Lewandowski beim FC Bayern:Ritterschlag nach dem Viererpack

Champions League - Group B - Crvena Zvezda v Bayern Munich

Ein Selfie vor dem Bayern-Block: Robert Lewandowski am Dienstagabend in Belgrad.

(Foto: REUTERS)

Von Maik Rosner, Belgrad

Dass sich beim FC Bayern seit der Trennung von Niko Kovac und der Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer Hansi Flick einiges verändert hat, zeigte sich in Belgrad an Robert Lewandowski. Der sonst eher sachlich-kühle und nicht für Scherze berühmte Stürmer sorgte nach dem 6:0 (1:0)-Auswärtssieg bei Roter Stern gleich zwei Mal für Erheiterung. Zunächst täuschte er an, den wartenden Medienvertretern davonzulaufen wie sonst den Verteidigern. Und ganz am Ende, als er ihnen als Mann des Tages natürlich doch seine Deutungen zum Spiel und zu seinem Rekord-Viererpack hinterlassen hatte, folgte noch ein recht lustiger Moment. Wo er denn den Ball gelassen habe, mit dem er seine vier Tore in nur 14 Minuten erzielt hatte, wurde Lewandowski gefragt. Der, sagte der Pole, "ist schon unterwegs in den Bus".

Vermutlich hatte auch der Ball so gute Laune wie der Stürmer und alle anderen beim FC Bayern nach einem Spiel zum Einrahmen, das nebenbei den vorzeitigen Gruppensieg hervorgebracht hatte, den höchsten Auswärtssieg in der Champions League nach dem 7:1 bei der AS Rom am 21. Oktober 2014, den schnellsten Viererpack in der Geschichte des Wettbewerbs und auch die beste Startbilanz eines Trainers des FC Bayern mit nun vier Siegen und 16:0-Toren aus vier Spielen.

"Es ist eine Serie, die langsam ungeheuerlich wird. Hansi hat vor gar nicht langer Zeit, vor drei Wochen, die Mannschaft übernommen, und wir haben eine unglaubliche Serie erlebt und heute den Höhepunkt mit 6:0", schwärmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beim Bankett, was auch deshalb besonders auffiel, weil er sich über Kovac in eineinhalb Jahren nie auch nur ansatzweise so begeistert geäußert hatte, eher im Gegenteil.

"Das ist etwas Unglaubliches", sagte Rummenigge über die Verwandlung des FC Bayern unter Flick, "neben den Ergebnissen ist die Spielqualität das Wichtigste. Alle, die hier sind, haben Spaß an dem Spiel unserer Mannschaft, und dazu möchte ich dir, lieber Hansi, herzlich gratulieren."

Sagenhafte 27 Tore in 20 Pflichtspielen

Jede Menge Glückwünsche entgegen nehmen konnte auch Lewandowski, und dass sich einiges beim FC Bayern geändert hat, ließ sich auch an ihm im Spiel aufzeigen. Für Tore und manch einen Rekord war der 31 Jahre alte Stürmer schon immer zuständig gewesen bei den Münchnern seit seinem Wechsel von Borussia Dortmund 2014. Doch seine Tore (53., Handelfmeter/60./64./67.) hatte er nun nicht in der Rolle des Retters einer problembeladenen Mannschaft erzielt, die in den ersten Monaten dieser Saison oft auf die Dienste des Ausnahmekönners angewiesen war, um noch halbwegs in der Spur zu bleiben.

Nun war er eher als Veredler eines insgesamt starken Kollektivs aufgetreten, als Profiteur eines funktionierenden Gebildes, das zuvor nicht funktioniert und umgekehrt von Lewandowski profitiert hatte. So bewertete er das auch, als er nach den Gründen für seinen besonderen Dienstagabend gefragt wurde, an dem er seine Zwischenbilanz auf sagenhafte 27 Tore in den 20 Pflichtspielen dieser Saison aufstockte.

Alle Kollegen wirken motiviert - nicht nur Lewandowski

"Wir spielen als Mannschaft sehr kompakt, sehr gut defensiv, auch offensiv", sagte Lewandowski und bezeichnete die Maßgabe von Flick, offensiv denken und spielen zu lassen, unterfüttert vom hohem Verteidigen und Pressing, als "gute Entscheidung", wodurch man "als Offensivspieler dann mehr zeigen kann". Lewandowski sagte: "Das alles funktioniert richtig gut. Jeder Spieler hat Spaß, gibt Gas. Man sieht: Egal, wer spielt, wir spielen als ganze, als eine Mannschaft, und alle zusammen wollen nach vorne gehen."

Das war so etwas wie der Ritterschlag für Flick von jenem Ausnahmekönner, der nun von der Mannschaft jene Unterstützung erhält, die er ihr als sonderbegabter Solist mit seinen Toren zuvor hatte zukommen lassen in den Krisenwochen, die ohne ihn noch weitaus dramatischer ausgefallen wären.

"Wenn wir so spielen, kriegt er auch viele Torchancen"

"Die Qualität und die Fähigkeit, so viele Tore zu schießen, hat er schon sehr, sehr lange", befand auch Thomas Müller und erinnerte an Lewandowskis Fünferpack innerhalb von acht Minuten und 59 Sekunden gegen den VfL Wolfsburg vom 22. September 2015. "Aber", sagte Müller, "wenn wir so spielen, dann kriegt er natürlich auch viele Torchancen. Wenn wir den Gegner von der ersten bis zur 90 Minuten dominieren, haben wir viel mehr Phasen, in den wir Chancen herausspielen können."

Auch Leon Goretzka, der in der 14. Minute mit seinem ersten Tor in der Champions League die Führung erzielt hatte, deutete Lewandowskis Viererpack als Qualitätsnachweis des gesamten Teams. "Man kann es vielleicht auch ein Stück weit als Kompliment an die Mannschaft sehen, weil er muss auch immer erst in die Situationen gebracht werden", sagte Goretzka, neben dem sich noch Corentin Tolisso in die Torschützenliste eintrug (89.).

Hauptamtlicher Torschütze aber wird Lewandowski wohl bleiben, nun aber auf einer verbesserten Teambasis. Wohin das führen wird? "Ich weiß nicht, was er noch für Rekorde knacken will dieses Jahr", sagte Goretzka, "er scheint mir auf jeden Fall sehr motiviert zu sein." Die weitere gute Nachricht aus Sicht der Bayern dabei ist: Das gilt inzwischen auch wieder für alle Kollegen von Lewandowski.

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