FC Liverpool:Nur der Wind lässt Klopp zittern

Lesezeit: 2 min

Seltener Anblick: Jürgen Klopp, der trotz Niederlage grinsend über den Rasen geht. (Foto: Darren Staples/Sportimage/Imago)

Im eigenen Stadion hat der FC Liverpool noch nie einen Europapokal-Vorsprung verspielt und auch Inter Mailand gelingt es trotz des 1:0-Sieges nicht, die Serie zu brechen. Jürgen Klopps Team bleibt in dieser Saison damit Anwärter auf vier Pokale.

Von Sven Haist, Liverpool

Die Anstrengungen des Spiels waren Jürgen Klopp anzusehen. Obwohl er sich wie immer die Kappe weit ins Gesicht gezogen hatte, tränten seine Augen auch noch weit nach dem Abpfiff auf der Pressekonferenz. Dabei dürfte derzeit kaum ein Fußballtrainer in Europa ähnlich sturmerprobt sein wie Klopp, der seit seiner Ankunft beim FC Liverpool im Herbst 2015 im Vorort Formby an der Irischen See lebt. Das ebenso malerische wie raue Meeresufer ist geprägt von den schneidenden Küstenstürmen, die auch landeinwärts deutlich zu spüren sind.

Das borstige und für ausländische Mannschaften ungewohnte Klima animierte Liverpool im Europapokal - im Zusammenspiel mit einer feurigen Atmosphäre im Stadion - schon oft zu sagenhaften Leistungen. Im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Inter Mailand wurde es jedoch selbst den Reds, den Knallroten, im heimischen Anfield spürbar zu kalt. Liverpool zitterte und bibberte sich am Dienstagabend in die nächste Runde - was freilich mehr an den eiskalten Witterungsverhältnissen lag als an der Auseinandersetzung mit dem italienischen Meister.

SZ PlusFC Bayern in der Champions League
:Der Ältestenrat regelt das

Die Magie des 7:1-Siegs gegen Salzburg hebt die Laune beim FC Bayern enorm. Das Spiel lässt sich zudem als Aufforderung an die Chefetage verstehen, ein paar Verträge zu verlängern.

Von Christof Kneer

Nach dem Erfolg in Mailand (2:0) stand das Weiterkommen für Liverpool quasi bereits fest. Denn bislang schied der Verein noch nie in seiner Europapokalhistorie nach einem Auswärtssieg im Hinspiel aus. Die Spielstätte an der Anfield Road ist Liverpools verlässlicher Fels in der Brandung - und hielt auch diesmal allen Stürmen stand. Zum 37. Mal verteidigte der Klub trotz einer frostigen 0:1-Niederlage im Rückspiel über das Gesamtergebnis seine beeindruckende Bilanz, in den eigenen vier Wänden niemals einen Hinspiel-Vorsprung zu verspielen.

Aufgrund des Weiterkommens konnte Liverpool die erste Heimniederlage seit mehr als einem Jahr verschmerzen - damals, am 7. März 2021, unterlagen die Reds mit demselben Ergebnis überraschend dem FC Fulham in der Premier League. Nicht mal Klopp, ein bekennend schlechter Verlierer, schien die Pleite aufs Gemüt zu schlagen. Zwar würden ihm weiterhin Niederlagen widerstreben, aber in diesem Fall habe man sich eben eine leisten können. Sein Assistent Peter Krawietz teile ihm stets mit, erzählte Klopp geradezu vergnügt, dass die Kunst im Fußball darin bestehe, die "richtigen Spiele" zu verlieren.

Mit dem Verzicht auf Kapitän Jordan Henderson und der Nominierung eines sehr ballsicheren Mittelfelds stellte Klopp diesmal die Spielstärke über den Einsatz, um sich den Zweikämpfen der sehr mannorientiert verteidigenden Inter-Elf zu entziehen. Allerdings gelang es Liverpool aufgrund der Aggressivität des Gegners nicht dauerhaft, den Ball am Boden zu halten - wodurch die Partie zu einer Windlotterie wurde, sobald der Ball in die Luft flog. Trotzdem erspielte sich Liverpool zahlreiche Chancen: Joel Matip scheiterte mit einem Kopfball in der ersten Halbzeit an der Latte, Torjäger Mohamed Salah traf in der zweiten Halbzeit zweimal den Pfosten. Vermutlich sei das Team "ein wenig zu selbstsicher" aufgetreten, monierte Salah, der darin "einen guten Lerneffekt" für die Zukunft sehen wollte.

Champions League
:Real träumt von der Remontada

Madrid muss im Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain ein 0:1 aufholen - und baut auf die sagenumwobene Macht des Bernabéu-Stadions. Ob Toni Kroos mitspielen wird, ist noch offen.

Von Javier Cáceres

Tatsächlich wirkte Liverpools unterkühlte Darbietung, als hätte man die Partie "im Autopiloten" zu absolvieren versucht, wie die italienische Zeitung La Repubblica urteilte. Liverpool konnte sich den Schongang leisten, weil sich Inter nach dem fulminanten Distanztreffer von Stürmer Lautaro Martínez (61.) selbst schwächte. Fast unmittelbar auf das 1:0 folgte nach einem rüden Einsteigen die gelb-rote Karte für Angriffspartner Alexis Sánchez (63.). Aus Sicht der Times nahm diese Hinausstellung den Italienern "in böigen Verhältnissen den Wind aus den Segeln".

Durch den Einzug ins Viertelfinale bewahrt sich Liverpool die Chance auf ein in England historisches Quartett an Pokalen. Nach dem Titelgewinn im League Cup liegt Klopps Elf auch in der Premier League und im englischen FA Cup noch formidabel im Rennen. Zittern müssen die Reds gerade allenfalls vor dem Wind.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Salzburgs Niederlage beim FC Bayern
:Jung, mutig, chancenlos

Ein coronageschwächtes Salzburg kann mit dem FC Bayern nicht mithalten - womöglich geht es dem Ausbildungsklub auch gar nicht darum. Denn gelernt haben die Spieler auch beim Stand von 1:7 noch.

Von Felix Haselsteiner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: