FC Bayern in der Champions League:Überrollt vom Rekordchampion

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Tabitha Chawinga ist mit mehr als 31 km/h die schnellste Spielerin der Champions League – und war auch vom FC Bayern bei ihrem Treffer zum 3:1 für Lyon nicht aufzuhalten. (Foto: Catherine Steenkeste/Getty Images)

Der Einbruch beim 1:4 gegen Olympique Lyon bringt den Fußballerinnen des FC Bayern die Gewissheit: Der Abstand zu den internationalen Spitzenteams ist nach wie vor groß. Trotzdem hat der Klub noch große Ziele in dieser Saison.

Von Anna Dreher

Bevor Alexander Straus wissen konnte, wie dieses Spiel in der Champions League enden und welchen Einfluss es auf die Saisonbilanz haben würde, träumte er ein wenig. Er hoffe, sagte der Trainer des FC Bayern vor ein paar Tagen, dass Georgia Stanway, Lena Oberdorf und Katharina Naschenweng bald zurück seien und fortan gemeinsam spielen würden. Man konnte den Satz gedanklich fortsetzen: Was uns das für Möglichkeiten bringen würde!

Und vielleicht dachte Straus auch am Mittwochabend an seine drei Langzeitverletzten, als er das Ergebnis des Viertelfinal-Rückspiels bei Olympique Lyon und die Gründe dafür kannte: eine 1:4-Niederlage, was addiert um das 0:2 aus dem Hinspiel eine 1:6-Klatsche ergibt. Immerhin gegen den Rekordmeister, der zum 14. Mal das Halbfinale erreicht hat und diesen Wettbewerb zum neunten Mal gewinnen kann. Aber das tröstete auch nur bedingt. Enttäuschend sei das, gerade nach der ersten Halbzeit, „wo wir mit das Beste in drei Jahren gezeigt haben. Wir haben fantastischen Fußball gespielt. Wir haben exakt das gemacht, was wir geplant hatten“, sagte Straus in Lyon: „Es ist hart, das jetzt hinzunehmen.“

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Von Anna Dreher

Nach dem Hinspiel war bereits klar, dass sein Team beim Wiedersehen eine enorme Leistungssteigerung gebraucht hätte, um den Einzug unter die besten vier Klubs Europas zu schaffen. Es wäre das erste Halbfinale seit 2021 gewesen, nach der Einführung eines neuen Modus mit Gruppenphase war dreimal im Viertelfinale und vergangenes Jahr bereits in der Vorrunde Schluss. „Dass es dieses Jahr leider wieder nicht gereicht hat, tut schon sehr weh“, sagte Klara Bühl: „Wir leiden gerade alle sehr.“ Der Frust saß auch deshalb so tief, weil zwei Spiele in einem steckten – blöderweise in einer Reihenfolge, die dem FC Bayern nicht half.

Drei von sechs Gegentoren basieren auf falschen Entscheidungen der Bayern-Spielerinnen

Noch die erste Hälfte gehörte den Münchnerinnen. Sie spielten druckvoll und zeigten, welches Potenzial in diesem Kader steckt. Sie zogen ihr Spiel klarer auf als in den Begegnungen zuletzt, brachten Olympique zu einem defensiveren Auftritt und hatten bei zwei Chancen von Lyon auch noch Glück. Belohnt wurde all das mit der Führung. Klara Bühl schloss mit links ab, der rechte Innenpfosten half ihr – und auf einmal wirkte es nicht mehr unmöglich, selbst gegen diesen Gegner einen 0:2-Hinspiel-Rückstand aufzuholen.

Doch die Lücke zu den internationalen Spitzenklubs ist noch vorhanden, größer als gewünscht, dafür lieferte die zweite Halbzeit auf fast schon brutale Art den Beweis. Als wären noch nicht alle Spielerinnen des FC Bayern zurück auf dem Rasen, startete Lyon mühelos den ersten Angriff. Der Ball wurde nicht konsequent geklärt, landete bei Kadidiatou Diani, deren Flanke Melchie Dumornay aus kurzer Distanz zum Ausgleich einnickte. Nach gerade einmal 27 Sekunden. Von da an hatte es sich das Momentum anders überlegt und wechselte vergnügt die Seite.

Lyon hatte zu Beginn der Partie mit zwei gefährlichen Chancen von Dumornay und der unfassbar flinken Tabitha Chawinga daran erinnert, wie schwer die Offensive der Französinnen zu kontrollieren ist. Beide hatten mit ihren Toren schon das Hinspiel entschieden. Und dann kam Diani dazu – und erneut unfreiwillige Unterstützung der Bayern. Nach einem langen Ball hatte Giulia Gwinn ausreichend Zeit, die Situation zu entschärfen, doch bei der Mitnahme versprang ihr das Spielgerät – und schon rauschte Diani in sie hinein (54.). Beim 3:1 sechs Minuten später hatte Olympique das Spiel längst an sich gerissen, die Kombination Dumornay-Diani-Chawinga ließ sich nicht aufhalten. Und als hätte dieser Viertelstundenüberfall nicht gereicht, schob in der Nachspielzeit auch noch Ada Hegerberg den Ball durch die Beine von Torhüterin Maria Luisa Grohs.

Klara Bühl (Mitte) stärkte gegen Olympique Lyon den Glauben an ein kleines Fußballwunder - doch ihr Führungstreffer reichte gegen den Rekordsieger der Champions League nicht. (Foto: Catherine Steenkeste/Getty Images)

Straus hatte davor gewarnt, dass selbst kleine Fehler sofort bestraft würden. Danach sah sich der Norweger bestätigt: „Wir haben das in diesen Spielen erfahren. Daraus müssen wir lernen und wir müssen Gegner genauso bestrafen wie sie uns.“ Drei von sechs Gegentoren basierten auf falschen Entscheidungen seiner Spielerinnen, diese individuellen Fehler entstanden ohne großen gegnerischen Druck. Sie wären möglicherweise auszugleichen gewesen, hätte Bayern seine Angriffe insgesamt mutiger und ähnlich gnadenlos wie Lyon gespielt. Und diesmal kam auch nicht der Eindruck auf, dass die Wechsel zu viel durcheinandergebracht hätten. Straus änderte seine Startelf auf vier Positionen, zuletzt hatte er zweimal auf sechs Positionen getauscht und später eingeräumt, dass es im Hinspiel gegen Lyon womöglich zu viel Rotation gewesen sei.

Und ja, vielleicht hätten die Münchnerinnen auch mit den Mittelfeldspielerinnen Stanway (Außenbandriss), Oberdorf (Kreuz- und Innenbandverletzung) sowie einer schnellen und offensivstarken Verteidigerin wie Naschenweng (Kniegelenksverletzung) verloren. Hinzu kommt der Ausfall der momentan angeschlagenen Kapitänin und Abwehrchefin Glódís Viggósdóttir. Aber all diese Spielerinnen stehen dafür, jene Stabilität in ein Spiel bringen zu können, die nun in den entscheidenden Momenten fehlte. Geholfen hätte auch die Physis von Stanway und Oberdorf, die gegen das athletische Team von Lyon mehr Widerstandsfähigkeit gebracht hätten.

Wer für den Klassenunterschied ein weiteres Beispiel suchte, musste nur auf die wirkungsvolleren Wechsel schauen: Olympique konnte die ehemalige Weltfußballerin Hegerberg als frische Kraft bringen, ebenso die achtmalige Champions-League-Siegerin Eugénie Le Sommer. Im Halbfinale trifft Frankreichs Tabellenführer nun auf Arsenal, das sich im Viertelfinale gegen Real Madrid durchsetzte – kurioserweise mit exakt jener Ergebniskonstellation (0:2/3:0), die der FC Bayern gebraucht hätte.

Die Frage, was mit dem grundsätzlich gut aufgestellten Münchner Kader international möglich ist, wird vorerst damit beantwortet, dass die Leistung in der Champions League nicht reicht. Von den „Momenten der Brillanz“, die Verteidigerin Magdalena Eriksson vereinzelt sah, gab es zu wenige. Aus dem ambitionierten Saisonziel Triple kann jedoch noch das Double werden. Was in seiner Bedeutung für den Klub nicht zu unterschätzen ist – Meisterschaft und DFB-Pokal haben die Münchnerinnen noch nie in einer Saison gewonnen. Die Bundesliga führen sie derzeit mit sechs Punkten Vorsprung an, im Pokalfinale treffen sie auf Werder Bremen. In beiden Wettbewerben ist der FC Bayern Favorit.

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