Champions League:Inter Mailands Krawall verpufft

Champions League: Inter-Stürmer Lautaro Martínez musste gegen Liverpool leiden.

Inter-Stürmer Lautaro Martínez musste gegen Liverpool leiden.

(Foto: Giuseppe Maffia/NurPhoto/Imago)

Im heimischen San Siro begegnen die Italiener Liverpool mit Stolz und Aufmüpfigkeit. Doch die Auswahl von Trainer Jürgen Klopp zeigt Qualitäten einer Spitzenmannschaft, die Inter vermissen lässt.

Von Thomas Hürner

Vor einer Woche war José Mourinho zu Gast im San Siro, zum ersten Mal seit mehr als einer Dekade, und das ist von großer Bedeutung für die Gegenwart des Traditionsklubs Internazionale. Mourinho arbeitet inzwischen bei der AS Roma, doch in Mailand wurde ihm ein Empfang bereitet, den seinerzeit auch König Vittorio Emanuele II. für angemessen gehalten hätte. Von den Rängen hallte sein Name, minutenlang und in epochaler Lautstärke, es war eine Ehrerbietung, die dem portugiesischen Trainer die Tränen in die Augen trieb.

Mourinho, das zur Erinnerung, verließ Inter 2010 noch in jener Nacht, in der er dem Klub und den Tifosi das Triple geschenkt hatte, das volle Trophäenpaket aus Champions League, Meisterschaft und nationalem Pokal. Insbesondere hinterließ er bei Inter in diesem Jahr aber ein Gefühl: Das Selbstbewusstsein, zu den Giganten im europäischen Fußball zu gehören und es mit allen aufnehmen zu können. Lange her.

Inter-Coach Inzaghi ist trotz der Niederlage "stolz" auf sein Team

Vor dem Königsklassen-Duell am Mittwoch gegen den FC Liverpool hatte man sich in der Lombardei betont kleinlaut gegeben, der Inter-Trainer Simone Inzaghi hatte bereits vor dem Anpfiff die klassische David-gegen-Goliath-Erzählung apostrophiert: Auf der einen Seite die übermächtigen Engländer, mit ihren prallen Kassen und ihrem prunkvollen Kader, und auf der anderen Seite das aufmüpfige Inter, das allen Glauben in seine minimale Restchance stecken muss. Und das als italienischer Meister.

Dass die Partie 0:2 endete, vor heimischem Publikum, mag also wirken wie eine Mischung aus selbsterfüllender Prophezeiung und faktischer Unterlegenheit. So betrachtete das aus Inter-Sicht hernach aber niemand, weder die Protagonisten noch die professionellen Kommentatoren. Beim Coach Inzaghi überwog am Mittwochabend zum Beispiel "der Stolz" ob der Leistung seiner Mannschaft, und die Gazzetta dello Sport bejubelte tags darauf, dass Inter den Gegner "mit permanenter Aggression zum Leiden gezwungen" habe.

In der Tat musste das von Jürgen Klopp gecoachte Liverpool einige brenzlige Situationen überstehen, ehe es diesen wichtigen Schritt auf dem möglichen Weg ins Viertelfinale setzen konnte. Denn Inter, angetrieben von rund 40 000 Kehlen im Monumentalbau San Siro, zeigte eine so aufopferungsvolle wie mutige Darbietung, dass sie ganz nach dem Geschmack des einstigen Heroen Mourinho gewesen wäre. Allein: Den Spielern fehlte der Impetus des "Calcio cinico", das klinisch-sterile Herbeizwingen des richtigen Ergebnisses, traditionell ja das Fundament italienischer Erfolgsmannschaften.

Liverpool verfügte im Abschluss über mehr Abgebrühtheit und Effizienz

Inter konnte zwar einige Drangperioden in das auf defensive Solidität angelegte Spiel streuen, jedoch fand die Heimelf dann nur selten Risse im hermetisch abgeriegelten Liverpool-Block. Zu den hervorstechendsten Akteuren gehörten der Spielmacher Hakan Calhanoglu und Ivan Perisic, beide noch bekannt aus früheren Bundesliga-Tagen, aber halt nicht als geölte Tormaschinen. Sie trieben die Mailänder unentwegt an, mit Pässen und Läufen, sodass der Ausfall des rotgesperrten Europameisters Nicolò Barella nicht so ins Gewicht fiel, wie das von Experten vorher befürchtet worden war.

Allerdings fehlte Inter einmal mehr die Abgebrühtheit im Angriff, eine Unabdingbarkeit auf diesem Niveau. Der Argentinier Lautaro Martínez sorgt zwar stets für Krawall in der vordersten Linie, sein Sturmpartner Edin Dzeko fixierte die Bälle mit der Selbstgewissheit eines 36-Jährigen - jedoch, und das wollte am Ende aus Inter-Sicht niemand leugnen: In den entscheidenden Momenten fehlt jene kühle Effizienz, die die Liverpool-Angreifer auch kurz vor dem Schlafengehen noch abrufen können. So wie sie etwa Roberto Firmino unter Beweis stellte, als er Inters beste Phase mit einem nahezu banalen Kopfballtreffer nach einer Ecke beendete (75. Minute). Oder eben wie Mohamed Salah, der wenig später per Linksschuss den englischen Triumph auf italienischem Boden perfekt machte (83.).

"Wir hätten mehr verdient", argumentierte Inzaghi immerzu, als er mit leeren Händen den obligatorischen Interview-Marathon hinter sich brachte. Überdies prophezeite der Inter-Coach, dass sich diese Niederlage als "der Startpunkt von etwas Großem" erweisen werde. Es klang aber nicht so, als sei dieser Coup schon in drei Wochen vorgesehen, beim Rückspiel an der Liverpooler Anfield Road.

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