkusen, gastieren sie am kommenden Samstag zum Erstrunden-Pokalspiel beim niedersächsischen Viertligisten SV Drochtersen/Assel im Landkreis Stade. Die für die kommenden Wochen bevorstehende Dreifachbelastung geht gleich gut los, aber der Sprung ins kalte Wasser ist mit dem Sieg in Bern schon mal gut gelungen.