Champions League:Mailänder Minusrechnung

Madrid, Barcelona, München: Die Champions League wird von ihren Schwergewichten dominiert. Nur in Mailand hat man sich verrechnet: Inter wirkt zahnlos und sehnt sich nach José Mourinho.

Birgit Schönau

Bester Punktestand: Real Madrid. Bestes Torverhältnis: idem. Schönstes Spiel: Barcelona. Auf dem Fuß folgen: Chelsea, FC Bayern, Manchester United. Vier Engländer weiter, drei Spanier, drei Italiener. Schalke im Achtelfinale, Bremen draußen, Deutschlands Stadien voll, Italiens Arenen trostlos leer: alles nach Programm, schon wieder ein Vorrunden-Abschluss ohne Überraschungen.

Champions League -  Werder Bremen - Inter Mailand

Der einzige Mailänder, der noch immer ein Stadion verzaubern kann: Inter-Stürmer Samuel Eto'o.

(Foto: dpa)

Hätte sich nicht Schachtar Donezk unerhörterweise vor Arsenal platziert und Tottenham Hotspur vor Titelverteidiger Inter Mailand - dann wäre, wie alle Jahre wieder, am Ende der Gruppenphase das große Gähnen angesagt. Die Champions League bleibt ein heimeliges Turnier für die Großen, in deren Kassen lieblich die TV-Millionen klingeln. Man kann sich auch schon für die nächste Runde an den Fingern abzählen, wer weiterkommt. Nur in Mailand hat man sich gewaltig verrechnet.

Dort wurde als Nachfolger des Charismatikers José Mourinho, der Inter nach 45 Jahren den ersten Sieg in der Königsklasse beschert hatte, der brave Übungsleiter Rafael Benitez angeheuert - auch, weil er deutlich weniger kostete als der Topverdiener "Mou". Doch siehe da: Kaum ist jener nach Madrid entfleucht, strauchelt die Internazionale. In der Liga steht sie auf Platz fünf, in der Champions League zeigte sie kein überzeugendes Spiel, dafür aber zum Abschluss der Gruppe A eine 0:3-Klatsche bei Werder Bremen.

Es ist, als habe die Mannschaft nach den Kraftanstrengungen in der vergangenen Saison keine Motivation mehr. Statt die Gegner mit dem berüchtigten, bewunderten Nussknacker-Fußball Mourinhos zu zerquetschen, wirkt Inter schon wieder fast so zahnlos wie in den grauen Jahrzehnten ohne Titel. Einmal ganz nach oben aufgeschwungen, jetzt wieder im Mittelmaß aufgegangen.

Inters Sieg 2009/10 war ein Triumph der Teamstärke, außer Eto'o hat diese Elf keine Spieler, die ein Stadion verzaubern könnten. Selten überdauert jedoch ein solches Kollektiv seinen Trainer, der es zusammengeschmiedet und die Gruppe zu Leistungen angetrieben hat, die weit über die Summe der Einzeltalente herausragen.

Inters Präsident Massimo Moratti droht nun bereits, Benitez zu entlassen, falls ihm der Spanier nächste Woche nicht den Weltpokal heimbringt. Es wäre ein ziemlich fades Finale für eine Mannschaft, die kurzzeitig alle überrascht hatte, und die im Anschluss an ihren Triumph schon wieder den üblichen Verdächtigen das Feld überlässt.

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