Paris Saint-Germain:Kolo Muani trifft nicht mehr

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Torjäger außer Dienst: Kolo Muani hat bei PSG seinen Stammplatz verloren. (Foto: Federico Pestellini/Imago)

Die schwierige Situation von PSG in der Champions League vor dem Gastspiel bei den Bayern hat mit der fehlenden Effizienz im Angriff zu tun. Vor allem der ehemalige Frankfurter Torjäger Randal Kolo Muani verliert zusehends das Vertrauen seines Trainers.

Von Stefan Galler

Zumindest in der Champions League ist die Lage für Paris Saint-Germain prekär: nur vier Punkte nach vier von acht Spielen, Tabellenplatz 25 und dazu noch ein Restprogramm mit Spielen gegen Manchester City, auswärts beim VfB Stuttgart und am kommenden Dienstag (21 Uhr) beim FC Bayern. Dem selbsternannten Dauerfavoriten droht im neuen Ligamodus sogar das direkte Ausscheiden.

Mächtig ist die Schere zwischen den Leistungen der auch nach den Weggängen von Neymar, Messi und zuletzt Kylian Mbappé immer noch prominent besetzten Mannschaft in der Liga und auf internationaler Bühne: Die Ligue 1 führt PSG nach elf Spielen mit sechs Punkten Vorsprung auf Monaco an. Aber vor allem in der Offensive hakt es, insbesondere in der Königsklasse. Dort verbuchte PSG in den bisherigen vier Spielen 81 Schüsse, herausgekommen sind aber nur magere drei Treffer, darunter ein Eigentor beim einzigen Sieg (1:0) gegen Girona, dazu Tore von Verteidiger Achraf Hakimi und von Mittelfeldspieler Warren Zaire-Emery. „Es mangelt uns an Effizienz, und wir spielen unter unserem Niveau, das stimmt“, sagt Trainer Luis Enrique und benutzt das starke Wörtchen „Blockade“.

Die Sturmkrise beim zwölfmaligen französischen Meister hat ein Gesicht, das man in Deutschland gut kennt: Randal Kolo Muani. Der einst gefeierte Torjäger von Eintracht Frankfurt trifft nicht mehr.

So auch in der Ligapartie vor der Länderspielpause, PSG gastierte bei Aufsteiger Angers, der in der Woche zuvor überraschend dem Tabellenzweiten Monaco ein Bein gestellt hatte. Als Kolo Muani in der 66. Minute ins Spiel kommt, führt der Favorit bereits mit 4:0, dennoch steht der Joker unter Druck: In den drei Ligapartien zuvor hat der 25-Jährige keine einzige Einsatzminute bekommen, dazwischen war noch die 1:2-Heimniederlage in der Champions League gegen Atlético Madrid, da durfte er zumindest eine Viertelstunde mitspielen, ein Tor gelang in dieser Zeit jedoch nur den Spaniern. In Angers fällt Kolo Muani in der Nachspielzeit dann der Ball am gegnerischen Fünf-Meter-Raum vor die Füße, er lässt einen Gegner aussteigen – und setzt den Ball an den Pfosten. Wie versteinert steht er da, während draußen Luis Enrique entgeistert die Hände zusammenschlägt. Am Ende steht wenigstens ein 4:2-Sieg für Paris.

Im Falle des einst von Nantes nach Frankfurt transferierten Nationalspielers stellt sich die Henne-Ei-Frage: Ist er erfolglos, weil er den Zuspruch des Trainers nicht spürt, oder hat der Trainer kein Vertrauen, weil der Stürmer danebenschießt? „Ich muss die Mentalität beibehalten, es liegt an mir, weiter daran zu arbeiten, dass der Trainer mir vertraut“, sagte Kolo Muani in einem Interview mit dem französischen Fernsehmagazin Téléfoot am vergangenen Wochenende. „Es ist Teil meiner Geschichte. Ich habe immer gearbeitet, es war nie einfach für mich.“

Schon in der Vorsaison hatte der Mittelstürmer die Erwartungen nicht erfüllt: Für etwa 95 Millionen Euro verpflichtet, gelangen Kolo Muani in 40 Pflichtspielen für PSG neun Tore und sechs Vorlagen – nachdem er bei der Eintracht 2022/23 noch 23 Treffer und 17 Assists verbucht hatte. In der aktuellen Saison steht er bei nur zwei Toren, jeweils als Joker und in der Nachspielzeit erzielt. Der Stammplatz ist weg, obwohl sich Gonçalo Ramos gleich im ersten Spiel schwer am Knöchel verletzte. Der Portugiese war nach dem Weggang von Mbappé zu Real Madrid als größter Konkurrent Kolo Muanis um einen Posten in der ersten Elf gehandelt worden.

Meist lässt Luis Enrique eine falsche Neun spielen, dennoch will er im Winter keinen teuren Zugang

Luis Enrique vertraut derzeit eher dem Spanier Marco Asensio oder dem Südkoreaner Kang-in Lee, einen von beiden platziert er meist als falsche Neun zwischen den beiden Flügelstürmern Ousmane Dembélé und Bradley Barcola. Und so kamen zuletzt Spekulationen auf, PSG würde den glücklosen Kolo Muani im Winter abgeben wollen – zum Discountpreis von 40 bis 50 Millionen. Als Interessenten galten Arsenal, Juventus und Manchester United, doch einem Transfer erteilt Luis Enrique eine Absage: „Er kann die Situation im Training jederzeit ändern.“

Dementsprechend soll auch kein anderer Top-Stürmer verpflichtet werden, weder Sporting Lissabons schwedische Tormaschine Viktor Gyökeres noch Victor Osimhen, der aktuell von Napoli an Galatasaray verliehen ist – beide Namen waren in den jüngsten Wochen immer mal wieder öffentlich gehandelt worden. Laut der Zeitung Le Parisien will der Coach Kolo Muani aber behalten und ihn nicht durch einen weiteren 100-Millionen-Zugang zusätzlich frustrieren. „Wir wollen mit unseren eigenen Ressourcen aus dem Problem in der Champions League herauskommen“, sagt Luis Enrique.

Zuletzt half dem Sorgenkind nicht einmal mehr der Ausflug zur französischen Nationalmannschaft, wo Kolo Muani sein Selbstvertrauen immer wieder hatte aufpäppeln können. Nach seinem Doppelpack beim 2:1-Erfolg gegen Belgien im Oktober lag er in der Effektivitätsstatistik sogar vor Karim Benzema und Thierry Henry – er hatte bei den Bleus weniger Minuten gebraucht, um ein Tor zu erzielen, als die beiden Legenden. Gegen Israel (0:0) und Italien (3:1) jedoch blieb der 25-Jährige nun ohne Treffer – obwohl er jeweils als einziger Franzose neben Torwart Maignan und Verteidiger Konaté durchspielte. Israels Keeper Daniel Peretz könnte ihm zumindest theoretisch schon am Dienstag bei der Bewältigung seiner Krise erneut im Weg stehen – als potenzieller Stellvertreter von Manuel Neuer im Bayern-Tor.

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