Arjen Robben beim FC Bayern:Junge Momente eines alternden Mannes

Bayern München - Benfica Lissabon

Der alte Trick funktioniert noch: Arjen Robben jubelt über das 1:0 gegen Benfica Lissabon.

(Foto: dpa)

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Es gibt in einem Fußballstadion hin und wieder Momente des feinen Humors. Mitte der zweiten Halbzeit, als der FC Bayern gegen Benfica Lissabon mit 4:1 führte, stimmte die Südkurve München einen Klassiker von Jürgen Drews an: "Wieder alles im Griff/auf dem sinkenden Schiff/Keine Panik auf der Titanic/Land in Sicht, wir sterben nicht." Das ging ein paar Minuten lang so und war über die vergangenen Wochen vielleicht der selbstironischste Umgang mit der Krise beim FC Bayern. Aber gut, die Kurve sang erst, als klar war, dass Lissabon nach dem blitzschnellen 1:3-Anschlusstreffer nach der Pause nicht doch noch zurückkommen würde. Man hat hier ja schon Dreidreis gegen Düsseldorf erlebt.

Auch in der ersten Halbzeit sang die Kurve, aber da ging es nicht um das Verhalten in einer marinen Notlage, sondern um einen alten Helden. Der Text handelt von einem Traum, von einer Nacht in London, als man "den Thron erklommen" habe und "der Arjen es gemacht" hat. Die Fans sangen vom Champions-League-Sieg 2013, weil auf dem Platz der Torschütze von Wembley zwei Tore geschossen hatte. Oder sollte man schreiben: Endlich mal wieder?

Arjen Robben ist mittlerweile 34 Jahre alt, und das ist in der Fußball-Welt eigentlich nur dann jung, wenn man es mit dem Alter von Franck Ribéry vergleicht. Der ist 35. Und gerade angesichts der jüngsten Ergebnisse gab es viele, die darin ein Problem sahen. Nicht, dass man Robben vorwerfen würde, zu altern. Sondern dass in seinem Alter so viel von ihm abhängt. Der FC Bayern spielt ja erschreckend oft immer noch mit einer Taktik, die auf einen Robben-Moment ausgelegt ist.

"Wenn wir am Samstag wieder verlieren, dann ist sofort wieder Unruhe"

Und gegen Benfica gab es zwei dieser Momente. Beim ersten Tor setzte sich Robben mit ein bisschen Glück (der Ball flipperte zwischen seinen Beinen kurz unkontrolliert hin und her) gegen drei Verteidiger durch und jagte den Ball in einem jungen Moment in den Winkel. Beim zweiten Tor wurde er schön von Thomas Müller freigespielt und jagte ihn in den anderen Winkel.

Nach dem Spiel sagte er dann: "Meine Treffer waren nicht für mich wichtig, sondern für die gesamte Mannschaft." Überhaupt klang er nach diesem 5:1 wie, nunja, ein alter Hase. Das sei nur ein Spiel, sagte er, und "wenn wir am Samstag wieder verlieren, dann ist sofort wieder Unruhe". Er freue sich aber heute besonders für den Trainer. Der habe das "als Mensch" verdient, was insofern bemerkenswert war, als dass es die größte Ladung Empathie war, die Niko Kovac öffentlich aus Mannschaftskreisen bekam.

Robben spricht in jüngerer Vergangenheit häufiger. Vielleicht liegt das an seiner Routine, vielleicht aber auch daran, dass er als zurückgetretener Nationalspieler in der sogenannten Länderspielpause Zeit hat. Er saß im Sportschauclub bei der Moderatorin Jessy Wellmer und sah dort Ausschnitte aus seiner Zeit in den Niederlanden beim FC Groningen. Die Aufnahmen waren so alt, dass er noch Haare auf dem Kopf hatte. Auch dem Fan-Blog miasanrot.de gab er ein längeres Interview, in dem unter anderem stand, dass Louis van Gaal und Mark van Bommel damals entscheidend für seinen Wechsel nach München gewesen seien.

Robbens Vertrag läuft aus - und dann?

Seine Botschaften zur aktuellen Lage in diesen Gesprächen waren: Ruhig bleiben, sich ein Erfolgserlebnis abholen, wieder Selbstvertrauen gewinnen, die Qualität sei da. Was man eben so sagt in der Krise.

Wie es in ihm drin wirklich aussieht, da macht er kein Fensterchen auf. Der Robben abseits des Platzes hat ja generell wenig mit dem Robben auf dem Platz zu tun. Vor Mikrofonen ist Robben überlegt, besonnen, mahnend, fast immer sehr freundlich. Auf dem Platz dampft seine Glatze vor Ehrgeiz, er hadert gestenreich und der Frevel, einen Pass nicht zu ihm zu spielen kann nur dadurch übertroffen werden, ihn auszuwechseln. Sein angespanntes Verhältnis zu Robert Lewandowski ist allgemein bekannt - beide sind halt der Meinung, dass der beste Angriff ein Angriff ist, der von ihnen selbst abgeschlossen wird.

Robben weiß, dass diese Saison nach allen Gesetzen des Sports seine letzte auf hohem Niveau sein wird. Sein Vertrag läuft aus und er weiß auch, dass der FC Bayern im kommenden Sommer nun wirklich den Umbruch plant. Er weiß, dass es in Europa nun Flügelflitzer namens Kylian Mbappé, Leroy Sané oder auch im eigenen Team Serge Gnabry und bald wieder Kingsley Coman gibt, die jünger und schneller sind als er. Und er weiß, dass 5:1 hin oder her, dieser FC Bayern gerade nicht gut genug ist, um einen Titel zu gewinnen.

Aber was Robben seit diesem 5:1 gegen Lissabon auch wieder weiß, ist: In manchen Momenten ist er noch gut genug, um ein Champions-League-Spiel zu entscheiden. Vielleicht bleibt er deswegen nach außen hin so ruhig.

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