Champions League: Manchester - Schalke:Auch die B-Elf ist zu stark

Schalke 04 kann eine verbesserte Reservemannschaft von Manchester United nicht gefährden und verabschiedet sich mit 1:4 verdient aus der Champions League. Was Schalke damit noch bleibt, ist das Pokalfinale gegen den MSV Duisburg.

Carsten Eberts

Die Aufstellung von Sir Alex Ferguson war natürlich eine Frechheit. Da ging Manchester United ohnehin als gigantischer Favorit ins zweite Halbfinale gegen Schalke 04, vielleicht hätte Ferguson tatsächlich die vereinseigene U17 nominieren können, um den 2:0-Vorsprung aus dem Hinspiel zu verteidigen. Doch der Wettbewerb hieß immerhin "Champions League" und nicht "niederschottische Bezirksmeisterschaft". Schickte es sich da für einen Adeligen, einen im Hinspiel unterlegenen Gegner schon mit der Aufstellung hochzunehmen?

Manchester United v Schalke 04 - UEFA Champions League Semi Final

Schon wieder vier Gegentreffer: Manuel Neuer (links) faustet gegen Manchesters Nani.

(Foto: Getty Images)

Positiv formuliert hatte sich Ferguson einiges einfallen lassen. Hinspiel-Torschütze Ryan Giggs? Nur auf der Bank. Die Ein-Mann-Naturgewalt Nemanja Vidić? Ebenfalls. Sturm-Bulle Wayne Rooney? Nicht im Kader. Die womöglich entscheidende Partie in der Premier League am kommenden Sonntag gegen den FC Chelsea überstrahlte aus britischer Sicht bereits am Mittwochabend alles. Die besten Kräfte wurden geschont, die Pflichtaufgabe gegen Schalke möge schon irgendwie gelingen.

Schalke 04 indes hatte schon vor dem Anpfiff die Gewissheit, dass es Wundersames benötigte, um aus dieser Dienstreise noch Gewinnbringendes mitzunehmen. Vor allem sollten sich den Roten aus Manchester diesmal ein paar mehr Spieler entgegenstellen als lediglich Torhüter Manuel Neuer, um das desillusionierende 0:2 vor einer Woche doch noch wettzumachen.

Schalke-Trainer Ralf Rangnick versuchte es nach dem Mittelfeld-Fiasko aus dem Hinspiel diesmal mit einer völlig neuen Konstellation: Die Offensive besetzten Jefferson Farfán, Alexander Baumjohann und der junge Julian Draxler, davor sollte Raúl versuchen, einen besseren Tag als im Hinspiel zu erwischen. Farfán hätte es bereits nach sieben Minuten beinahe geschafft, den Favoriten zu übertölpeln: Sein vielversprechender 20-Meter-Versuch strich jedoch deutlich vorbei.

Recht schnell war jedoch klar, dass auch Manchesters modernisierte Elf für Schalke gut genug sein würde. Nach 26 Minuten verlor José Manuel Jurado im linken Mittelfeld den Ball, Manchester schaltete schnell: Über Anderson und Darron Gibson kam der Ball steil auf Antonio Valencia, Schalkes Abwehr war augenblicklich seziert, Valendia guckte Keeper Neuer aus und schloss überlegt zum 1:0 ab (26.).

Auch der listige Sir Alex hatte nun die Gewissheit, dass seine kräfteschonende Aufstellung eine ziemlich gute Entscheidung war: Den Spielzug zum Führungstreffer hätten auch Rooney, Giggs oder gar ManU-Legende Eric Cantona nicht besser dargeboten.

Fünf Minuten später überlegte Ferguson dann tatsächlich, ob er für die zweite Halbzeit nicht noch den einen oder anderen U17-Akteur nachnominieren könnte. Mittelfeldmann Gibson zog von der Strafraumgrenze ab und ausgerechnet Manuel Neuer, der im Hinspiel seinen Marktwert noch im Minutentakt gesteigert hatte, unterlief ein Fehler: Gibsons mäßig harter Schuss sprang ihm an den Unterarm, von dort touchierte der Ball den Pfosten und sprang ins Netz (31.). "Uns fehlte ein bisschen die Courage, auch der Mut", befand Schalke-Sprotdirektor Horst Held hinterher, "da war uns Manchester selbst mit seiner B-Elf einen Schritt voraus."

"Nicht unser Abend"

Als schon zu diesem Zeitpunkt ein ganz und gar langweiliges Spiel drohte, erwischte ausgerechnet Schalkes an diesem Abend mäßiger Spanier Jurado einen passablen Moment: Eine Flanke von Uchida verpasste zwar Raúl, doch Jurado hämmerte den Ball aus 14 Metern unhaltbar ins Tor. Ging da noch was? Es waren schließlich nur noch drei Tore. So ähnlich hatte das im Viertelfinale gegen Inter Mailand auch funktioniert.

Schalke begann die zweite Halbzeit verbessert, passte sich anfangs formschön durch das zuvor britisch dominierte Mittelfeld. Spätestens bei Manchesters Not-Innenverteidigung aus Chris Smalling und Jonathan Evans, die so gewiss höchstens in der niederschottischen Bezirksmeisterschaft zusammen spielen dürfte, war jedoch Schluss. Schalke schaffte es nicht, Manchesters Reserve ernsthaft vor Aufgaben zu stellen.

ManU schaute den bemühten Schalker Versuchen rund zehn Minuten zu - und nahm sich dann vor, alle verbliebenen Zweifel am Finaleinzug zu beseitigen. Ein Treffer von Nani wurde in der 55. Minute wegen Abseits noch aberkannt. Dann jedoch ließ sich Anderson im Strafraum von den umher rutschenden Schalkern nicht aufhalten, strauchelte gar selbst, stand jedoch in bester Bruno-Labbadia-Manier wieder auf und vollstreckte mit links unhaltbar zum 3:1 (72.).

Anderson gefiel das offenbar sehr: Nur vier Minuten später stand der Brasilianer wieder richtig und ließ eine Berbatow-Flanke zum 4:1 ins Tor tropfen (76.). Schalke-Trainer Rangnick brachte noch den defensivstarken Joel Matip für Farfán. Die Idee dahinter: Matip möge helfen, die ganz große Demütigung zu verhindern. Dies gelang zumindest insoweit, dass Manchester kein Treffer mehr glückte. "Es war wieder nicht unser Abend", sagte Manuel Neuer nach dem Spiel: "Jeder einzelne hätte einen sehr guten Tag erwischen müssen, das war nicht der Fall."

Am Ende bejubelte Manchester den verdienten Finaleinzug kann sich nun ohne lästige Zwischenaufgaben auf das große Duell mit dem FC Chelsea konzentrieren. Gleiches gilt für Schalke 04: jedoch auf voraussichtlich etwas niedrigerem Niveau, im deutschen Pokalfinale, gegen den MSV Duisburg.

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