Champions League:Gegen Klopp zerbröselt Guardiolas System

Champions League: Jürgen Klopp (mi.): Spielt mit Liverpool ums Finale der Champions League

Jürgen Klopp (mi.): Spielt mit Liverpool ums Finale der Champions League

(Foto: AFP)
  • Der FC Liverpool gehört nach zehn Jahren wieder zu den vier besten Klubs Europas.
  • Möglich gemacht hat das Trainer Jürgen Klopp mit einer Umstellung des Außenstürmers Mohamed Salah.
  • Pep Guardiola reagiert mit einer Idee, die sein Team eher ausbremst.

Von Sven Haist, Manchester

Nach dem entscheidenden Tor stieg himmelblauer Rauch auf, in der Vereinsfarbe von Manchester City. Wie bei einer Papstwahl ließ das ein seltenes Ereignis vermuten, das sich der designierte englische Meister erhofft hatte, um nach einem 0:3 im Hinspiel noch das Halbfinale der Champions League zu erreichen. Aus dem Qualm eines Farbböllers, den ein Fan im Stadion aufs Spielfeld warf, erschien jedoch kein Erlöser, sondern das Schreckgespenst vom FC Liverpool: Mohamed Salah.

Mit der Umstellung nach einer halben Stunde, den rechten Außenstürmer Salah auf die Position des zentralen Angreifers zu beordern, leitete Liverpools Trainer Jürgen Klopp das 2:1 im Viertelfinal-Rückspiel in Manchester ein. Dieses Ergebnis bringt den fünfmaligen Europapokalsieger nach zehn Jahren wieder unter die besten vier Klubs in Europa. "Wir sind durch den Wirbelsturm gekommen und verdienen es, in der nächsten Runde zu stehen", sagte Klopp.

Salah, sein wichtigster Spieler, wird von Citys Innenverteidiger Nicolás Otamendi regelrecht gefürchtet, weil der Ägypter ihn in den bisherigen Duellen derart bloßstellte. Für das Spiel am Dienstag wechselte Otamendi deshalb von der halblinken Seite in der Abwehr extra auf halbrechts, möglichst weit weg von Salah. Das funktionierte, bis Liverpools Angreifer seinen Arbeitsbereich wechselte.

Die Reaktion des bei Manchester City zum Trainer-Messias gehypten Pep Guardiola, den defensiven Mittelfeldspieler Fernandinho zur Absicherung nach hinten zu holen, bremste statt Salah den eigenen Angriffsschwung. Beim Ausgleich lupfte der Ägypter den Ball über Otamendi hinweg ins Tor (56.), beim Treffer von Roberto Firmino half Otamendi mit einem Fehlpass (77.). Vorbei war Citys Aufholjagd mit lediglich drei Verteidigern in der Startelf, die nach 117 Sekunden durch Gabriel Jesus begonnen hatte und kurz vor der Halbzeit beinahe ernst geworden wäre, hätte der reguläre Treffer von Leroy Sané gezählt.

Aus Protest über die falsche Entscheidung lieferte sich Guardiola einen verbalen Schlagabtausch mit dem spanischen Schiedsrichter Mateu Lahoz, der ihn aus dem Innenraum verwies. "Ich habe ihn nicht beleidigt, bloß gesagt, dass das ein Tor war. Ich war höflich und korrekt", beteuerte Guardiola. Tags darauf titelte das Massenblatt Sun doppeldeutig: "Pep sieht rot". In 14 Duellen hat ihn Klopp mit seinem Abenteuerfußball nun acht Mal besiegt, in dieser Saison sogar dreimal nacheinander.

Guardiola soll schon ein neues Vertragsangebot haben

Gedankenverloren verfolgte Guardiola, 47, auf der Ehrentribüne die restliche Darbietung seines Teams. Obwohl die Spieler sich ständig nach einem Ansprechpartner umsahen, verzichteten seine Assistenten darauf, die Einflusszone am Seitenrand zu besetzen. Das veranschaulichte die scheinbare Hilflosigkeit der sündteuren Mannschaft, sobald sie auf sich alleine gestellt ist - und die Fragilität der Spielidee auf Topniveau, die Guardiola seit knapp zwei Jahren in Manchester lehrt. Das Hinspiel ging in Anfield durch drei Treffer innerhalb von 19 Minuten verloren. Beim Aus gegen AS Monaco im Vorjahr hatte es gleich sechs Gegentore in 180 Minuten gegeben.

Schon der FC Bayern musste in zwei aufeinanderfolgenden Saisons mit Guardiola in der Champions League leidvoll erfahren, wie schnell sich ein Titelwunsch in Luft auflösen kann. 2013/14 benötigte Real Madrid für die drei entscheidenden Tore im Rückspiel 18 Minuten, eine Saison später reichte dem FC Barcelona eine 17-minütige Phase in der ersten Partie für drei nicht mehr aufzuholende Treffer. "Was ich an den großen Teams bewundere, ist ihre Ruhe in den schlechten Momenten. Wenn der Gegner attackiert, bleiben sie so ruhig, als würden sie eine Tasse Kaffee trinken", sagte Guardiola. Bei ManCity bricht dagegen meist Panik aus, was vermutlich dazu führt, dass die schon einmal generalüberholte Verteidigung im Sommer erneut nachgebessert werden dürfte.

Der Leistungseinbruch mit drei Niederlagen in Serie und dem verbundenen Aus in der Königsklasse verschafft Guardiola, der den Wettbewerb mit Barcelona zweimal gewonnen hat, erst mal nur noch eine Möglichkeit, Klub-Besitzer Scheich Mansour den ersehnten Henkelpokal zu präsentieren. Sein Vertrag endet im Juni 2019. Dem Vernehmen nach hat der Verein ihm ein Verlängerungsangebot für eine weitere Saison unterbreitet: mit einem abstrusen Rekordgehalt von rund 23 Millionen Euro pro Spielzeit.

Aber auf ein paar Millionen kommt es ja jetzt eigentlich auch nicht mehr an, nachdem die arabischen Eigentümer in zehn Jahren etwa 1,5 Milliarden Euro an Ablöse für neue Spieler ausgegeben haben. In der Champions League war das Geld bislang nur himmelblauen Rauch wert.

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