Dass Stade Brest und Bayer Leverkusen einen optimalen Start in die Champions League hingelegt hatten und diese Begegnung am dritten von acht Spieltagen stattfand, das war den letzten Minuten des Treffens zwischen dem französischen Überraschungsteilnehmer und dem deutschen Meister nicht anzusehen. Beide Seiten zeigten keine Neigung, sich beim Spielstand von 1:1 mit dem Kompromiss zu begnügen. Die Leverkusener eilten jedem Ball so eifernd hinterher, als sei ein Siegtreffer von dramatischer Wichtigkeit, und auch die Bretonen suchten im angejahrten Stadion Roudourou in der Kleinstadt Guingamp jede Gelegenheit zum Angriff.
Nach acht hektischen Nachspielminuten blieb es beim gerechten Unentschieden – und das halbe Leverkusener Team inklusive Trainer erschien zur Sprechstunde bei Schiedsrichter Ivan Kruzliak. Dessen Miene verriet, dass er kein Interesse an Diskussionen hatte: Granit Xhaka holte sich prompt noch eine gelbe Karte ab; Xabi Alonso, bereits verwarnt, kam trotz heftiger Beschwerden ohne Buße davon – andernfalls hätte er am nächsten Europacup-Spieltag bei seiner Rückkehr an die Liverpooler Anfield Road mit einem Tribünenplatz vorliebnehmen müssen.
Adli fällt monatelang aus
Die Partie, lange Zeit bestimmt von zwei diszipliniert auftretenden Mannschaften, hatte sich gegen Ende an sich selbst entzündet – und an Kruzliaks eigensinnigen Entscheidungen. Am meisten regte sich Alonso darüber auf, dass der Schiedsrichter den Franzosen Soumaila Coulibaly nach dessen rigorosem Einsatz gegen Bayer-Angreifer Amine Adli nicht mal verwarnte. „Das Tackling war viel zu hart“, sagte der Trainer später, „wir sind sehr besorgt um Amine.“ Mit Recht, wie der Klub am nächsten Tag bestätigte: Adli erlitt durch Coulibalys Beinschere einen Wadenbeinbruch, er fällt mindestens bis Januar aus.
Der Marokkaner Adli wird Alonso fehlen, wenn er sein Personal für die Akkordarbeit im Herbst arrangiert. Im Vorjahr noch häufig Reservist, hatte sich der schnelle 24-jährige Flügelspieler zuletzt immer öfter in den Vordergrund gespielt. Der Verlust wiegt umso schwerer, da andere Profis aus der zweiten Reihe in Brest nicht überzeugten. Patrik Schick konnte sich als Alternative für Victor Boniface (der nach einem Autounfall zu Hause geblieben war), wieder nicht profilieren. Gegen Brest blieb er ohne Torchance und bis zur Auswechslung ohne nennenswerte Aktion. Den einzigen Treffer erzielte Florian Wirtz.
Xabi Alonso ließ sich nicht anmerken, dass ihm die Leistungsdefizite in seiner Rotationself Anlass zur Sorge gegeben hätten. „Ich bin sehr zufrieden mit allen Spielern“, sagte er und lieferte auch gleich die Begründung für das überraschende Kompliment: „Wir brauchen alle, sie müssen das Vertrauen spüren.“ In den englischen Herbstwochen ist Pragmatismus das oberste Gebot.