Champions League:Ronaldo Nimmersatt feiert spektakuläres Jubiläum

Lesezeit: 3 min

Tor Nummer 125: Cristiano Ronaldo. (Foto: AFP)
  • Beim 1:1 gegen Ajax trifft Cristiano Ronaldo zum 125. Mal in der Champions League.
  • Sein Einsatz gegen Ajax erschien vor dem Viertelfinale fraglich, jedenfalls für alle außer CR7.
  • Doch der ging erst zum Arzt, dann auf die Foltergeräte seines Fitnessraums und schließlich zum Friseur.

Von Birgit Schönau, Rom

Es war ein Schlagabtausch der großen Fußballschulen, ein europäischer Klassiker. Der fulminante Offensivfußball der frechen Sturm-und-Drang-Mannschaft von Ajax Amsterdam gegen den lauernden Kopf-Calcio der reifen Männer von Juventus. Am Ende trennte man sich 1:1, die Fortsetzung folgt also. Am kommenden Dienstag, in Turin, kommt das nächste Stück aus dem Lehrbuch.

Bis dahin werden sich die Trainer Erik ten Hag und Massimiliano Allegri noch minutiöser vorbereitet haben auf einen Gegner, den sie immerhin schon 90 Minuten studieren durften. Und die Fans des europäischen Elitefußballs dürfen sich auf einen weiteren Leckerbissen einstellen - jedenfalls die unbeteiligten. Es ist ja noch alles offen in diesem Viertelfinale, das die beiden vielleicht interessantesten Teams im Wettbewerb unter sich austragen. Wie so oft in der Champions League handelt es sich um eine Begegnung, die man sich als Endspiel gewünscht hätte. Ajax, die größte Überraschung, verkörpert die Möglichkeit einer Wachablösung nach drei Jahren Hegemonie von Real Madrid. Und tatsächlich haben Frenkie de Jong und seine Kollegen die Königlichen entthront, viele sagen: endlich.

Ronaldos Einsatz gegen Ajax erschien fraglich

Juventus hingegen steht für das zähe Ringen um die Erfüllung eines Auftrags. Nach zwei verlorenen Finalspielen 2015 und 2017 soll es nun gelingen, wie zuletzt vor 23 Jahren. Als Juve 1996 gegen Ajax zum letzten Mal die Champions League gewann, da waren de Jong, Kapitän Matthijs de Ligt, Jurgen Ekkelenkamp, David Neres, Donny van de Beek noch nicht geboren. Alle unter 23, so wie im Aufgebot von Juventus nur der Uruguayer Rodrigo Bentancur, 21, die neue, Funken sprühende Lichtgestalt im Mittelfeld. Auf den Einsatz seines Jungstars Moise Kean, 19, hatte Allegri am Mittwoch lieber verzichtet, stattdessen setzte er auf Paulo Dybala, den Hünen Mario Mandzukic und natürlich auf den unverzichtbaren Cristiano Ronaldo.

Der Portugiese, dem sie bei Real nicht allzu heimlich dicke Tränen nachweinen, hatte zuletzt Atlético mit einem Hattrick aus dem Wettbewerb befördert, um dann mit einer Oberschenkelverletzung ausfallen. Sein Einsatz gegen Ajax erschien fraglich, jedenfalls für alle außer CR7. Der ging erst zum Arzt, dann auf die Foltergeräte seines Fitnessraums und schließlich zum Friseur: Einmal Ananaskopf mit blonden Strähnchen, bitte, wir wollen den Holländern zeigen, was Exzentrik ist.

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Mit dem Pausenpfiff hatten die Ajax-Spieler es dann kapiert. Exzentrik ist, wenn ein 34 Jahre alter Kollege, der dreimal mehr verdient als die gesamte Amsterdamer Mannschaft, eine Halbzeit lang in der Versenkung abtaucht wie eine Viper in Untertemperatur, um sich beim ersten Sonnenstrahl blitzschnell aufzurichten und zuzuschnappen. Der Lichtstrahl war die Flanke von João Cancelo, die Cristiano Ronaldo die Möglichkeit zum Flugkopfball eröffnete. Ein Schlangenhechter - und drin war der Ball: 1:0. Der 125. Treffer in der Champions League ereignete sich auf den Tag genau zwölf Jahre nach dem ersten am 10. April 2007 für Manchester United gegen die Roma. Ronaldo war es sich schuldig, auch mit halber Kraft.

Amsterdam attackiert spektakulär, aber vergebens

Ajax reagierte respektlos. Kaum war die zweite Halbzeit eröffnet, ließ sich Cancelo von einem hellwachen David Neres den Ball abnehmen. Prompt zog der Brasilianer vor das Tor von Wojciech Szczesny, und es stand 1:1. Da waren gerade einmal 30 Sekunden gespielt - die beiden einzigen Treffer des Spiels fielen in der 45. und 46. Minute. "Wir haben nur einen Moment lang nicht aufgepasst", gestand Szczesny, der ansonsten zuverlässig Schlimmeres für sein Team verhinderte. So attackierte Amsterdam ebenso spektakulär wie vergebens, kreierte Chancen und konnte keine nutzen, während die Juve es bei einem Pfostenschuss des eingewechselten Douglas Costa beließ. In den Schlussminuten durfte Sami Khedira für den eigentlich viel früher erloschenen Federico Bernadeschi auf den Platz, es blieb beim Remis.

Auf den ersten Blick verschafft das 1:1 Juventus einen Vorteil, aber Allegri wäre nicht Allegri, wüsste er nicht, dass er sich auf gar keinen Fall darauf verlassen kann. Den Fehler, die Jungen aus Amsterdam zu unterschätzen, wird er nicht machen. Vor der Partie hatte der Juve-Coach von seinem Team öffentlich mehr Mut gefordert. Wenn damit mehr Courage für unkonventionelle Ideen gemeint war, ist das Kollektiv ihm das weitgehend schuldig geblieben. Über lange Strecken wirkten der hölzerne Mandzukic, der naiv-forsche Bernadeschi und der kraftlose Dybala allzu berechenbar. Nur der nimmersatte Ronaldo traut sich immer was, ob sein Können und eine neue Frisur indes gegen das Feuerwerk der fantasievollen und trickreichen Ajax-Kids ausreichen, wird sich zeigen.

Wenn die Amsterdamer noch ein wenig frecher würden und Juventus Turin ein bisschen verrückter, dann könnte das Rückspiel nächste Woche zu einer Sternstunde werden. Vieles deutet darauf hin, geht es doch bei diesem Nord-Süd-Duell um lang gehegte Träume und noch länger entbehrte Triumphe.

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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