Champions League:"500 000 positive Sachen" - und ein Satz, der für Aufregung sorgt

Liverpool Press Conference

Liverpool-Trainer Jürgen Klopp.

(Foto: Getty Images)
  • Vor dem Halbfinal-Hinspiel zwischen dem FC Barcelona und dem FC Liverpool in der Champions League richten die Trainer Ernesto Valverde und Jürgen Klopp Komplimente an den Gegner.
  • Vor dem Halbfinal-Hinspiel geht es aber auch um eine Interview-Aussage Klopps über das Camp Nou - die der Trainer wohl anders meinte, als sie in Barcelona ankam.

Von Javier Cáceres, Barcelona

Dieser Tage erinnerte Jürgen Klopp, der Trainer des FC Liverpool, in einem Interview an einen Besuch im Camp Nou, das am Vorabend des Champions-League-Halbfinals in Barcelona größere Wellen schlug, als er vermutet hatte. Am Rande eines Kurztrainingslagers in Spanien war er am 6. Dezember 2016 mit seinem Team in die katalanische Hauptstadt gereist, um dem Champions-League-Spiel Barcelonas gegen Borussia Mönchengladbach beizuwohnen. Barca siegte 4:0. Die Erkenntnis, die Klopp im Vorfeld der Visite im Camp Nou am Mittwoch (21 Uhr) am Wichtigsten war und die er deshalb in Erinnerung rief, war atmosphärischer Natur: "Allein gesehen zu haben, dass das auch nur ein Stadion und kein Tempel ist, das war sicher wichtig", erklärte Klopp.

Nun sind sie in Barcelona beleidigt. Denn durch die eine oder andere Verkürzung, sinnentstellende Übersetzungen und mediale Zuspitzungen las sich das an vielen Orten als Geringschätzung. Und so war die Tempelfrage die erste, die Klopp ereilte, als er sich am Dienstag in den Pressesaal des Camp Nou begab - und die den deutschen Trainer einigermaßen erzürnte. "Ich habe vor dem Spiel 500 000 Interviews gegeben und Du kramst diesen Satz heraus. 'Oh, er hat 'kein Tempel' gesagt`. Dabei habe ich 500 000 positive Sachen über Barcelona gesagt."

Das stimmte, und er setzte es auch, wovon noch die Rede sein wird, am Dienstag fort. Allein: Das Thema war auf der Straße. Nicht nur irregeleitete Anhänger des 26-maligen Meisters der spanischen Liga reagierten - auch der FC Barcelona selbst sah sich bemüßigt, auf seinem Twitter-Account zu antworten: "Dies ist das Camp Nou. Unser Haus. Unser Tempel. Unsere Festung." Barcelonas Trainer Ernesto Valverde hingegen nahm Klopp in Schutz. Liverpools Coach sei ein Trainer, der - wie er selbst - den Fußball "entdramatisieren" wolle, sagte Valverde. Und überhaupt: Am Ende sei das Camp Nou "auch nur ein Spielfeld mit zwei Toren und 22 Spielern, die versuchen, ein Tor zu schießen".

Barcelonas Mittelfeldspieler Ivan Rakitic wollte die Bemerkungen Klopps ebenfalls richtig eingeordnet wissen, übrigens nach Ansicht der Interviewpassage im deutschen Original. "Er (Klopp) wollte seinen Spielern die Nervosität nehmen", sagte Rakitic. Doch ob das noch verhindert, dass sich am Mittwochabend ein Pfeifkonzert entlädt, wenn Jürgen Klopp über die Lautsprecher des Camp Nou den rund 90 000 Zuschauern als Trainer Liverpools vorgestellt wird?

Klopp wird daran natürlich nicht zugrunde gehen - und ein Halbfinalhinspiel ohne klaren Favoriten genießen. Während Barcelona zum ersten Mal seit 2015 wieder in einem Champions-League-Halbfinale steht (seinerzeit gewann Barcelona später auch das Finale in Berlin gegen Juventus Turin), kämpft Liverpool um den zweiten Finaleinzug nacheinander. 2018 hatte Klopps Liverpool gegen Real Madrid im Endspiel von Kiew verloren (1:3).

Klopp adelt Messi als "Nummer 1" der Fußballgeschichte

"Vor zwei Jahren war es noch ein Riesending, dass wir uns überhaupt qualifiziert haben", sagte Klopp. Nun stehe man einem "immer noch brillanten Team" gegenüber - auch wenn es Menschen gebe, die meinen, Barcelona sei ohne die abgewanderten Altstars Iniesta und Xavi nicht mehr dasselbe. Denn Barcelona hat immer noch Lionel Messi, den Klopp als "Nummer 1" der Fußballgeschichte adelte. "Mein Vater sagte zwar immer: Pelé. Aber den habe ich nie live gesehen", sagte Klopp. Aber "es dreht sich nicht alles um Messi". Sondern auch darum, den Gegner auf ein niedrigeres Level zu drosseln. Denn Barcelona habe neben Messi zehn weitere Weltklassespieler - angefangen bei Marc-André ter Stegen, der am Dienstag 27 wurde, über Gerard Piqué, Ivan Rakitic, der sich selbst in der Form seines Lebens sieht, oder Philipe Coutinho, der 2018 von Liverpool nach Barcelona wechselte. Es sei ohne ihn besser gelaufen als gedacht, sagte Klopp. "Aber wir vermissen ihn sehr."

Barcelonas Trainer Valverde wiederum war ebenfalls voller Komplimente für seinen Kollegen. "Er hat das, was er in Dortmund gemacht hat, nach Liverpool übertragen", dozierte der einstige Schützling des früheren Bayern-Trainers Jupp Heynckes. Seine Mannschaft, sagte Valverde, dürfe sich gegen Liverpool keinen Wimpernschlag erlauben. "Liverpool hat diese fünfzehnminütigen 'arrebatos' (zu Deutsch in etwa: Ausbrüche, Anfälle), in denen sie versuchen, Dich zu überrollen". Das Problem sei, dass nie abzusehen sei, wann die Furie sich entlade. Neulich habe er Liverpools Spiel gegen Chelsea gesehen, und da habe Klopps Mannschaft die Partie (erst) in den ersten fünfzehn Minuten der zweiten Halbzeit unter Starkstrom gesetzt. Womit Valverde für die gesamten 90 Minuten rechnet: einem Rivalen, der 90 Minuten lang extrem hoch presst, mit einer wahnsinnigen Intensität. "Es ist ein furchteinflößender Gegner", sagte Valverde.

Was freilich für ein gutes Resultat Barcelonas spricht: Klopp hat auf spanischem Boden nie gewinnen können, wie ihm ein englischer Reporter etwas maliziös vorrechnete. Maliziös, weil Klopp in Spanien fünf Mal Unentschieden spielte und nur drei Mal verlor. "Das ist gar nicht so schlecht, das hättest Du mir ja auch so präsentieren können", sagte Klopp. Und erinnerte daran, dass er zumindest daheim ein gutes Resultat gegen eine gewisse spanische Mannschaft erzielt hatte: ein 4:0 gegen Real Madrid. Kurz danach sei er auf Ibiza gewesen und in ein vollbesetztes Restaurant gelaufen. Keine Chance, habe der Maitre gesagt - und dann Klopp erkannt: "Du bist Jürgen Klopp! Der gerade gegen Real Madrid 4:0 gewonnen hat! Und dann bekam ich doch noch einen Tisch", juxte Klopp.

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