Champions League:Neun Versuche - und neunmal scheitert RB Salzburg

Red Bull Salzburg - Dinamo Zagreb

Tränen und Wut bei Valentino Lazaro (l.) von FC Red Bull Salzburg nach der verpassten Champions-League-Qualfikation.

(Foto: dpa)

Erneut verpasst der österreichische Brauseklub auf tragische Weise die Qualifikation zur Champions League. Der Schmerz ist gewaltig.

Von Tim Brack

Die Spieler von Red Bull Salzburg hätten die Köpfe wohl am liebsten in eine leere Dose des Brausegetränks gesteckt. Einfach verstecken, mit niemandem reden. Gerade waren sie in der Qualifikation zur Champions-League-Gruppenphase gescheitert - zum neunten Mal bei neun Versuchen. Trainer Óscar García rief seine niedergeschlagenen Spieler deswegen schnell nach dem Schlusspfiff zusammen, versuchte zu retten, was noch zu retten war.

"Der Fußball war unfair zu uns. Ich bin stolz, Euer Trainer zu sein. Ich möchte niemanden weinen sehen", bestärkte er sie. Doch das wirkte nur wie ein hilfloser Versuch.

Bei Stürmer Valentino Lazaro flossen die Tränen. "Wir waren mal wieder einfach zu dumm", sagte der Stürmer. Der Frust war verständlich. Denn das Scheitern gegen Dinamo Zagreb war der dramatischste der neun Versuche. RB hatte im Hinspiel in Zagreb 1:1 gespielt - eine gute Ausgangslage. Im Rückspiel stand es bis zur 87. Minute 1:0 für Salzburg. Der 20-jährige Lazaro hatte die Österreicher mit einem Solo von der Mittellinie in Führung gebracht (22. Minute). Sein Tempo, seine Unerreichbarkeit für die Gegenspieler waren Sinnbild der ersten Hälfte, so überlegen spielte Salzburg.

Salzburg hält nicht durch

Wäre es so weitergegangen, es wäre die Erfüllung des großen Traums gewesen. Doch es kam anders. 1:2 höhnte die Anzeigetafel nach 120 Minuten.

In der zweiten Hälfte musste Salzburg Tempo rausnehmen. Der Druck ließ ab der 65. Minute merklich nach. Torschütze Lazaro war da schon verletzt ausgewechselt (61.), später klagte er: "Von draußen war es hart zum Zuschauen." Was er beobachtete, waren zwei entscheidende Szenen: In der 62. Minute übersah Schiedsrichter Craig Thomson ein Handspiel von Dinamo-Verteidiger Leonardo Sigali und drei Minuten vor Schluss schoss Dinamos Junior Fernandes den Ausgleich.

Zu viel für die Leid geprüfte Salzburger Moral, die Szenen aus den vorangegangen acht Versuchen müssen in die Köpfe geschossen sein wie das Wasser durch einen löchrigen Staudamm. Die Angst vor dem Scheitern hemmte die müden Beine. Das passte Zuschauer Lazaro gar nicht. Die Mitspieler hätten sich in ihr Schicksal gefügt, kritisierte der 20-Jährige: "Jeder geht in die Verlängerung, als hätten wir schon verloren. Ich verstehe nicht, wie man so negativ sein kann."

Und ganz unrecht hatte der österreichische Nationalspieler wohl nicht. Schon nach fünf Minuten der Verlängerung war für Salzburg alles vorbei. Da stürmte Zagrebs El Arbi Hillel Soudani zu einem Konter los. Die Szene erinnerte an den Ausgleich von Antoine Griezmann im Champions-League-Halbfinale gegen Bayern München. Der Stürmer von Dinamo Zagreb machte es wie der Franzose, traf und zerstörte die Träume der Heimmannschaft. RB erholte sich nicht mehr von dem Treffer.

Der Frust ist gewaltig

Nach dem Abpfiff war der Frust groß. Der rechte Verteidiger Christian Schwegler tobte: "Ich bin vielleicht ein schlechter Verlierer, wenn ich behaupte, dass das ein klarer Elfmeter war. So etwas zu übersehen, das kann ich nicht in Worte fassen. Nichtsdestotrotz hätten wir die Führung über die Zeit bringen sollen. Aber fünf Schiedsrichter am Feld und man übersieht so ein Scheiß-Handspiel."

In der Saison 2005 hatte der Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz, der auch beim neunten Versuch zuschaute, die Salzburger übernommen. 2006 spielten die Österreicher dann das erste Mal unter ihrem neuen Besitzer in der Champions-League-Qualifikation. Gegen Valencia unterlag die Mannschaft in der Addition 1:3. 2007 folgte ein Drama, das mit dem aktuellen vergleichbar ist. Drei Minuten fehlten Salzburg gegen Schachtar Donezk im Rückspiel, dann trafen die Ukrainer durch den Brasilianer Brandao zum 3:1 und setzten sich nach der 0:1-Hinspiel-Niederlage doch noch durch.

Sogar gegen Düdelingen verlor RB

Ein peinliches Aus gab es 2012/13 gegen den luxemburgischen Außenseiter mit dem famosen Namen Düdelingen, damals trainierte der heutige Bayer-Coach Roger Schmidt die Salzburger, Ralf Rangnick war Sportdirektor. Ansonsten sticht das Aus der vergangenen Saison heraus, als RB das Hinspiel gegen Malmö FF 2:0 gewann, im Rückspiel aber wieder die Nerven und die Partie verlor. Mit 0:3. Das Ausscheiden gegen Maccabi Haifa (1:2, 0:3; 2009/10), Hapoel Tel Aviv (2:3, 1:1; 2010/11), Fenerbahçe Istanbul (1:1, 1:3; 2012/13) und noch einmal Malmö FF (2:1, 0:3; 2014/15) war weniger spektakulär, gründete aber mit das niederschlagende Fundament von neun vermasselten Qualifikationen.

Ob der Fluch (dieses Wort sei in diesem Fall erlaubt) nächste Saison beendet wird? Die Chancen auf die Qualifikation werden die Salzburger vermutlich wieder bekommen, der österreichischen Liga sind sie mit der Unterstützung von Mateschitz längst entwachsen, die Meisterschaft ist eingeplant. Vielleicht ist der Fußball dann auch nicht mehr so unfair zu RB, wie Trainer Garcia das nach der neunten Pleite feststellte.

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